75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

anders geartete Herzogtum Burgund. Die große räumliche Ausdehnung, aber auch die beträchtlichen Verschiedenheiten des fürstlichen Machtbereiches erforderten eine Zusammenfassung, die am besten durch einen ständigen zentralen Beamtenapparat erreicht werden konnte. Maximilian I. hat im Verlaufe seiner wiederholt wechseln¬ den Reformen eine Reihe von Oberbehörden ins Leben gerufen, die dann unter einen Nachfolgern weiter ausgebaut wurden. Es ist anderseits verständlich, daß gerade diese Zusammenfassung, die in gewisser Hinsicht auch die Macht der Stände infolge der Abhaltung gemeinsamer Landtage aller Länder zu Augsburg 1510 und zu Innsbruck 1518 noch gesteigert hatte, jetzt zu Streitigkeiten der Provinzen untereinander führte und damit ein verstärktes Landesbewußtsein hervorrief Von den vielen Problemen die Maximilian I. lösen wollte, greifen wir hier nur seine Teilnahme am baierischen Erbfolgestreit heraus, die nach Kämpfen im Innviertel dem Lande ob der Enns einen neuen Gebietszuwachs brachte; im Friedensschlusse 1505 zu Füssen erhielt Maximilian das bisher baierische Land¬ gericht Wildeneck mit der Stiftsherrschaft Mondsee als Zuwachs, vielleicht deshalb, weil er ein besonderes Interesse für den damals weit berühmten Wallfahrtsort St. Wolfgang hegte. Sein Plan dort seine Begräbnisstätte zu errichten, ging zwar nicht in Erfüllung, doch schloß der ruhelose Kaiser frühzeitig im Jahre 1519 zu Wels im Lande ob der Enns für immer die Augen. s. Die Stände ob der Enns im Kampfe um die Probleme der Neuzeit. Schon mit der Regierung Maximilians I. traten wir in jene Zeitenwende ein, die wir gemeinsam mit den Begriffen Renaissance, Humanismus, Reformation, Bauernkriege und Türkennot — um nur die wichtigsten zu nennen, kennzeichnen können. Sind dies allgemein europäische Fragen, so treten dazu für die neu er¬ wachsende österreichische Monarchie, eine Reihe von innerstaatlichen Problemen, namentlich der Kampf zwischen dem Landesfürsten und den Landständen um die Macht im Staate. Für das Land ob der Enns im besonderen steigert sich die Frage seiner staatsrechtlichen Lage innerhalb Österreichs, sowie seiner politischen und kulturellen Selbständigkeit mehr und mehr zu dramatischen Höhepunkten, wo¬ bei immer noch der Kampf zwischen Baiern und Österreich um dieses umstrittene Stück Erde den Hintergrund des tragischen Konfliktes bildet. In den ersten Jahren der Negierung Ferdinand l. harrte die Frage der Erb¬ teilung mit seinem Bruder Karl einer Lösung, die in der Weise gefunden wurde, daß Ferdinand mit den Erblanden eine selbständige Linie, Karl mit dem Spa¬ nischen Reiche den anderen Zweig des zu einer Weltmacht gewordenen Hauses Österreich bildete. Dann fiel in den Jahren 1526, 1527 und 1531 die böhmische, ungarische und deutsche Königskrone dem Hause Habsburg durch lange Jahr¬ anheim, wodurch — hunderte — von unbedeutenden Unterbrechungen abgesehen die österreichische Donaumonarchie, freilich zunächst noch ein sehr lockerer Verband von selbständigen Staaten, entstand Die Einflüsse des neuen staatlichen Nahmens auf die künftigen Geschicke des Landes ob der Enns traten gegenüber den inneren Umwälzungen zurück, welche die religiöse Bewegung der Reformation und die mit ihr im Gefolge gehende ozial-revolutionäre Erscheinung der Bauernkriege zur Folge hatten. Reformation 50

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