50 Jahre 12. Februar 1934

daß - meiner Auffassung nach - die bürgerlichen Parteien in Österreich gespalten waren: die einen waren für die italienische, die anderen für die nationalsozialistische Rich– tung. Und so wurde auch im Sinn der Nationalsozialisten die Regierung umgebildet. Die Regierung war der Mei– nung, mit der Aufnahme nationaler Minister in die Regie– rung Ruhe gefunden zu haben. Aber für das nationalsozia– listische Deutschland war das zu wenig. Seine Perspektive war ja, Österreich als das Land zu besetzen, von dem aus der Einmarsch in die Tschechoslowakei, nach Ungarn und - in der weiteren Folge - vorbereitend auch in die Sowjetunion stattfinden könnte. So wurde dann Bundes– kanzler Schuschnigg nach Deutschland beordert, und nach– dem man ihm dort hart zugesetzt hatte , machte er noch den Versuch , eine Volksabstimmung abzuhalten. Ich bin über– zeugt, daß diese Volksabstimmung eine absolute Mehrheit für Österreich gebracht hätte. Ohne Zweifel bildeten die Nationalsozialisten eine Minderheit und hätten daher bei einer echten demokratischen Auseinandersetzung keine Chance gehabt. D ie Spitzenfunktionäre der in die Illegalität gedrängten Sozialdemokratie führten in diesen letzten Stunden der Ersten Republik noch Verhandlungen. Von der gewerkschaftlichen Seite gab es Gespräche mit dem dama– ligen Präsidenten Staud und seinen Mitarbeitern: aber wie wurde da seitens der Regierung gezögert! Es wurde gezö– gert, den Sozialdemokraten gewisse demokratische Rechte zuzubilligen. Aber eine völlige Unterwerfung konnten sich auch die in die Illegalität gedrängten Funktionäre für ihre Idee nicht bieten lassen. Man war zu einer Zusammenar– beit noch in letzter Stunde bereit , aber die Regierung hat gezögert, gezaudert, gezögert. Sie war nicht echt bereit , zu erkennen, daß wir nur gemeinsam, das bürgerlich-katholi– sche Lager und die Sozialdemokratie, gegen den National– sozialismus antreten können. Das war die Situation, die die Nationalsozialisten vorfanden und benützten, um nach Österreich einzumarschieren. Soweit ich den Einmarsch noch in Erinnerung habe, waren die Sozialdemokraten tief betrübt. Wir waren noch am Abend vor dem 13. März zusammen und meinten, daß alle 18

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