75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

auch der Traungau dem österreichischen Herzog anheim. Seitdem blieb das Kern¬ stück des Landes ob der Enns ein wesentlicher Bestandteil Österreichs, die Donau¬ linie bewährte sich als die für die weitere Staatsbildung mächtigste natürliche Grundlage. Zur Festigung ihrer Herrschaft im neuerworbenen Traungaue trachteten die Babenberger nun in systematischem Vorgehen Schritt für Schritt eigene Herr¬ schaftsrechte zu erwerben, um gegenüber den mächtigen Adels- und Bistums¬ herrschaften ihre Landeshoheit wirksam durchsetzen zu können. So kam um 1189 der im Attergau gelegene Eigenbesitz der Herren von Regau mit Vöklabruck als Mittelpunkt in ihre Hände, um 1211 wurde die im Besitze Gottschalks von Hauns¬ perg gewesene Herrschaft Linz durch Kauf erworben, 1216 vom Bistum Würz¬ burg die Herrschaft Wels erworben, 1224 die westlich des Haselgrabens gelegene Herrschaft Wachsenberg im Mühlviertel angekauft, um bloß die wichtigsten zu nennen. Die Macht und der Besitz der österreichischen Herzoge im Gebiete des Landes ob der Enns war in kurzer Zeit so gewachsen, daß Herzog Friedrich II. daran schreiten konnte, den ganzen Zuwachs unter einer einheitlichen Verwaltung zu ammenzufassen. Mit dem seit 1240 erwähnten herzoglichen Schreiber zu Enns war der erste Schritt zur Loslösung des Traungaues von der Steiermark getan. Zu dieser Entwicklung mochte nicht bloß die natürliche geographische Lage, sondern auch die von der Steiermark seit jeher gesonderte staatsrechtliche Stellung des Traungaues — der ja nicht wie die Steiermark zum Herzogtum Kärnten sondern zum Herzogtum Baiern gehört hatte — beigetragen haben. Herzog Friedrich II. faßte schließlich durch seine Heirat mit Agnes von Andechs, die ihm als Mitgift die Herrschaften Nied und Schärding zubrachte, im späteren Innviertel Fuß und bgründete so die ersten Ansätze zu dem Vordringen Österreichs bis an den Inn¬ fluß, der in römischer Zeit die Westgrenze Ufer-Norikums gebildet hatte. Herzog Friedrich II. scheint sehr weitgehende Pläne zur Bildung eines größeren Österreich verfolgt zu haben; seine diplomatischen Verhandlungen waren im Jahre 1245 so weit gediehen, daß die damals zu Österreich gehörigen Länder zu einem Königreiche erhoben werden sollten. Für die oberösterreichische Landesgeschichte sind jedoch mehr die Auswirkungen der politischen Verwicklungen von Interesse, die während der Regierungszeit dieses Herrschers sich nicht bloß aus seiner persönlichen Schuld, sondern aus der allgemeinen Zeitlage ergaben. Der Baiernherzog Otto, welchem die Gebietserwerbungen Österreichs am Inn eine weitere Ausdehnung auf Kosten Baierns befürchten ließen, beginnt 1232 mit der nun traditionellen Politik Baierns, bei jeder politischen erfolgverheißenden Lage in Österreich ein¬ zufallen, um das verlorene Gebiet ob der Enns wieder zurückzuholen. Aber auch das Reich schreitet unter Führung Kaiser Friedrichs II. gegen eine zunehmende Loslösung Österreichs von seiner Oberherrschaft mit Waffengewalt ein. Österreich wird im Jahre 1237 von kaiserlichen Truppen besetzt, Wien zur reichsunmittelbaren Stadt erklärt, die Steiermark grundsätzlich von der österreichischen Herrschaft losgelöst. In über¬ raschend kurzer Zeit gelingt es jedoch Herzog Friedrich II. seine Widersacher aus dem Lande zu treiben, zumal ihm einzelne Städte wie Linz und Wiener-Neu¬ stadt die Treue hielten. Auch Böhmen und Ungarn blicken beutelüstern auf Öster¬ reich und es war der Ungarkönig Bela IV., derselbe, der vor dem Einfall der Mongolen schmählich die Flucht ergriffen und Österreich allein die Verteidigung 45

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