Zwanzig Jahre Röda

spot auf Das röda war nach über zehn Jahren in einer Phase des Übergangs angekommen. „Irgendwie wirds schon gehen” war als Plan nicht mehr genug. Aus dem Amateurprojekt von jungen Enthusiasten war ein Haus geworden, das als Arbeitsplatz Existenzgrundlage für eine Menge Leute war, das als Fixpunkt im Kulturprogramm der Stadt schön langsam akzeptiert wurde. Der Enthusiasmus war zum Teil dem Frust gewichen und die Enthusiasten waren alle nicht mehr jung. EIne Reihe von Problemen hatte sich angehäuft: dIe Be- sucherzahlen waren rückläufig, dadurch waren die Ein- nahmen unter den Erwartungen, es gab so gut wie keine Mitglieder, es konnten keine neuen Interessenten für die Vereinsarbeit gewonnen werden. Zusätzlich waren die Ent- scheidungsstrukturen für die Programmgestaltung intrans- parent und nicht zugänglich. Die Mitarbeiter, bezahlte und ehrenamtliche, waren frustriert und man schwelgte in den Erzählungen von früher. Durch die prekäre Lage wollte nie- mand Entscheidungen treffen, alles wurde so lange disku- tiert, bis der Gang der Dinge die Entscheidungen traf. Meine durch Nostalgie getrübte Erinnerung macht mir die Rückschau nicht leicht: Ich war als Hobbymusiker, als mit- helfender Mitläufer am Kulturverein Kraft-Werk beteiligt. Es folgten Auftritte im Gasthaus Anker, erste Arbeitseinsätze im Schmollgruberkeller, lange Nächte in feuchter Kälte. Gemeinsam mit dem Sladi habe ich das Kraftblatt zusam- menkopiert. Und dann, noch vor den Demonstrationen und Museumsbaracken, bin ich in die Familienidylle im Steyrer Umland abgetaucht und dort für zehn Jahre verschwunden. Irgendwann hat mich das Dambachtal wieder ausgespuckt und ich bin im röda wieder aufgetaucht. Zuerst recht regelmäßig mit der Kamera vor der Bühne. Irgendwann, nach meinen lästigen Fragen nach Plänen, hat man mich aufgefordert, Farbe zu bekennen, die Kritik von außen mit der konstruktiven Arbeit von innen zu tauschen. Ich wurde in den Vorstand kooptiert und bei der darauffol- genden Jahreshauptversammlung zum Obmann gewählt. Da ich, wie vorhin beschrieben, eine Reihe von Problemen sah, wollte ich eine grundlegende und grundsätzliche Dis- kussion über die Ausrichtung, den Zweck und die Ziele des Hauses führen. Nicht alle, die damals am „Projekt röda” beteiligt waren, zeigten Interesse an einem so tiefgreifen- den Umbruch. Die Überwindung der Beharrungskräfte hat zu persönlichen Brüchen geführt. Die Entscheidung, Chris Rabl als Geschäftsführer einzuset- zen, hat zu sehr großen Diskrepanzen im Haus geführt. Er hat, frei von persönlichen Verbindungen zur Vergangen- heit, sachliche Entscheidungen treffen können, die auch noch aus heutiger Sicht, dem „Projekt röda” den Tritt ge- geben haben, den es brauchte, um weiter so spannend zu sein. Das hat aber mit sich gebracht, dass vieles, was sich über die ersten zehn Jahre vermeintlich bewährt hat, über Bord gehen musste. Und das stellte das Selbstverständnis der handelnden Personen in Frage. Chris Rabl hat viel von dem losgetreten, was wir, der Vereinsvorstand, als zukunftsnotwendig gesehen haben: Öffnung für neue junge InteressentInnen, das Aufbrechen der Programmstruktur, die Öffnung als Veranstaltungsort für externe Veranstalter. Der damalige Vorstand und Chris haben der röda-Crew viel abverlangt, mehr, als es im so- wieso schon ausbeuterischen Kulturbetrieb sonst auszu­ halten gilt: ein Geschäftsführer, der vieles umreißt und ein Vorstand, der nicht immer für alle nachvollziehbar formu- lieren kann, was das Ziel der ganzen Aktion ist. Nach den fordernden Jahren mit dem visionären Sturkopf Chris Rabl als Geschäftsführer, der lieber machte als disku- tierte, folgte der ruhige Ausgleicher und Zuhörer Thomsn, der zusammen mit einem neuen Vorstand das Haus wieder in ruhige Gewässer gelenkt hat. Christof Zachl, röda-Obmann 2009 – 2013 „Und was ist euer Plan?“ 2008 mussten der Geschäftsführer und der Hausmeister vorübergehend gekündigt werden, um die Zahlungs- fähigkeit des Vereins aufrecht zu er- halten. Das war für mich inakzeptabel, genauso wie die Antworten auf meine Frage: „Was ist euer Plan?“ 231

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