150 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr

toren und Meistersingern für musikalische Darbietungen , sondern auch aus– nahmslos den Stadtbewohnern für den Hochzeitstanz zur Verfügung gestellt. Im genannten Jahr jedoch faßte der Stadtrat den Beschluß , den Bürgersleuten den Tanz auf dem Rathaus einzustellen , da er um die dort verwahrten Steuergelder fürchtete. Doch der eigentliche Grund für dieses Verbot war die damals beste– hende große soziale Kluft zwischen den wohlhabenden Kaufleuten und den weni– ger bemittelten Handwerkern. Die Ratsherren ließen es zunächst auch nicht zu, daß die Stadtmusik bei Hochzeiten der Handwerker aufspielte. Erst im Jahre 1590 wurde dem Turnermeister erlaubt , bei Eheschließungen vermögender Handwerksleute zu geigen. Die Steyrer Stadtmusikanten durften gelegentlich auch auswärts musizieren. Die Wacht auf dem Turm durfte aber nicht vernachlässigt werden. Zu Zeiten öffentlicher Trauer und im Advent sowie in der Fastenzeit war jegliche Unterhaltungsmusik untersagt. Während der Türkenkriege wurde das Spielen auf Hochzeiten gänzlich eingestellt. Als zu Beginn des Jahres 1599 die protestan– tischen Prediger aufgefordert wurden , Steyr zu verlassen , untersagte der Rat alle Lustbarkeiten. Der Stadtkapellmeister wurde vom Magistrat besoldet. Die Entlohnung betrug 1577 wöchentlich drei Taler , im 17. Jahrhundert jährlich ungefähr 150 bis 170 Gulden. Dazu kam noch das Holz- und Lichtgeld. Die Stadtgemeinde sorgte auch für Wohnung und Bekleidung. Wie die Rats- und Gerichtsdiener erhielten auch die Turner jährlich eine neue Uniform. Für die Mitwirkung beim Kirchen– chor bezahlte im 17 . und 18. Jahrhundert das Pfarrkirchenamt dem Turnermei– ster pro Jahr zwanzig Gulden und gab ihm vierundzwanzig Metzen Korn. Die Musik bei Hochzeiten und anderen Veranstaltungen brachte eine geringfügige Erhöhung des Einkommens. Wie die Kantoren am Dreikönigsfest , die deutschen Schulmeister am Gregoritag (12. März), die Lehrer der Lateinschule zu Martini (11. November) , so musizierten auch die Turner um milde Gaben zur Weih– nachtszeit vor den Häusern der Bürger. Aus den Einkünften hatte der Turner– meister den Gesellen wöchentlich zur Kost dreißig bis vierzig Kreuzer zu geben und mußte obendrein für die Instrumente aufkommen. Ein Jahrhundert lang waren Mitglieder der Familie SCHMIDTPERGER Inha– ber der Stadtturnerei. Am l. Juni 1588 übergab Veit Schmidtperger das Turner– amt seinem Sohn Balthasar , der dieses bis 1638 ausübte. In der Barockzeit wirkten durch mehrere Jahrzehnte die Stadtturnermeister Wolf Jakob LAUFFENSTEINER und Ferdinand SERTL. Lauffensteiner er– hielt am 30. Juni 1666 die Turnermeisterstelle und 1667 später das Bürgerrecht. Er mußte für neun Kinder sorgen und betätigte sich auch als Rauchfangkehrer und Komponist. Nach seinem Ableben im Jahre 1689 überließ der Magistrat das Turneramt der Witwe Susanna bis zur Übernahme durch Ferdinand Sertl im Jahre 1691. Bekanntlich geht die Entstehung der Wallfahrtskirche Christkindl auf diesen Turnermeister zurück , der, um von der Fallsucht geheilt zu werden, um 1695 von den Zölestinerinnen in Steyr ein aus Wachs geformtes Christkindl kaufte, es in die Höhlung einer Fichte in einem Wäldchen oberhalb der Ortschaft Unterhim– mel stellte und dort wöchentlich Bittandachten verrichtete. Obwohl er seine 24

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