Einführung Es ist der Geist, der sich den Körper baut: Schiller Es mag wohl manchem auf den ersten Blick absurd erscheinen, daß am Anfang dieser Festschrift das Wort eines großen Dichters und Denkers zu finden ist. Wenn jedoch der Sportfreund, der diese Zeilen in die Hand bekommt, sich einmal über Sinn und Zweck einer jeglichen Sportart sowie über deren Wesen klar werden will, so darf er nicht nur den Enthusiasmus der Menge im Auge haben, sondern er wird wohl auch in die ideale Gedankenwelt des einzelnen Sportlers selbst eindringen müssen. Es ist wohl sicher, daß es allein der Geist sein konnte, das idealistische und vorurteilslose ,,Vorwärts“-Drängen jedes einzelnen Sportlers nach Vervollkommnung und Ausgeglichenheit von Körper und Bewegung, das den Sport seit alters her zu jener völkerverbindenden Bedeutung gelangen ließ, in der er heute über den gesamten Erdenkreis hinweg gepflegt und anerkannt wird. — Und so hat der Sportler, einer Tradition getreu, die bis in das graue Altertum zurückreicht, sich darüber klar zu sein, daß auch sein Schweiß und seine Arbeit an sich selbst, ein Beitrag zur Gesundung und Hebung der menschlichen Gesellschaft ist. Darum verfolge er sein Ziel mit der gleichen Reinheit und Lauterkeit, mit der einstmals die Griechen in Olympia zu edlem Wettstreit angetreten sind und mit derselben Ritterlichkeit und Achtung gegenüber dem Gegner, mit der die Besten des Landes im Mittelalter geharnischt zu Turniere ritten. Es ist barbarisch, den Sport etwa als Volksbelustigungsmittel anzusehen, wie dies oftmals geschieht. Veranstaltungen, wie zum Beispiel das Auftreten „des schwarzen Würgers am Heumarkt“ in Wien, stehen zweifellos auf gleicher Stufe mit den Gladiatorenkämpfen im untergehenden Rom, mit denen sich eine verrottete Zivilisation durch Entfesselung der Blutgier und Sensationslust einer herz- und kulturlosen Masse über die hereinbrechende „Götterdämmerung“ hinwegzutäuschen suchte. Nein, der Sport ist ein Volksbildungsmittel, wie er es immer war! Und betrachtet man ihn als solches, beginnt das anfängliche Wort von Friedrich von Schiller in neuer und gesteigerter Bedeutung aufzuleuchten. Denn ebenso wie sich der Geist den Körper baut, so ist er auch eine Körperschaft zu bilden imstande — eine Mannschaft — und darüber hinaus ganze Völker. Eine solche Mannschaft — eine Fußballmannschaft — feiert nun ihr dreißigjähriges Jubiläum. Das heißt, sie hat jahrzehntelang gekämpft, hat gesiegt und hat verloren; und sie wird vielleicht wieder siegen und verlieren — immer wieder aber wird sie kämpfen. Und hierin liegt das Wesentliche, das Wertvolle des Fußballsportes; daß nämlich in diesem Kämpfen sowohl Charakter als auch Körper und Geist gestärkt und von den lästigen Kleinlichkeiten des Alltags losgerissen werden, um nun frei und voll Selbstvertrauen hohen Aufgaben und Idealen entgegenwachsen zu können. Wenn die Mannschaften dann im Feld stehen und Angriff und Abwehr wuchtig aneinanderprallen, dann muß diese Kraft fühlbar auch auf die vieltausendköpfige Menschenmenge überfließen, die das Feld umsäumt. —- Damit wird jeder einzelne aus dieser Menge lernen, wie man kämpft, wie man siegt und — wie man unterliegt! Und er wird die Lehren eines solchen Fußballkampfes getrost mit nach Hause nehmen dürfen; denn wenn ein jeder Mensch diese Spielregel auf sein eigenes Leben anwenden würde, dann würde die gesamte Menschheit ihr Spiel gewonnen haben. 12
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