75 Jahre Alpenvereinssektion Steyr
Rud2blid2 uni) 2lusblid2! Bergwärts zieht ein einsamer Wanderer. Schon liegen des Tales Niederungen tief unter ihm, der letzte Bauernhof versinkt im brauenden Nebel. Im Tal zurück blieb alles Kleinliche, Niedrige und Häßliche; eine arm– selige Brandung am Fuße des Berges; ihr ohnmächtiger Gischt erreicht ihn nicht mehr. Den Sinnenden umfängt der ernste Zau– ber des Hochwaldes. Es ist die Jahreszeit des großen Schweigens in der Natur, zu Frühlingsbeginn ihrem Ende sich nähernd. Nur das Knistern des brüchigen Schnees unter dem Tritt des aufwärts Strebenden unterbricht mit eintönigem Laut die tiefe Stille. Noch scheint die Natur erstarrt und alles Leben erstorben im schützenden Schoß der Erde. Unter einer betagten w·etterfichte, de– ren breites Geäst einen Baldachin über sei– nem Haupte wölbt, verhält er den Schritt. Eingesponnen in seine Gedanken ward er es kaum gewahr, daG ganz sachte die er– sten Flocken sich dem Genebel entringen. Erst als sie ihn wie fürwitzige Kobolde um– tanzen und mit sanftem Kosen ihm Lippen und Wangen bedecken, wird er des lieb– lichen Spiels inne. Wie ein Märchen selbst aus fernen Kindertagen beschleicht es da sein Gemüt, ein Märchen von Frau Holles glitzerndem Reich und seliger Weihnachts– zeit. Was ist es doch für ein Geheimnis um den lautlos. rieselnden Flockenfall, daß er stets aufs neue wieder das Kind im Menschen erwachen läßt? Wohl weil er den Gedanken wachruft an das Weihnachts– fest, als das beseligendste Erlebnis der Kin– dertage! Nun ist es mit einem Schlage wieder tie– fer Winter geworden und gemahnt daran, daß der eisbärtige alte Griesgram seine Herrschaft nicht leichten Kaufes preisgibt. Und doch ist sie schon gebrochen, seine Macht. Im Weitersehreiten dringt ein Laut an das Ohr des einsam 'Wandelnden, der ihm mit sanfter Gewalt ans Herz greift und ein verstohlenes Lächeln auf seine Züge zaubert. Es sind die ersten verschämt-schüch– ternen Laute eines Waldvögleins, die un– bekümmert um winterlichen Flockentanz die Gewißheit vom nahenden Frühling verkün– den. Eine Gewißheit, die auch des Wan– derers Herz höher schlagen läßt. Nur noch kurz ist der Weg durch Nebel und Schnee– gestöber und über dem Nebelmeer in sie– gendem Sonnenlicht schreitet er seinen Weg dem Gipfel zu, dem neuen Frühling ent– gegen. Was hat mich doch gedrängt, dieses Er– lebnisses, das mir selbst einmal an der Schwelle eines neuen Frühlings stand, an diesem Orte zu gedenken? Unsere Sektion feiert ihren 75jährigen Bestand. Am 9. April 1874 wurde sie als ,,Filiale " Steyr des damaligen, seit 1862 be– stehenden „Osterreichischen Alpenvereines" in Wien gegründet. 75 Jahre! Eine lange Zeit. Vielfältig sind die Einzelschicksale in solchem Zeitablauf, mannigfach auch das Schicksal einer Gemeinschaft. Auch sie ist dem Lose alles Lebendigen, dem Wechsel von Freud und Leid, Höhe- und Tiefpunk– ten des Daseins unterworfen. Aus dem Ab– lauf alles Naturgeschehens aber, das auf jede Nacht einen neuen Tag, auf Eis, Schnee und Erstarrung wieder Sonnenlicht, Blütenpracht und Reife folgen läßt _ wird auch uns die tröstliche Gewißheit,· daß auch unserer Sektion wieder ein neuer Aufstieg beschieden sein wird. Wir dürfen ja auch schon mit stil ler Freude feststellen, daß wir - wenn auch ganz zögernd noch - im Begriffe stehen, uns aus dem Grauen des letzten Krieges, dessen Ausgang zumal für uns entmutigender war als die feindseligste 5
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