Festschrift zur Kirchweihe Steyr-Tabor 1975

und Arbeiterinnen für Steyr und Umgebung " von 1918. Am 26. Juli 1928 erwarb der kirchliche Verein „ Frohe Jugend " ein Wiesengrundstück, welches 1939 beschlagnahmt, spä- ter restituiert und erst 1972 abverkauft wurde. Der Christ- liche Arbeiter-Touristenverein Steyr baute von 1924 bis 1927 das 1928 eingeweihte Albert-Appel-Haus im Toten Gebirge. Es gab eine Ortsgruppe des Zentralverbandes christlicher Angestellter. Eine Kath .-deutsche Mittelschüler- vereinigung „ Der Turm " wurde 1928 ins Leben gerufen. 1928 entstand der „ Kath. Arbeitsbund ", eine Umbildung des Christl ichen Arbeitervereines für Steyr und Umgebung von 1913. ,,Die Getreuen " in Steyr, Landesverband kath . Mädchenvereine Oberösterreichs, entstand 1931 . Es gab katholische Jungmännervereine und Mädchengruppen um 1930, nach „ Gauen " zusammengeschlossen . Vom 27. bis 29. Juni 1931 vereinigte hier der 12. Bundestag des Reichs- bundes der Katholisch-Deutschen Jugend Österreichs über 4600 Reichsbündler. Als Ideale bestanden „Tatkatholizis- mus, Erziehung und Bildung , Heimat und Deutschtum, so- ziales Streben , Beruf und Arbeit, Gemeinschaftswirken " . Von weiteren Vereinen werden wir noch hören. Es scheint fast , als habe man alle erdenklichen Aktivitäten und Ge- sellschaftskreise mit einem lückenlosen Netz von Organi- sation überzogen. 1928 propagierte man in Steyr erstmals auch die „ Katholische Aktion ". Doch dann kam der 12./13. März 1938 mit dem „Anschluß " an das Deutsche Reich und seinen „Führer " Adolf Hitler. Mit Anfang 1939 ging die Geburts- und Sterbematriken- führung an die Standesämter über. Die Stadtpfarre mußte ab 1939 gleich den anderen Pfarren Haushaltsrechnungen führen ; 1939 konstituierten sich Pfarrkirchenräte. Die Kon- grua-Beiträge des Staates an die Kirche wurden einge- stellt. In Steyr liefen Gerüchte um, die Gläubigen müßten in Hinkunft monatliche Beiträge von 10 bis 30 RM an die Kirche leisten ; tatsächlich kam es zur Einführung der Ki r- chensteuer. Die Katholischen Vereinigungen wurden auf- gehoben ; nur der Weiterbestand des Kirchenmusikvereines und des Kirchenrestaurierungsvereines wurde im August 1940 unter gewissen Bedingungen gestattet. Einige Zahlen - sie beziehen sich auf die Stadtpfarre - mögen statistisch die Situation des Glaubens beleuchten : sie lassen erkennen, wie außerordentlich hoch besonders 1939 die Zahl der Kirchenaustritte war. Eintritte in die kath . Ki rche (Stadtpfarre Steyr) 1917-20: 5, ?, 2, 2 1921-30: 3, 5, 28, 52, 57, ?, ?, ?, 19, 39 1931--40: 36, 53, 42, 111 , 15, 27, 42, 7, 15, 36 1941--49: 25, 62, 62, 79, 148, 267, 103, 61 , 32 Austritte aus der kath . Kirche (Stadtpfarre Steyr) 1917-20: 10, ?, 31 , 74 1921-30: 416, 372, 485, 118, 82, ?, ? , ?, 87, 116 1931--40: 35, 30, 28, 97, 67, 26, 18, 363, 1 9 31 , 166 1941--49: 173, 58, 36, 15, 9, 11 , 21 , 49, 59 Bis zur Zeit des Ersten Weltkrieges war die Zahl der Ein- und Austritte vergleichsweise klein gewesen. Wozu wir die Geschichte von Politik und Kirche gestreift haben? Geschichte ist immer auch Gegenwart, auch wenn sie nicht mehr aktuell zu sein scheint. Wer nur die Gegen- wart kennt, kennt nichts ; erst Geschichte erhellt die Gegen- wart. Steyr hat eine leidvolle Geschichte hinter sich , die noch das Bewußtsein vieler älterer Bürger prägt. b . Die katholische pfarrliche Gliederung Unter Kaiser Joseph II. (1780-90) wurde das Dekanat Steyr errichtet. Es wurde mit Genehmigung der Stadthalte- rei vom 23. Juli 1850 in die Dekanate Steyr und Weyer unterteilt. 