75 Jahre Alpenvereinssektion Steyr
Gott sei's geklagt, daß wir dies in nicht ganz vollkommener Weise tun konnten. Nach– dem wi~ mit Ach und Krach jeder so unge– fähr eine Schale voll Milch bekommen hat– ten, wurde es uns überlassen, ein Nacht– lager zu finden. Wir fanden auch ein sehr luftiges, im Kuhstall, I. Etage. Heu war dort, raffinierterweise fehlte aber vom Boden _jedes zweite Brett, manchmal auch zwei; die Zwischenräume waren groß genug, um sämtlid1e Gliedmaßen herunterschlenkern zu lassen. In dieser akrobatischen Stellung wurde die Nacht fast zum Tage, d. h. wir mußten immer darauf bedacht sein, so weit im Gleichgewicht zu bleiben, daß wir nicht unten inmitten des „Kuhreigens" landeten. - Nur ganz Unbekümmerte vermögen un– ter solchen Umständen von Schlaf zu re– den. Das heißt, geredet haben wir ja da– von, aber getan haben wir's kaum. Daß da– her am nächsten Morgen der Abschied bei– derseits ein sehr herzlicher war, kann man sich vorstellen. Im Tal erfuhren wir dann zufällig den Grund für diese überströmende Höflichkeit der Sennerin. Natürlich war wieder ein biederer Älpler dran schuld, in– wiefern, wollen wir, wenn's nicht erraten werden kann, lieber verschweigen, sowie deshalb auch diskreterweise den Namen der Alm. Uberhaupt: diese Sennerinnen! Es wäre an der Zeit, mit einem alten Vorurteil zu brechen. Es gibt gar keine feschen Senne– rinnen. Ein einziges Mal sah ich eine solche, und das war im Tonfilm. Dafür aber sprach sie berlinerisch, was dem durch ihr Kostüm mühsam erzeugten Eindruck von Bodenstän– digkeit einen argen Stoß versetzte. Ubrigens schei nt es ungeschriebenes Gesetz zu sein, zu Sennerinnen nur Damen im kanonischen Alter zu bestimmen. Die Ehegattinnen berg– steigender Männer mögen beruhigt sein, von d e r Seite droht ihnen bestimmt keine Gefahr. Jedenfalis schlage ich vor, gleich Hochtorgruppe von der Ennstaler Hütte Phot. Karl Thern, Steyr 16
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