25 stalt. Selbst die freie Zeit, die der seeleneifrige Priester von den täglichen Beschwerden seines mühevollen Berufes noch erübrigte, widmete er den Anstaltszöglingen, indem er sie unterrichtete, katechi¬ sirte und mit ihnen betete. Wer zählt die Opfer jeglicher Art, die Wiesinger für die Anstalt gebracht? Der Herr allein weiß sie alle, Er hat sie alle geschrieben ins Buch des Lebens. Vier Jahre hindurch stand Wiesinger seiner Anstalt vor, und leitete sie mit dem Aufwande all seiner priesterlichen Liebe. Da schlug für den eifrigen Diener des Herrn die Stunde der Vergeltung. Er ward reif für den Himmel befunden; Wiesinger er¬ erbte von seiner tödtlich erkrankten Mutter, an welcher der fromme Priester mit aller Innigkeit eines guten Sohnes hing, den Typhus, welcher den sonst rüstigen erst 36 Jahre zählenden Kinder¬ freund rasch an den Rand des Grabes brachte. Am 7. October 1862 schloß er, getröstet mit den heiligen Sterbesakramenten, seine Augen zum Todesschlummer, beweint von den Kindern seiner Anstalt und betrauert von allen, die ihn kannten. Dieser edle Priester hat ausgerungen, er ging ein in die Freude seines Herrn. Ein einfaches Eisenkreuz in nächster Nähe der Friedhofkapelle schmückt den Grabhügel, unter welchem Wie¬ singer's Gebeine ausruhen von den Mühen seines priesterlichen Wirkens und die Auferstehung erwarten. — R. I. P. Zweites Kapitel. Die Schutzanstalt geht an den katholischen Frauenverein über. Ein tief schmerzender Gedanke war es für Herrn Wiesinger auf dem Sterbelager, seine Schutzkinder hilflos und verwaist zurück¬ lassen zu müssen. Der Gedanke, was wird aus der Anstalt wer¬ den, beschäftigte noch das sterbende Priesterherz. Doch es vertraute auf Gott, und sein Vertrauen ward nicht zu Schanden. Ein inniger Freund, welcher den Hinscheidenden auch mit den heil. Sterbesakra¬ menten versehen hatte, versprach mit Herz und Mund, an den nun¬ mehr doppeltverlassenen Kindern Vaterstelle zu vertreten und Wie¬ singer's Werk unter dem Schutze Gottes und unter dem Beistande
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