60 Jahre GWG Steyr

10 Nach der Darlegung der rechtlichen Details kam es zu- nächst zu polemischen Wortgefechten der einzelnen Fraktionsvertreter, die Gemeinderat Hans Kurz pointiert zusammenfasste und ergänzte: „Ich hoffe, dass man der Wortakrobatik und der Zahlenakrobatik bald eine Bauak- robatik zur Seite stellen wird.“ Stadtrat Hans Schanovsky sprach das Schlusswort und mahnte: „Wir wissen, dass die Stadt und ihr Leben einzig und allein von der Kon- junktur der Steyr-Werke abhängig sind. Solange dieses Werk Vollbeschäftigung hat, wird auch die Stadt leben und alle kommunalen Aufgaben bewältigen können. Die- se Tatsache schwebt über uns wie ein Damoklesschwert, denn wir wissen nicht, wie die Zukunft aussehen wird.“ Die Empfehlung zur Schaffung einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft wurde einstimmig angenommen und das Kind aus der Taufe gehoben. Damit war Steyr nicht die erste Stadt mit einem derartigen Konstrukt, wohl aber die am schlimmsten betroffene. Noch im sel- ben Jahr begann die GWG, wie die neue Gesellschaft abgekürzt hieß, mit dem Bau von 84 Wohnungen im Stadtteil Tabor, um die ärgste Not zu lindern. Gemeinnützigkeit und sozialer Wohnbau Steyr war bis kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Stadt mit den schlechtesten Wohnverhältnissen und der ärgsten Wohnungsnot in ganz Österreich. Das lag nicht unbedingt am mangelnden Bauwillen der kommu- nalen Verwaltung, sondern vorwiegend an der Zahlungs- unfähigkeit des künftigen Mieterklientels, an den kaum vorhandenen Geldmitteln und zuwenig Grundstücken. Dokumentiert wird ein Teil dieser Umstände in der Aus- schreibung für ein nie realisiertes Unterstandsheim auf der Ennsleite aus dem Jahr 1935. Dort heißt es: „Dem Auftragnehmer wird klargestellt, dass beim Bau mit dem Bescheidensten Auslangen gefunden werden muss, weil die Mieter großteils nicht in der Lage sein werden, einen Mietzins zu zahlen.“ Obwohl während der NS-Herrschaft in der Zeit von 1939 bis 1945 in der neu errichteten Großwohnsiedlung Steyr- Münichholz knapp 2.400 „Volkswohnungen“ geschaffen wurden, konnte damit das Wohnungsdefizit nur zum Teil beseitigt werden. Nach dem Kriegsende verschärfte sich die Situation durch den Zustrom unzähliger Flüchtlinge noch einmal dramatisch, sodass Steyr Ende der 1940er- Jahre einer riesigen „Lagerstadt“ glich, die mehr als 53.000 Einwohner zählte. Arbeitsschluss in den Steyr-Werken

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