50 Jahre 12. Februar 1934
11 PRÄSIDENT DES NATIONALRATS ANTON BENYA PRÄSIDENT DES ÖSTERREICHISCHEN GEWERKSCHAFfSBUNDES Man kann junge Leute nur glaubwürdig auf etwas aufmerk– sam machen, was man selbst erlebt hat. Dabei ist immer die Frage, ob das von den jungen Menschen auch so verstanden wird. Denn wer - wie die Jugend - etwas nicht selbst erlebt hat, ist manchmal verständlicherweise ein wenig ungläubig. Für uns ist heute vieles schon selbstverständlich geworden: Wenn wir heute in der Zweiten Republik seit Jahrzehnten eine hohe Zahl an Beschäftigten und eine international gesehen sehr geringe Zahl an Arbeitslosen haben, dann ist das ein ungeheurer Unterschied zur Ersten Republik. Denn in der Zeit von 1927/28 bis 1934 gab es in Österreich bei ca. 1, 7 Mio. Beschäftigten 500. 000 bis 600. 000 Arbeitslose! Dabei bekam die Hälfte dieser Arbeitslosen keinerlei Unter– stützung mehr. Das bedeutete natürlich Not in vielen Familien; das bedeutete, daß man glücklich war, wenn in einer Familie mit mehreren Personen wenigstens einer noch Arbeit hatte. Daraus enstanden Spannungen, die noch zusätzlich durch das Aufeinanderprallen von Meinungen auf der politischen Ebene verstärkt worden sind. S chon ganz am Anfang der Ersten Republik wurden militante Organisationen gebildet, beginnend mit den Frontkämpfern. Später haben dann die Sozialdemokraten nachgezogen und den Republikanischen Schutzbund ge– bildet. Eine meiner frühen Jugenderinnerungen - ich war damals ca. elf, zwölf Jahre - an die Frontkämpfer ist, daß ein Betriebsrat einer Gummifabrik namens Birnecker in Wien XIV auf der Hütteldorfer Straße erschossen wurde. Mir ist vor allem das ungeheuer große Leichenbegängnis in Erin– nerung geblieben , große Kolonnen marschierten und brachten den Toten zu seiner letzten Ruhestätte. Aber auch als Kind spürte man die Spannung, denn es gab dann
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