75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

sich aber durch die ihnen angebotene Verpfändung des Landes ob der Enns zum Anschluß an die Habsburger herbei. Erst nach der Entscheidungsschlacht am March¬ feld (1278) konnte sie Rudolf zum Verzicht auf das Land ob der Enns zwingen und belehnte 1282 seine Söhne mit den österreichischen Ländern. Österreich hatte nun in dem Hause Habsburg wieder ein eigenes Fürstengeschlecht gewonnen, unter dessen Führung es 636 Jahre hindurch verbleiben und eigen damals noch ungeahnten Aufstieg bis zur ersten Weltmacht nehmen sollte. Albrecht I. erweiterte und verteidigte die österreichische Landeshoheit im Gebiete ob der Enns nach zwei Richtungen; im westlichen Mühlviertel erreichte er durch die Erwerbung der Herrschaft Falkenstein — wahrscheinlich im Zusammen¬ hang mit der böhmischen Politik — ein beachtliches Stück Land westlich der großen Mühl. Im Süden erwehrte er sich erfolgreich der Angriffe, welche der Erzbischo von Salzburg gegen die neu errichteten Salinen in Gosau und an der Traun (Steeg b. Hallstatt?) in den Jahren 1291 bis 1295 richtete. Der Übergang der deutschen Königskrone an ein anderes Geschlecht gab 1313 den Baiern Anlaß zu einer feindseligen Haltung gegen die österreichischen Posi¬ tionen am Inn, die sich anläßlich der Bewerbung beider Herrschaftshäuser um diese Würde im Jahre 1322 zu größeren kriegerischen Handlungen steigerte und dann mit der Niederlage Österreichs endete. Durch das mehr als ein Jahrhundert währende Ausscheiden der Habsburger aus der großen Reichspolitik wurden sie erst jetzt zu richtigen Österreichern, die es nun als ihre Aufgabe ansehen, von hier aus ein eigenes Reich zu bauen, dessen Mittelpunkt Österreich selbst sein sollte Der erste Erfolg dieser Politik zeigte sich schon im Jahre 1335, als das Herzogtum Kärnten endgültig zu Österreich kam. Die Gründung der Luxemburgischen Haus¬ macht in Böhmen schuf dort ein neues Zentrum politischer Kräfte, sodaß Öster¬ reich nebst seinem alten Gegner Baiern auch noch einem Druck von Norden her ausgesetzt war. Mit Rudolf IV. bestieg im Jahre 1358 ein Fürst von ungewöhnlichen gei¬ stigen Anlagen den österreichischen Herzogstuhl. Wir können uns hier nicht auf eine eingehende Würdigung des Gesamtwerkes des jugendlichen Herrschers, den wir als Schöpfer des österreichischen Staatsgedankens bezeichnen können, einlassen, sondern bloß mit Schlagworten seine wichtigsten Leistungen anführen: Sicherung einer weitgehenden Unabhängigkeit Österreichs vom Reich, führende Stellung im Reich, Unteilbarkeit Österreichs, Erwerbung Tirols, Förderung des Städtewesens, Gründung der Wiener Universität, Ausbau des Stephansdoms Auch für unser Heimatland Oberösterreich im besonderen hat dieser Fürst durch eine schriftliche Festlegung seiner staatsrechtlichen Stellung Entscheidungen getroffen, die für seine weitere Zukunft von grundlegender Bedeutung werden sollten. In dem großen österreichischen Freiheitsbrief, den Rudolf IV auf Gruni des alten 1156 erteilten Privilegs über die Erhebung Österreichs zum Herzogtum anfertigen ließ, wird dem Lande ob der Enns eine von dem echten Freiheitsbrief stark abweichende Rechtsstellung eingeräumt. Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Fassungen besteht bezüglich des Landes ob der Enns darin, daß in der gefälschten Urkunde an die Stelle der Markgrafschaft Österreich wiederholt die Mark ob der Enns tritt. Mit dieser Ver¬ änderung beabsichtigte Rudolf IV. wohl in erster Linie die in der Zeit vor der Erhebung Österreichs zum Herzogtum bestehende Abhängigkeit der Markgrafschaft 47

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