60 Jahre Knabenhauptschule Gmunden

Wohle ihrer Völker bedacht. Vor allem war es das „gemeine deutsche Schulwesen", dem sie ihre fortgesetzte Teilnahme zuwandte und das sie als ein ,,politicurn", d. h. als eine Sache bezeich11ete, bei der auch der Staat rnitzu\virken habe. Verschiedene Vorschläge zur Hebung des Schulwesens wurden der Kaiserin unterbreitet, so auch für Oberösterreich von der im Jahre 1769 in Linz gebildeten Schulkommission, durch deren fortgesetzte Tätigkeit die Schulverbesserung gu.te Fortschritte machte. In Wien arbeitete man eifrig an dem Entwurf einer a 11 g e 111 einen Schulordnung, welche am 6. Dezember 1774 unter eiern Titel „Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen l(ays. König!. Erblanden" die kaiserliche Sanktion erhielt. Dies war das erste Reichsgesetz fiir das niedere Schulwesen Oesterreichs; man kann daher das Jahr 1774 als das Geburtsjahr der österreichischen Volksschule bezeichnen. Nach dem neuen Gesetze wurden dreierlei Schulen geschaffen: Normalschulen in jeder Provinzhauptstadt (mit vier ](lasser,), Hauptschulen in jedem Kreise (mit drei Klassen), Trivialschulen in jedem Pfarrorte (mit einer oder zwei Klassen). In den Trivialschulen lernten die Kinder biblische Geschichte und Sittenlehre, ferner „Buchstabenkennen, Buchstabieren, Lesen geschriebener und gedruckter Sachen, die Kurrentschrift, die vier Spezies und die einfache l(egeldetrie", Anleitung zur Rechtschaffenheit und zur Führung der Wirtschaft. Diese Schulgattung hatte also ein mehr praktisches Ziel. (Trivium = dreiteiliger Lehrgang, nämlich Lesen, Schreiben 11nd Rechnen.) Es ist natü·rlich, daß die erwähnte „Allgemeine Schulordnung", wie sie kurz genannt wurde, auch auf die deutsche Schule in Gmunden nicht ohne Einfluß blieb. Durch einen kaiserlichen Erlaß vom 20. Jänner 1776 wurde sie als eine gemeine oder Trivialschule erklärt, die aber auch weiterhin, wenngleich nicht offiziell, den bisherigen Namen Stadtschule führte. Nach der Allgemeinen Schulordnung führte die Aufsicht über die Trivialschulen in pädagogischer liinsicht der Ortspfarrer, dem ein aus der Gemeinde gewählter Schulaufseher für die administrativen Aufgaben zur Seite stand. Diese Ortsschulaufsicht unterstand dem Distriktsaufseher, als welcher zumeist der Dechant fungierte, der an das Kreisamt, das also die Stelle des heutigen Bezirksschulrates vertrat, berichtete. Es herrschte also damals geistliche Schulaufsicht, aber im Namen des Staates. Als Schulbehörden unterstanden die Kreisämter der Schulkornmission des Kronlandes, die unserem Landesschulrat entsprach. .Mit der obersten Leitung de Schulwesens war die Studienhofkommission (unser Unterrichtsministerium) in Wien betraut. Die Grundlagen, die Maria Theresia im allgemeinen gelegt hatte, wurden von Josef II. und den auf ihn folgenden Herrschern bis zum Jahre 1848 im wesentlichen beibehalten; doch wurde manches, der Zeit entsprechend, ergänzt und abgeändert. So hat Josef II. im Jahre 1781 das Schulpatronat begründet und an Orten, wo sich niemand fand, der die Rechte und Pflichten desselben übernommen hätte, mit eiern Pfarrpatronat verbunden. Dies scheint in Gmunden der Fall gewesen zu sein, denn das Patronat über die Schule kam, gleichwie über die Stadtpfarrkirche, eiern Landesfürsten zu. Als weltliche Vogtei fungierte in Gmunden der Magistrat, der in dieser Eigenschaft die weltliche Schulaufsicht zu führen hatte, was durch einen eigenen Ortsschulaufseher. gewöhnlich den Bürgermeister, geschah. Die geistliche Vogtei oder Schulaufsicht stand dem Stadtpfarrer zu. Die Trivialschule zu Gmunden war auch weiter im alten Schulgebäude untergebracht. Sie zählte gegen früher um zwei Lehrkräfte mehr, bestand also aus einem Schulmeister und drei Gehilfen. Der erste ch11l111eister der Gmuncl12

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