Zwanzig Jahre Röda

spot auf Peter Ederer WTF, 20 Jahre?! Jubiläen haben den großen Nachteil, dass man eine Zahl an den Kopf geworfen bekommt, die man meistens nicht so gerne hört. Und das wirklich Blöde ist, die Zahlen wer- den auch immer höher … Ich habe das röda zu der Zeit kennengelernt, als es wie ein Phönix zwar nicht buchstäblich aus der Asche, aber aus dem Wasser wiederauferstanden ist. Eine intensive Zeit, in der weniger Veranstaltungen geplant und durchgeführt wurden, stattdessen haben wir alle gehämmert, gesägt, geschaufelt, gebohrt, geputzt … Erst nach Monaten konnte das Kulturhaus wiedereröff- net werden. Nicht feierlich, sondern mit guter Musik und Party!! Aus der folgenden Zeit im röda habe ich zahlreiche Erinne- rungen und viele Erfahrungen mitgenommen, zuallererst positive: Vor allem die vielen engagierten Menschen! Oft waren ganz banale Dinge zu erledigen und das Team auf der Suche nach Unterstützung. Immer gab es Men- schen, die zugesagt haben obwohl sie (I.) Geld verdienen mussten, (II.) Kinder zu versorgen hatten oder (III.) grad irgendwie selbst Probleme am Hals hatten, die dringend zu lösen waren – NIE hat uns jemand im Stich gelassen!! Ok, gelogen, ein paar Ereignisse blende ich aus Nostalgie­ gründen jetzt einfach aus … es hat dennoch meistens genügt, darauf hinzuweisen, dass das röda Unterstützung benötigt, damit viele Menschen sofort bereit waren zu helfen. Und wenn es eines Beweises gebraucht hätte, dass Menschen grundsätzlich solidarisch sein können, hat das röda diesen erbracht! Woran ich mich auch gerne zurück erinnere ist die Vielfalt. Im besten gesellschaftsliberalen Sinn hat das röda alles angeboten: Konzerte, DJs, Lesungen, Diskussionen, Aus- stellungen, Werkstätten, Feste, Bildungsveranstaltungen – alles möglich! Ein Haus, grundsätzlich offen für alle, egal wie „verrückt“ (im Wortsinn!) eine Idee auch war. Aber es gab natürlich auch eine andere Seite: Im röda habe ich erfahren, dass in einem Kulturbetrieb nicht zwin- gend die Kultur an erster Stelle steht. Sondern oft das Geld und, ja, auch Macht und Einfluss. Wenn man mit hohem idealistischen Einsatz oder ehrenamtlich arbeitet, bezieht man seine Erfolgserlebnisse zu einem großen Teil auch über die Selbstverwirklichung. Und das kann dazu führen, dass man persönliche Ziele vor den eigentlichen Zweck und Anspruch eines Kulturbetriebes stellt. Nichtsdestotrotz, das röda hat alle Herausforderungen der letzten zwanzig Jahre erfolgreich bewältigt und laufend bestätigt, dass sich ein hoher Qualitätsanspruch und ein niederschwelliger Zugang zu Kunst und Kultur verbinden lässt. Das ist der Verdienst aller Menschen, die in dieser Zeit ihre Kraft, ihre Ideen und ihre Zeit eingebracht haben! Also, auf die nächsten 20 Jahre, du altes Haus! ZUM AUTOR Peter Ederer war von 2002 bis 2004 Geschäftsführer des Kulturvereins röda, lebt heute in Zürich, arbeitet für eine Schweizer Bank und ist Schlagzeuger der Wiener Band Victor‘s Finest. 197

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