Zwanzig Jahre Röda

Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn sich die Möglichkeiten durch den Autobahnzubringer durchaus erweitert hätten. Zusammenfassend kann man sagen, dass Steyr nach wie vor als ein kleines Kaff angesehen wird, wo nicht allzu viel passiert und sich Fuchs und Henne noch immer „Gute Nacht“ sagen. Hier möchte ich einlenken. Entspricht dieses Bild der Reali­ tät oder werden nur Vorurteile und oberflächliche Ein­ drücke wiedergegeben? Was sich für den einen als nicht interessant darstellt, hatte für den anderen durchaus seine Vorteile. Not macht be- kanntlich erfinderisch und fördert unabdingbar die eigene Kreativität. So kommt es nicht von ungefähr, dass man bei genauerem Hinsehen feststellen kann, dass sich in der Stadt Steyr seit jeher viele Menschen selbst organisierten und basierend auf ihren eigenen Tugenden und Wertvor- stellungen das von Ihnen gewünschte Fortgehverhalten/ Kulturprogramm in Eigenregie forcierten, um den selbst auferlegten Ansprüchen gerecht zu werden. Ein Bild, welches sich durch den gesamten Kunst- und Kulturbereich der Stadt Steyr zieht. Steyr hat, trotz der ge- ringen Größe, im Vergleich zu anderen Städten, ein sehr gutes Netzwerk an qualitativ guten Akteuren im Kunst- und Kulturbereich zu bieten. Allen voran ist im Musikbereich genreübergreifend eine sehr hohe musikalische Qualität zu erkennen. Meines Erachtens lässt sich in Steyr im Vergleich mit anderen Städten im Allgemeinen eine Hingabe zu ei- nem erdigeren, roheren Sound feststellen. Inwieweit sich diese Tatsache mit der industriellen Geschichte der Eisen­ stadt und den daraus entstandenen Einflüssen erklären und in Verbindung bringen lässt, kann man nur erahnen. TECHNO erobert Steyr Zu Beginn der 90er Jahre fanden die ersten Ravepartys in Oberösterreich statt, welche sich konsequent dieser Art von elektronischer Musik widmeten. Zum damaligen Zeit- punkt nur unter Insidern bekannt, war es nicht einfach, an die notwendigen Information zu kommen und es glich fast einem Privileg, im „Kreise der Auserwählten“ an diesen Raves teilnehmen zu dürfen. Damals war es durchwegs üb- lich, für die nächste Party weite Strecken auf sich zu neh- men. Reisen nach Berlin, Wien, München am Wochenende waren keine Seltenheit, um sich den nächsten Partykick zu holen. Sven Väth – deutsche DJ-Ikone und noch heute einer der meistgebuchten DJs rund um den Globus – war in den Jahren 1992/93 zum ersten Mal in Oberösterreich, womit der Stein der musikalischen Entwicklung langsam ins Rollen kam. Persönlich kann ich mich noch gut an die Zeit zwischen 1991 und 1993 erinnern. Musik war schon immer Erziehungs­ sache und meist ist deren Erfolg und Entwicklung von den vorhandenen Möglichkeiten, diese vor Publikum zu spielen, abhängig. Genau betrachtet war in Steyr ein 5-Uhr-Tee, wo sich viele hippe Kids einfanden, um ihre ersten Partys zu feiern, die beste Möglichkeit, um seine musikalische Über- zeugung unter die tanzende Meute zu bringen. So lässt sich behaupten, dass wir es schon zu 5-Uhr-Tee Zeiten geschafft haben, unserem persönlichen Faible für diese Art von Musik zu folgen und diesen weiterzuentwickeln. Eine unbewusste, musikalische Prägung mit durchwegs weitreichenden Fol- gen. Noch heute ist es so, dass uns ein nicht geringer Teil der damaligen Besucher begleiten. Ab 1994/95 wurde es auch in Steyr lauter. Die ersten Partys, die auch offiziell als Technopartys tituliert wurden, wurden veranstaltet. Im ÖGJ-Zentrum wurden Technopartys gefei- ert und auch im Museum Arbeitswelt fanden Veranstal- tungen statt, welche sich dieser Musikrichtung widmeten. z Zeitungsartikel – Techno-Partys in Steyr z Erste Technoparty im ÖGJ 219

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