75 Jahre Enrica von Handel-Mazzetti 1946

Heim geboten hat. Die hier erwähnten Ortsmuseen sind neben vielen anderen in ihrem Werden und Wirken ein Treuebekenntnis zum Väterboden und dienen der Erhaltung heimatlicher Kulturgüter. Die ruhmreiche Geschichte Oberösterreichs als eines alten Kulturlandes spiegelt sich in seinen Schriftdenkmalen wider, die in den Archiven sichere Aufbewahrungs¬ tätten gefunden haben. Seitdem sie unter wissenschaftlicher Leitung stehen, ist ihr Wert als Fundgrube für die Erforschung der Vergangenheit und ihre Be¬ deutung für die Verwaltung erst gebührend gewürdigt worden. Der Gedanke der Archivpflege, der mit dem Aufschwung der Geschichts¬ wissenschaft im Laufe des 19. Jahrhunderts die meisten Staaten Europas zu einer großzügigen Ausgestaltung des Archivwesens geführt hatte, erfaßte allmählich auch die österreichische Regierung und veranlaßte sie zur Errichtung von Staats¬ archiven in den Kronländern. In Oberösterreich kümmerte sich leider der Staat wenig um seine Archivschätze, nur der rührige Musealverein bot den im Lande gefährdeten Urkunden und Akten in seinen Räumen eine Heimstätte. Es ist das Verdienst des Rechtshistorikers Strnadt, daß die Landesverwaltung im Jahre 1896 an die Gründung eines Oberösterreichischen Landesarchivs schritt.s) Den Grundstock bildeten die bis in das Jahr 1503 zurückreichenden Landtags¬ verhandlungen (Annalen) und andere landständische Archivalien, aus denen die bewegte Geschichte unserer Heimat wieder lebendig wird. Im Zeitalter der Glaubenskämpfe und Bauernkriege waren ja die Blicke ganz Europas auf Ober¬ österreich gerichtet. Einer unserer tüchtigsten Historiker, der Florianer Chorherr Czerny, hat schon damals die Schaffung eines Zentralarchivs für die über das ganze Land ver¬ streuten Archive als erstrebenswertes Ziel bezeichnet. Was der weitblickende Mann im Interesse der Verwaltung und Wissenschaft gewünscht, hat das junge Landes¬ archiv unter der zielsicheren, alle Hemmnisse überwindenden Leitung Dr. Ziber¬ mayrs verwirklicht. In mehr als 40 jähriger Arbeit hat er eine für den Ver¬ waltungsdienst unentbehrliche Dienststelle und eine Pflegestätte der Landes¬ geschichte geschaffen, deren Ruf weit über Oberösterreichs Grenzen hinaus¬ gedrungen ist. Dem organisch erwachsenen, einheitlich gefügten landständischen Archiv chlossen sich im Laufe des 20. Jahrhunderts größere Archivkörper an. Im Jahre 1914 erfolgte die Eingliederung des Musealarchivs, wodurch das Landesarchiv die ihm bisher fehlende Fülle an Urkunden, vom 12. Jahrhundert angefangen. und mittelalterliche Handschriften erhielt. In die besondere Obhut der wissenschaft¬ lichen Anstalt wurden die stark gefährdeten Gemeindearchive genommen. Unser Land war das erste in Österreich, das sich den Schutz der Stadt- und Marktarchive zur Aufgabe setzte. Erlässe der Landesverwaltung verfügten eine genaue Ver¬ zeichnung und regelmäßig wiederkehrende Nevisionen der archivalischen Bestände. Fehlte es bei einer Gemeinde an der pflichtgemäßen Obsorge oder an einem geeigneten Raum, so wurden die alten Schriften eingezogen. Heute hat das Landesarchiv 45 Stadt- und Marktarchive in Verwahrung. ) J. Zibermayr, Das Oberösterreichische Landesarchiv in Linz. Ein Bild der Entwicklung des heimatlichen Schriftwesens und der Landesgeschichte. 2. vermehrte Aufl. (Linz 1930) S. 125 ff. 116

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