igarchitektursteyr 4 | 32 AUFTRAGGEBER KIRCHE Interview mit Günter Rombold von Hannes Krisper und Gerold Wild Nach Priesterweihe und Doktorat in Theologie folgten Sie Ihrer Leidenschaft für moderne Kunst und schlossen ein zweites Studium für Kunstgeschichte und Philosophie in München ab. Nach der Rückkehr 1958 waren Sie somit prädestiniert, Mitglied des diözesanen Kunstrates in Linz zu werden, der maßgeblich in die Auftragsvergabe der Diözese eingebunden war. Wie kam es zur Entscheidungsfindung bei der Kirche Steyr-Ennsleite? Die erste Planung des Seelsorgezentrums einschließlich Kirche wurde 1958 im Rahmen eines internen Wettbewerbes durchgeführt. Daran beteiligten sich die Architekten Gsteu, Kurrent und Spalt mit einem gemeinsamen Projekt. Im Diözesankunstrat entwickelte sich eine heftige Diskussion. Diözesanbaumeister Nobl sprach sich gegen das Projekt aus, Prof. Klostermann und ich dafür. Es wurde in einer Kampfabstimmung knapp genehmigt. Bischof Zauner war empört darüber, dass sein Diözesanbaumeister überstimmt worden war. So kam es zu einem Kompromiss: Der Kirchenbau wurde zurückgestellt. Pfarrsaal und Pfarrhof wurden 1960–1961 gebaut, der Kirchenbau folgte 1969–1970. Etwa zur gleichen Zeit übernahmen Sie die Redaktion der Zeitschrift „Christliche Kunstblätter“. Viele der hier publizierten Projekte nahmen die Neuerungen in Liturgie (Volksaltar) und Ökumene des Zweiten Vatikanischen Konzils um Jahre vorweg. Wer beeinflusste hier wen und wo ist der Impuls für diese Entwicklung auszumachen? Der moderne Kirchenbau ist aus der Begegnung der „Liturgischen Bewegung“ mit dem „Neuen Bauen“ entstanden. Noch 1912 erließ die Erzdiözese Köln die Weisung, Kirchenbauten seien im gotischen oder romanischen Stil zu errichten. Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich die Situation. Schon 1918 publizierte Romano Guardini den schmalen Band „Vom Geist der Liturgie“. Grundgedanke war die Zurückstellung des Individuellen und die Betonung der liturgischen Gemeinschaft. Am Beginn der 20er-Jahre entstanden bereits die ersten Bauten aus diesem neuen Geist (Dettingen am Main von Dominikus Böhm und Martin Weber, 1922). Es war eine glückliche Fügung, dass Rudolf Schwarz 1924 den Auftrag erhielt, den Ausbau der Burg Rothenfels am Main zu leiten. 1928 erfolgte die Umgestaltung des Rittersaales, wo die festlichen Gottesdienste gefeiert wurden. Die architektonische Gestaltung war ein „weißer Behälter”, einzige Ausstattung hunderte Schemel aus Holz. Hier waren verschiedene Formen der Versammlung möglich: der offene Ring oder der geschlossene Ring. „Den lebendigen Raum musste die Gemeinde durch ihre Versammlung erschaffen.“ Dabei wandte sich der Priester oftmals mit dem Gesicht der Gemeinschaft zu, zelebrierte also „versus populum“. Das alles wurde wegweisend für die Erneuerung der Liturgie, wie es Jahre später das II. Vaticanum vorsah. Meine Begegnung mit dem modernen Kirchenbau datiert in die Zeit meines Zweitstudiums in München (1955–1958). Ich nahm damals häufig am Gottesdienst in der Kirche St. Laurentius teil. Diese Pfarrkirche wurde von den Oratorianern betreut, denen Heinrich Kahlefeld angehörte und der zu dieser Zeit Burg Rothenfels leitete. Er hatte 1954 den Neubau von St. Laurentius, der von den Architekten Emil Steffann und Siegfried Österreicher gestaltet wurde, geistig mitbestimmt. Steffann, der mit Schwarz befreundet war, hat mit St. Laurentius einen wegweisenden Bau geschaffen, der großen Einfluss auf den deutschen Kirchenbau der folgenden Jahre ausübte. Die Gemeinde versammelt sich von drei Seiten um den Altar, der Priester steht auf einer kleinen, nur eine Stufe erhöhten Insel auf der vierten Seite das „Ringes“ und zelebriert zur Gemeinde gewandt. Die Raumqualität Steffanns Bauten unterscheidet sich allerdings grundlegend von Schwarz- Kirchen: Dieser liebte hohe und dadurch sehr dominante Räume. Dagegen ist die Kirche von Steffann eher niedrig, gleicht einem Haus für die Gemeinde und hat einen bergenden Charakter.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2