75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

Oberösterreichs Schicksal im Wandel der Jahrhunderte. Dr. Alfred Hoffmann. 1. Von der Vorgeschichte bis zum Untergange der Kömerherrschaft. Schon zur Zeit der ältesten nachweisbaren Besiedlung unseres Landes in der sogenannten jüngeren Steinzeit (etwa 3000—2000 v. Chr.) zeigt sich hier die Überschneidung zweier Kulturen, der älteren östlichen Bandkeramik und der nordischen Kultur, die um 3000 ihren Einzug hielt. Interessant ist, daß unser Land eine eigenartige Mischkultur, die sogenannte Pfahlbaukultur, hervorgebracht hat, deren Fundstätten an fast allen Seen des Salzkammergutes, vorzüglich aber am Mond¬ see vorkommen, weshalb sie oft als Mondseekultur bezeichnet wird. Auch in der Bronzezeit (2000—1000 v. Chr.) überschneiden sich hier wiederum zwei Kulturkreise nämlich die von Böhmen ausgehende Aunjetitzerkultur und die von Westungarn bis Frankreich ausgebreitete Kultur der Hügelgräber. Besonders reichlich ist die auf die Bronzezeit folgende Eisenzeit vertreten, deren ältere Stufe (1100—800 v. Chr.) in der Wissenschaft nach dem wichtigsten Fundorte, dem im Jahre 1846 am Hallstätter Salzberge entdeckten Gräberfeld, als Hallstätterzeit benannt wird Die Kulturträger der jüngeren Eisenzeit sind das vorerst in Ostfrankreich sitzende Volk der Kelten, welche um 400 v. Chr. in die Ostalpen als Eroberer einzogen. Durch die Kelten wurde Österreich erstmalig in den abendländischen Kulturkreis einbezogen und noch eine zweite wichtige Tatsache ist hervorzuheben: die Kelten bildeten hier ein eigenes nach der Hauptstadt Noreia (in Steiermark oder Kärnten gelegen) benanntes Königreich Norikum, dessen Grenzen zwar nur ungefähr mit dem heutigen Österreich übereinstimmen, das aber immerhin die erste wirkliche Staatsbildung auf unserem Heimatboden war. Im angrenzender Norden bildete der Keltenstamm der Boier ein Reich, dem Böhmen seinen Namen verdankt Die Gefahr eines germanischen Vorstoßes über die ungeschützten Alpen bewog die Römer ihrerseits als Gegenmaßnahme den Plan zu fassen, das ganze Gebiet westlich der Elbe und March in ihr Reich einzubeziehen; deshalb rückten sie unter Kaiser Augustus im Jahre 15 v. Chr. in die Alpen ein. In Tirol und Vorarl¬ berg wurde einiger Widerstand geleistet, Norikum aber, das schon seit 100 Jahren von der lateinischen Kultur durchdrungen wurde, scheint vollkommen friedlich in das Untertanenverhältnis überführt worden zu sein. Die Römer beließen übrigens dem alten norischen Königreiche noch lange Zeit eigene Herrscher und eine gewisse Selbständigkeit. Da in Böhmen König Marbod mit den Stämmen der Marko¬ mannen und Quaden einen kräftigen germanischen Staat errichtet hatte, konnten die Römer von ihren ursprünglichen Absichten nur einen Teil verwirklichen und so kam es, daß die Donau zur endgiltigen Nordgrenze des römischen Reiches wurde. Anläßlich der Überführung Norikums in den Stand einer römischen Provinz unter Kaiser Claudius (41 —54 n. Cr.) kam es zu einer Veränderung 38

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2