75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

Österreich vom Herzogtum Baiern verschwinden zu lassen und diese auf das Land ob der Enns zu beschränken. Ebenso aber sollte damit eine Sicherung im Besitze des Landes ob der Enns, über welches bisher keinerlei reichsrechtliche Bestimmun¬ gen schriftlich festgelegt waren, erreicht und damit die Ansprüche Baierns ein für allemal abgewiesen werden. 220 Es handelte sich also im Wesentlichen um nichts anderes als die nachträgliche urkundenmäßige Beglaubigung jener Verhandlungen, denen zufolge bereits im Jahre 1156 das Gebiet von der Enns bis zum Haus¬ ruck an Österreich kommen sollte Im Zusammenhang mit dem großen Freiheitsbrief stehen auch die im Jahre 1361 zwischen Herzog Rudolf und den Schaunbergern getroffenen Verhandlungen. In den Wirren nach dem Aussterben der Babenberger war es diesem Geschlechte gelungen, sich landesherrliche Rechte anzueignen. In dem Kampfe zwischen Ludwig dem Baiern und Friedrich dem Schönen von Österreich um die deutsche Königs¬ krone kamen sie um einen weiteren Schritt vorwärts, indem sie die Erhebung in den Reichsgrafenstand erlangten. Die Schaunberger waren so auf dem besten Wege, eine Art Pufferstaat zwischen Baiern und Österreich und zwar hauptsächlich auf Kosten des letzten Landes zu werden. Diese Entwicklung verhinderte aber Rudolf IV indem er die Schaunberger auf Grund des großen Freiheitsbriefes zwang ihre Zugehörigkeit zum Lande Österreich schriftlich anzuerkennen. Hatte schon die Erwerbung Tirols im Jahre 1363 zu einem Konflikt zwischen Baiern und Österreich geführt, dessen kriegerische Auswirkungen sich im Innviertel abspielten, so kam im Jahre 1367 ein Vertrag zwischen Baiern und Ungarn zu¬ tande, der nichts anderes als eine völlige Aufteilung Österreichs beabsichtigte Die Ungarn sollten das ganze rechte Ufer der Donau bis zur Enns herauf erhalten, Baiern dagegen das Land ob der Enns sowie Kärnten und Tirol; im Friedens¬ vertrag von 1369 mußten sich die Baiern jedoch mit Schärding allein begnügen. Entgegen der von Herzog Nudolf gewünschten Einheit Österreichs kam es im Jahre 1379 zu einer Teilung der Habsburger Lande in zwei Linien, von denen eine Österreich unter und ob der Enns, die andere den übrigen Besitz erhielt; bemerkenswert ist, daß damals ausdrücklich festgelegt wurde, daß die Herrschaft Steyr und Hallstatt mit dem Ischellande zur österreichischen Hälfte gehören sollen. Herzog Albrecht III. führte die Sicherung und Wahrung der Landeshoheit im Sinne Rudolf IV. fort und entschloß sich, der zunehmenden Gefahr einer Abspal¬ tung des Schaunberger Gebietes mit Waffengewalt entgegenzutreten; er versicherte sich aber vorher der Mithilfe der Herzoge von Baiern, die vermutlich auch mit der Entwicklung einer selbständigen Reichsherrschaft zwischen ihrem und dem österreichischen Herzogtum nicht einverstanden sein mochten. Im Mittelpunkt der militärischen Aktion stand die Belagerung der Hauptburg, nach der sich das Ge¬ schlecht nannte; die Lage der Schaumburger verschlechterte sich empfindlich, als die Rosenberger, welche in Südböhmen eine ähnliche Politik mit dem Ziele einer Ver¬ elbständigung ihrer Herrschaft verfolgten, infolge eines vom Böhmenkönig auf ie ausgeübten Druckes von dem gemeinsamen Bündnis abfielen (1380). Nach einem längeren Waffenstillstande kam im Jahre 1383 der Schiedsspruch zustande, welcher dem Streben der Schaunberger nach eigener Landeshoheit ein Ende be¬ reitete. Auch einige andere Herren wie die auf Leonstein sitzenden Norer unter¬ warf Albrecht III. mit Waffengewalt, wobei die neuartige Anwendung von Artillerie sich als sehr wirksam erwies. Ebenso unterdrückte er einen Aufstand der 48

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