Chronik der Steyrer Liedertafel von 1875 bis 1890

156 Erdballes, wo die Cultur und Bildung fühlende Menschen ge– schaffen, zeigt sich das edle Streben, jenen Mitmenschen, welche vom Genius der Kunst - sei es auf welchem Gebiete immer - mit seinen herrlichen Gaben besonders beschenkt worden sind, bleibende Zeichen der Erinnerung an deren ruhmreiches Dasein, an ihr Schaffen und Wirken zu widmen und zwar eben an jenen Stätten, wo diese bevorzugten Menschenkinder ihre unvergänglichen Werke geschaffen, wo deren Geschick hervunagende Phasen ihres Lebens sieb abspielen ließ. „Wir Steyrer - Allverehrte ! - geben soeben auch daran, den Manen eines solchen gottbegnadeten Erdensohnes unsere Huldigung darzubringen und die Erinnerung an diesen Heroen der Kunst auch unseren Nachkommen zu erhalten. ,,Franz Schubert, der unbestrittene und bis heute un– erreichte Meister des deutschen Liedes ist es, den wir heute feiern und dem wir heute in der schönen alten Eisenstadt, in welcher der deutsche Barde so oft und so gerne weilte, zur bleibenden Erinnerung seines hiesigen Wandels, Schaffens und Wirkens ein Denkmal widmen, das auch der Nachwelt unver– gänglich, wie der marmorne Block, aus dem es die Künstler– hand geschaffen, Zeugnis davon ablegen solle, wie sehr die lieder– reiche Styria und deren Bewohner im Jahre 1890 für den Schöpfer der Kunst und für diese selbst in edler Begeisterung erglühten und dieser schönen Regung tbatsächlichen Ausdruck zu geben verstanden. „Und wahrlich! Wen sollten die süßen Melodien, die herrlichen Lieder Schuberts nicht zu idealer Begeisterung ent– flammen? Bei Nennung seines Namens steht das deutsche Lied mit seiner ganzen bezwingenden Kraft vor unserer Seele. Denn Schubert ist wahrlich der Schöpfer dieses Liedes, - dieses Liedes - .Allverehrte! - das mit unwiderstehlichem Zauber auf jeden einwirkt, dem Gott ein fühlend Herz in den Busen gelegt. Schuberts ,zahllose Lieder' umfassen eine ganze Welt des menschlichen Fühlens und Denkens, · denn was auch die Menschenbrust an Freud und Leid, an Hoffen und Sehnen, an Liebe und ]:lass, Trotz und Ergebung in sich schließt und aus– strömt - Schubert hat es besungen u.nd sich dadurch un– sterblich gemacht. „Und dieser geniale echt deutsche Barde - hochverehrte Festgenossen - er hat in seinem leider viel zu kurzen Leben so oft und so gerne in unserer Stadt geweilt, er hat sich unter den schon damals kunstbegeisterten Steyrer Bürgern so wohl ge– fühlt, dass er oft mit warmer Sehnsucht die Zeit kaum erwarten konnte, um wieder in das schöne Land Oberösterreich und

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