50 Jahre Forelle Steyr 1947 - 1997

Sportverein Forelle Steyr - ein halbes Jahrhundert 1m Rückblick Von Wolfram Steinwendtner Zwei Jahre nach Kriegsende - 1947 - war Steyr noch immer eine gezeichnete Stadt. Viele Menschen waren obdachlos, viele Gebäude, vor allem die Industrieanlagen , waren noch zerstört. Bei Zwischenbrücken wurde der Kriegsschutt in die Enns gekippt, wodurch ein immer länger werdender Damm quer zur Strömung entstand und nur eine kleine Durchfahrt offenließ. Erst nach vielen Jahren war der letzte Stein von der Enns weggeschwemmt. An allen möglichen Stellen gab es Bombentrichter, die uns Kindern im Winter als Loopingschanzen dienten und sich erst allmählich mit Schutt und Dreck füllten. Der Wiederaufbau war in vollem Gange. Es gab wenig und Schlech– tes zu essen , im Winter gab es kaum Heiz– material . Es fehlte überall am Nötigsten , aber alle waren von einer Euphorie getra– gen , die auf eine bessere Zukunft gerichtet war. Rohstoffe zu besorgen war sehr schwie– rig , ein Auto zum Beispiel, wie es der erste Präsident der Forelle Steyr, Zentraldirektor Walter Glöckel , zur Verfügung hatte, war höchster Luxus. Als Wassersportler konnte man von neuen Booten nur träumen , nur gelegentlich fan– den sich alte Faltboote oder Fetzenkaiaks, bestehend _aus einem Lattengerüst, über das eine mit Olfarbe getränkte Leinwand ge– spannt war. Ein fürchterlich schweres Ding , das wir noch bis in die frühen 50er Jahre hinein fuhren. In diese Zeit hinein gründeten Männer wie Rudolf Zagler, Emil Pickl, Karl Hietler, Leo– pold Kubisch und einige andere den Kaiak– und Segelsportverein Forelle Steyr neu. Denn schon 1923 gab es eine Kajaksektion von Vorwärts Steyr, die Forelle hieß und deren Sektionsleiter jener Rudolf Zagler war, der auch 1947 einer der Männer der ersten Stunde war. Und diesmal sollte dem Club ein längeres, von Krieg und Not unbe– einträchtigtes Leben bevorstehen. Das erste Bootshaus war jenes Gebäude, das am Paddlerweg direkt im Stadtgebiet an der Enns steht und heute dem ATSV Steyr als Heimstätte dient. Noch im Winter 1947/ 48 wurde in der Segelsektion eine Selbstbauaktion eingeleitet, deren Resultat erstaunliche 12 Boote war. 1948 konnte eine Baracke als Bootsunterkunft auf jenem Grund am Staninger Stausee aufgestellt werden , der 50 Jahre später endlich unser Eigentum wurde und heute Paddlern, Tennis– spielern und Seglern wie auch dem Cam– ping zur Verfügung steht. Die Enns war damals zwar bereits aufge– staut, doch noch mit einer geringeren Stau– wurzel , wesw egen die Strömung erst weit unter unserem Bootshaus in den Stau über– ging . 1949 erschienen erstmals hektographierte Vereinsnachrichten , die eine wertvolle Quel– le für meine Recherchen sind , aber auch eine Denkstütze, denn ab diesem Jahr war ich l 4jähriger Bub stolzes Mitglied des Ver– eins. Da w ird zum Beispiel von der Faltboot– selbstbauaktion berichtet, für die die Ver– einsleitung Holz für immerhin 15 Boote be– schaffen konnte. Zu bezahlen war dieses Holz allerdings durch die Mitglieder selbst. Da kann man auch lesen , daß dem Leopold Kubisch ein Sohn geboren wurde, dem man eine gute Zukunft im Sport wünschte und der heute als Obmann die Geschicke des Vereins in einer leichteren Zeit, aber mit größeren, paradoxerweise aus der Wohl– standsgesellschaft resultierenden , Proble– men leitet. Da findet sich ein Aufruf des Obmanns Emil Pickl zum Ausbau der Sport– stätte am Stausee, die Bekanntgabe, daß von jedem 40 Arbeitsstunden dem Verein zur Verfügung gestellt werden mögen und , Zitat: „ieder halte sich stets in Erinnerung, daß wir nicht für uns bauen, sondern auch 7

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