10 Die Stadtpfarre unterstand dem Patronat des Religions- fonds. Nach Erlaß des bischöflichen Ofdinariates Linz vom 16. Jänner 1893 erfolgte aus der Pfarre Christkindl die Einpfarrung der Konskript ionsnummern 526, 527, 532, 533, 535, 537; aus der Pfarre Garsten kamen die Nummern 237, 528-532, 536, 541, 542, 543 und 545 an die Stadtpfarre. Mit Erlaß des bischöflichen Ordinariates Linz vom 21 . No- vember 1942 wurden mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1943 die Ortschaften Sarning und Pyrach aus der Pfarre Garsten, der restliche Jägerberg und Neuschönau aus der Pfarre St. Ulrich ausgeschieden und der Stadtpfarre einverleibt. Nun fielen hier die Gemeindegrenzen und die Pfarrgren- zen zusammen. Nach den blutigen Ereignissen vom 12. bis 14. Februar 1934 wurde das von den Sozialdemokraten errichtete Jugendheim auf der Ennsleite vom Bund beschlagnahmt. Es wurde der kath. Kirche zur Verfügung gestellt, in eine Notkirche für die Ennsleite umgestaltet und darin am 10. Juni 1934 das erste hl. Meßopfer gefeiert. Angeschlos- sen waren ein Kinderheim und ein Kinderhort. Die Not- kirche wurde am 15. Jänner 1939 von der Hitlerjugend ver- wüstet. Über Drängen der NS-Behörden riet das bischöf- liche Ordinariat zum gewünschten Verkauf der Notkirche an die NSDAP. Der am 2. September 1939 abgefaßte Pachtvertrag verschwand jedoch spurlos noch vor seiner Unterfertigung. Die vom Stadtpfarrer Bamberger 1945 ge- wünschte Übergabe der Notkirche lehnte Bürgermeister Prokesch ab und auch vom Ordinariat Linz kam die Wei- sung , keinen Anspruch auf Objekte zu erheben , welche einst der sozialdemokratischen Partei gehört hatten . Mit Erlaß DFK/ R-2463/5-1941 wurde Steyr-Ennsleite eine Kapla- nei und Alois Kaser für ihre Betreuung bestimmt. Diese Gründung hatte aber kaum Einfluß auf die seelsorgliche Arbeit in diesem Stadtteil. Seit 1945 hat die Kirche stets ihr Augenmerk auf die Ennsleite gerichtet gehabt. Seit 1961 wurden im neuerbauten Pfarrsaal Messen gefeiert. Seit 1. Jänner 1962 war die Ennsleite Sitz einer Pfarr-Exposi- tur, die Josef, dem Patron der Arbeiter, geweiht ist. Mit 1. Jänner 1970 wurde die Ennsleite eine eigene Pfarre. Diese hat einen sehr interessanten Aufschwung genommen . Alte Bitterkeit und Vorurteile konnten in großem Ausmaß abgebaut werden. Heute strömen Gläubige, besonders junge, auch von außerhalb des Pfarrgebietes zu den Got- tesdiensten und Veranstaltungen auf der Ennsleite. In der Jugendbewegung FIO konnten 1969 die Kapläne Friedl , Haidinger und Wührer eine engagierte Bewegung schaf- fen, die weit über die Grenzen Steyrs hinaus ausstrahlt und auf Sympathie stößt. Nicht mehr so geschlossen wie einst, aber doch noch weitgehend , ist die Ennsleite ein Arbeitersiedlungsgebiet. Die Filiale „Unsere Liebe Frau vom Siege" (ehern. Domini - kanerkirche oder Marienkirche) wurde im Zweiten Welt- krieg zum Rektorat erhoben , was aber bald wieder rück- gängig gemacht wurde. Am 15. November des Jahres 1785 entstand die Vorstadt- pfarre St. Michael. Sie wurde in den Tagen der Monarchie vom Steyrer Gemeinderat vergeben , lag ja das Patronats- recht bei der Stadt. Der Bischof mußte fünf Bewerber prä- sentieren , aus denen der Gemeinderat den Pfarrer be- stimmte. Nach Dekret vom 25. Dezember 1962 wurde mit 1. Jänner 1963 der neue Stadtteil Taschlried (Holubstraße, Kudlichstraße, Taschlried , Steiner Straße 2a--4d , Ennser Straße ungerade 1-9) aus der Pfarre Gleink ausgeschie- den und der Stadtpfarre St. Michael einverleibt. - Eine umwälzende Änderung ergibt sich im Zuge der Neuerrich- tung des Pfarrzentrums auf dem Tabor 1972-75. Mit 1. November 1941 wurde die Kooperator-Expositur St. An n a mit dem Sitz in der St-Anna-Kapelle beim Waisenhaus geschaffen und ihr auch jener Teil der Pfarre Sierning zugewiesen, der bei der Eingemeindung 1938 an die Gemeinde Steyr gekommen war. - Im Hauptge-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2