50 Jahre Milchhof Steyr 1935 - 1985

Franz Riedl Obmann des ,, Milchhofes Steyr" A rs inden dreißiger JahrenalsFolge der katastropha- len Weltwi rtschaftskri se in all er Welt die Zahl der Arbei ts- losen immer mehr sti eg und damit auch die Kaufkraft der Bevölkerung ständig ·sank, brach u. a. auch in Österreich der Mi lchmarkt zusammen. Di e Bauern bekamen damals kaum mehr als die Hälfte des ihnen zugebi lli gten Mi lch - preises. Besonders zu spüren bekamen den Kaufkraft- schwund jene Bauern , die weiter von Konsumzentren ent- fernt waren und ihren Rahm oder ihre Butter über soge- nannte „Fürkäufler" verkaufen mußten. Etwas besser dran waren jene Bauern , die sich berei ts früher in Teebut- terverkaufsgenossenschaften oder in Mil chverwertungs- genossenschaften - den Vor läufern unserer heutigen Molkerei- und Käsereigenossenschaften - zusammen- gesch lossen hatten. Aber auch diese hatten ihre Sorgen: Wegen der unsicheren Absatzverhä ltni sse fü r Get reide - die östlichen Nachfolgestaaten der ehemali - gen „Österreichi sch-ungari schen Monarchi e" über- schwemmten die eu ropäi schen Länder mit Getreide all er Art - hatten sich verständlicherweise auch in Österreich viele Bauern in typischen Getreideanbaugebieten auf Vi ehwirtschaft und Vi ehzucht verlegt. Diese laufend stei- gende Mehrproduktion an Molkereiprodukten auf den Märkten unterzubringen, war äußerst schwieri g geworden. Der 15. September 1935, an dem etwa 160 Bauern die Molkereigenossenschaft Garsten gründeten, darf daher als ein Markstein in der Mil chwirtschaft im Enns- und Steyrtal sowie dem angrenzenden Gebiet von Nie- derösterreich bezeichnet werden. Dank der Aufgeschlossenheit der Bauern dieses Gebietes, welche damals in der wirtschaftli ch unsicheren Zeit das Ri siko der Haftung mit Hab und Gut auf sich genommen hatten, hat sich die Genossenschaft zu einer sehr leistungsfäh igen Selbsthilfeeinrichtung entwickelt. Mein besonderer Dank gilt all en Mitg liedern , Funktio- nären, Fach leuten und Mitarbeitern sowie den über- geordneten Stell en für ihre zielstrebige Au fbauarbeit. Unsere Aufgabe wird es se in , dieses genossenschaft- liche Unternehmen so zu führen und zu stärken, daß es auch in schweren Zeiten den genossenschaft lichen För- derungsauftrag - ,,dem Mi tg li ed zu dienen" - gerecht werden kann. Ing. Ernst Wallner Geschäftsführer des ,, Milchhofes Steyr" W enn man die Chronik des „Milchhofes Steyr" durchblättert, dann bekommt man nicht nur ein Spiegel- bi ld der wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft in die- sem Gebiete, man versteht auch sehr wohl die Beweg- gründe, warum die Bauernschaft in der Umgebung von Steyr der Gründung einer Molkereigenossenschaft in Garsten skepti sch, ja vere inzelt sogar ablehnend gegen- überstand. Es waren nicht nur die schlimmen Erfahrun- gen mit der Privatmolkerei Krenn, die zu Beginn des Jah- res 1930 im ehemaligen Stiftsmeierhof eingeri chtet wor- den war, aber dann wegen der immer mehr um sich grei- fenden Folgen der Weltwirtschaftskri se nach wenigen Jahren wieder zugesperrt werden mußte. Blättert man in der Chronik weiter, dann erfährt man ferner, daß aufgrund von Erhebungen des Magi strates Steyr im Sommer 1935 in der Stadt Steyr lediglich an die 8000 Liter Mil ch pro Tag verbraucht wurden, wovon etwa 5600 Liter von den Bauern der Umgebung direkt an die Bevölkerung verkauft wurden. Die rest liche Menge - davon 1250 Liter an die Großverbraucher, wie Landes- krankenhaus usw - wurde von den Bauern an die Milch- händler geliefert. Angesichts dieser Situati on vertrat der Magistrat Steyr damals die Ansich t, daß die Errichtung einer Molkerei in Garsten unrentabel wäre und nicht nur eine Konkurren- zierung der sogenannten „Mi lchbauern" in der Umge- bung, sondern auch der bereits bestehenden Molkerei- genossenschaften Wolfern und Sierning bedeuten würde. In Wirkl ichkeit fürchtete man eine Stabili sierung des Milchpreises; denn zur damal igen Zeit unterbot ein Bauer den anderen, nur um die Mil ch anzubringen. Rückblickend muß man daher jene Bauern bewun- dern , die all en Gegenströmungen zum Trotz ihre Bemü- hungen fortsetzten und auch persönliche Anfeindungen in Kauf nahmen . In der vom ehemaligen Buchhalter For- ster verfaßten Chronik werden auch einige Bauern nament li ch erwähnt , die unbeirrbar für die Errichtung einer genossenschaft lichen Molkerei eintraten. In Dankbarkeit gedenken wir daher dieser unermüdli - chen Männer: Hartleitner, Finner, Sandmayr, Hundsber- ger , Adlberger , Resch, Brandner , Rohregger und Weindl sowie all er nachfol genden Funktionäre, die mit ihrer Tat- kraft und ihren Entscheidungen mitgeholfen haben, daß der „Milchhof Steyr" heute zu den Spitzenbetri eben am oberösterreichi schen Mil chsektor gehört.

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