Pinsker 35 Die Arbeiten der Steyrer Patres I. Volksmissionen Da die Steyrer Jesuitenniederlassung von ihrer Gründung bis zum Jahre 1910 in erster Linie Missionarsresidenz war, ist es nicht verwunderlich, daß bei einer Betrachtung der verschiedenen Arbeiten der Patres die Volksmissionen in dieser Zeit bei weitem an der Spitze stehen. Regelmäßig war der größere Teil der Patres hauptamtlich in der Missionsarbeit tätig. In diesen 45 Jahren hielten die Steyrer Patres 2.476 Missionen und Missionserneuerungen im gesamten Gebiet der Monarchie und auch darüber hinaus. Das sind im Schnitt pro Jahr 55 (meist einwöchige) Missionen,an denen je zwei bis vier Patres mitwirkten. Die stärksten Jahre waren 1901 mit 88 und 1905 mit sogar 130 Missionen. In den „Litterae Annuae"* sind teils kürzere, teils auch ausführliche Berichte über die einzelnen Missionen niedergelegt. Aus ihnen ist zu erkennen, daß die Missionen in den meisten Fällen die Erwartungen weit übertroffen haben. Oft waren diese Missi onen der Anstoß zu einem grundlegenden Wandel des christlichen Lebens einer ganzen Gemeinde. II. Tätigkeit in der eigenen Kirche Zwei ältere gebrechliche Defizienten hatten den Gottesdienst in der Kirche in sehr beschränktem Maß gehalten. Nun war plötzlich eine Anzahl junger (der älteste zählte noch nicht 44 Jahre) Patres voll Einsatzfreude und Seeleneifer hier. Damit begann ein neues Leben in der alten Kirche. Knapp eine Woche nach ihrem Einzug begannen die Patres die Maiandacht (sie war schon vorher in einfacher Form üblich gewesen) in erweiterter feierlicher Form zu halten. Dabei wählten sie jährlich für den ganzen Monat ein einheitliches Thema,das in täglicher Abend predigt gründlidi behandelt wurde. Im ersten Jahr predigte P.Wagner über die Geheimnisse des Rosenkranzes. Während des Jahres war sonntags um vier Uhr nachmittags (am Herz-Jesu-Fest, Rosenkranzfest und Ignatiustag auch um zehn Uhr vormittags) Predigt. Da alle Patres gut ausgebildete Prediger waren und die Predigten sorgfältig vorbereiteten, wuchs die Zahl der Hörer sehr rasch an. Der Besuch war häufig so stark, daß die Menschen dicht gedrängt stehen mußten, wobei — wie die LA berichten — die Männer bedeutend in der Überzahl waren. Besondere Sorgfalt verwendeten die Patres auf die Förderung der Herz-Jesuund der Marienverehrung, auf die Verehrung des hl. Aloisius (schon im ersten Jahr wurden die sechs „Aloisianischen Sonntage" eingeführt); als Abschluß der Fastenpredigten wurden in der Karwoche „öffentliche Exerzitien", getrennt für ♦ Über die „Litterae Annuae" siehe „Quellen und Literatur". Im folgenden wird dafür die Abkürzung „LA" verwendet.
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