125 Jahre Steyr-Daimler-Puch A.G. 1864-1989

10 Josef Werndls neue Welt: Ein Konzern entsteht Ein Mann hat aus kleinsten Anfangen Großes geschaffen. Sicherlich, die Zeiten waren günstig, aber Josef Werndls Tüchtigkeit war ausschlaggebend. osef Wemdl wurde in eine Welt hineingeboren, in der noch an den traditionellen Werten des Handwerks festgehalten wurde. Schon bald erkannte er aber, daß die Konkurrenzfähigkeit seines Einzelbetriebes nur durch den Einsatz von Maschinen gewährleistet werden konnte. Seiner Meinung nach lag die Zukunft in der Industrialisierung. Werndl war aber auch in eine sehr aufregende Zeit hineingeboren worden, denn durch eine ganze Reihe von Erfindungen rückte die Welt in diesen Jahrzehnten immer näher zusammen: Samuel Morse entwikkelte 1837 den ersten brauchbaren elektromagnetischen Telegraphen; Philipp Reis erdachte 1860 das Telefon; 1825 wird in England die erste dampfbetriebene Eisenbahn der Welt in Betrieb genommen; 1847 fahrt die erste österreichische Dampfeisenbahn von Wien nach Brünn. Mit der Dampfmaschine begann auch ein • neues Produktionszeitalter. Kurz: Die zweite Hälfte des 19.]ahrhunderts war eine Zeit des Auf bruchs. Und]osefWerndl hatte die Intelligenz, den Pioniergeist und den Mut, die Zeichen der Zeit zu erkennen und seine Chance zu nützen. Schon in jungen Jahren will der gelernte Gewehrmacher die Errungenschaften der damaligen Technik im elterlichen Betrieb einsetzen. Das Vorhaben scheitertjedoch am Konservativismus seines Vaters. So zieht es]ung-]osef in die Feme - in die USA. Vollbeladen mit Ideen und technischen Zeichnungen kehrt er dann nach zwei]ahren 1853 wieder in seine Heimat zurück Und einfür alle Mal,steht für ihn fest: Nur mit moderner Maschinenbautechnik und industriellen Fertigungsmethoden kann die beginnende Vorherrschaft der billigeren amerikanischen Waffen auf dem europäischen Markt gebrochen werden. Der Beginn seines Aufstiegs zum Großunternehmer fallt auf tragische Weise mit dem Tod seines Vaters zusammen. Als ältester Sohn übernimmt er den Witwenbetrieb. Er modernisiert, stellt neue Maschinen auf, kann nun aus Gußstahlblöcken Gewehrläufe herstellen. Der Umstieg vom Gewerbebetrieb in ein kleines Industrieunternehmen ist vollzogen. Die Auftragslage ist, nicht zuletzt aufGrund verschiedener kriegerischer Auseinandersetzungen, sehr gut. Gleichzeitig aber treibt Werndl die Entwicklung eines Hinterladergewehrs voran. Gemeinsam mit seinem Werkmeister Holub entwickelt er 1863 den „Wellenverschluß". Die Idee zu dieserKonstruktion soll, der Überlieferung nach, Werndl an einem Sonntag in der Heiligen Messe gekommen sein, als der Ffarrer den Tabernakel öfjnete und schloß. Daher wurde dieser Verschluß in der militärischen Umgangssprache ,,Tabemakelverschluß" genannt. Einjahr später übernimmt er den elterlichen Betrieb ganz und gründet die Firma ,Josef und Franz Wemdl & