60 Jahre GWG Steyr

23 Die USA hatten über den „Marshallplan“ einerseits viel Geld nach Europa gepumpt und andererseits die Märkte im Überfluss mit ihren Waren geflutet. Dazu kamen Li- zenznehmerverträge für zahlreiche Produkte, von denen exemplarisch „Coca Cola“ den „American Way of Life“ repräsentierte. Für Österreich und besonders für Steyr bedeutete das Jahr 1965 einen Wendepunkt in mehrfacher Weise. Zum einen zerbrach bei den Wahlen im Oktober die langjähri- ge Nachkriegskoalition ÖVP-SPÖ zugunsten einer ÖVP- Alleinregierung, zum anderen spürten die Menschen, dass das Leben in dieser Fülle und ohne soziale Um- verteilung nicht immer so weiter gehen konnte. Obwohl noch nicht sichtbar, hatte der Glaube an das unendliche Wirtschaftswachstum plötzlich Risse bekommen. Eine nicht unbedeutende Rolle in der konkreten Beschrei- bung des aufkeimenden Unbehagens kommt dem 1968 gegründeten „Club of Rome“ zu, der mit seinem 1972 erschienenen Buch „Die Grenzen des Wachstums“ den Phänomenen einen Namen gab. Die Stadt Steyr und in Folge die GWG wurde 1965 hinge- gen von einem „Goldregen“ getroffen, der selbst dem Re- dakteur des Amtsblattes den Atem verschlug. Aufgrund einer Einreichung aus dem Jahr 1962 zumWiederaufbau kriegszerstörter Objekte erhielt die Stadt den Bescheid für die Überweisung der unvorstellbar hohen Summe von 102 Millionen Schilling. In aller Eile wurde bei der GWG begonnen, das größte Projekt seit ihrer Gründung in An- griff zu nehmen. Mit der geplanten Errichtung von 375 Wohnungen samt dazugehörigen Geschäftslokalen, Nebenräumen und Garagen auf einer Fläche von 43.000 Quadratmetern im Bereich der hohen Ennsleite sollte diesem Stadtteil nun endgültig ein neues, der Zeit gemäßes Aussehen verlie- hen werden. „Insgesamt wird die Wohnhausanlage aus 33 viergeschoßigen Einzelhäusern (zusammengefasst zu Wohnblöcken) und drei zehngeschoßigen Hochhäu- sern mit einer Gebäudehöhe von 31 Metern bestehen. In den drei Hochhäusern, welche die bauliche Dominante des zukünftigen Siedlungsgebietes darstellen werden, sind 111 Wohneinheiten vorgesehen. Das Erdgeschoß aller drei Objekte ist ausschließlich für Geschäftszwecke ausersehen, wobei die Geschäftslokale an der Straßen- front vor die Hochhäuser gebaut werden. Durch diese eingeschoßige Geschäftsreihe entsteht eine reale und optische Verbindung der Hochhäuser“, schreibt das Amtsblatt im Mai 1965. Der Wohlstand und die gesellschaftliche Entwicklung spiegeln sich auch in den Dimensionen der Wohnun- gen wider. Erstmals seit ihrem Bestehen wich die GWG Die Hochhäuser an der Arbeiterstraße im Rohbau 1966

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