60 Jahre GWG Steyr

21 kirschroter Farbe. Mit wehenden Kleidern, kessen Stroh- hüten, Ruderleibchen und Shorts versehen, ging es hi- naus in das satte Grün der heimischen Landschaft. Be- vorzugte Reiseziele waren das Mühlviertel, die Wachau und das Salzkammergut. Aber auch die nächste Umge- bung, wie etwa die Winklinger Bucht am Enns-Stausee in Staning, wurde als Freizeitparadies entdeckt. Neben dem Abstieg in so genannten „Sommerfrischen“ war vor allem das Campieren „en vogue“. Zur unverzichtbaren Ausrüstung gehörten dabei Luftmatratze, Campingtisch und -sessel, ein Gas- oder Spirituskocher, Leichtgeschirr aus Aluminium, eine Brotdose und die obligatorische „Feldflasche“. Pionierarbeit auf dem Sektor der ersten Fernreisen leiste- te Elfie Marinelli-Nemetschek. Mit einem VW-Bus gingen die ersten Fahrten 1964 nach Jesolo, Bibione und Caor- le. „Die Überwindung des Triebener-Tauern-Passes war jedes Mal ein Abenteuer. Um den fehlenden Komfort zu kompensieren, erhielten damals alle Reisegäste ein Pols- terl für die lange Nachtfahrt.“ Der Andrang und das Inte- resse an den Fahrten in den Süden waren so groß, dass das Familienunternehmen schon kurze Zeit später einen Luxusliner mit WC und Bordküche in den Dienst stellte. Das Angebot erweiterte sich damit ab Mitte der 1960er- Jahre nach Istrien, in die Kvarner Bucht und bald darauf zu den Inseln Krk und Rab. „La dolce vita – das süße Leben“ gab es plötzlich nicht nur in den Kinos, sondern es existierte scheinbar ganz real in den Möglichkeiten des aufkeimenden Wirtschafts- wunders und dem Zusammenwachsen der ehemals ver- feindeten europäischen Nationen. Nach Hause zurück- gekehrt, erwartete die sonnenhungrigen Österreicher allerdings meistens die bittere Realität des Weltgesche- hens. Zunächst erfuhren die Menschen 1961 vom Bau der Berliner Mauer und mussten damit die Idee von einer Annäherung zwischen Ost und West begraben. Nur ein Jahr später sickerte nach und nach durch, dass die Welt wegen der Kubakrise am Rand eines Atomkrieges stand. Spätestens am Abend des 22. November 1963, als die Nachricht von der Ermordung des amerikanischen Prä- sidenten John F. Kennedy über den Äther jagte, war den meisten klar, dass es keinen Garant für den Frieden auf dieser Erde gab. Vor allem deshalb nicht, weil bereits kurz nach dem Attentat Spekulationen auftauchten, die an der Theorie eines geistig verwirrten Einzeltäters zweifelten. Auch die wesentlich später veröffentlichten Dokumente, wonach Kennedy bis 1965 die amerikanischen Truppen vom Schauplatz „Vietnamkrieg“ abziehen wollte, erhärten den Verdacht, dass es genug politische Interessen gab, um ihn zu beseitigen. Vielleicht gibt es so etwas wie die „Ironie der Geschich- te“, denn der Tod des Präsidenten und die Fortsetzung des Vietnamkrieges trugen nicht unwesentlich zur Ent- Die leere „Reichsautobahn“ bei Berlin im Jahr 1961

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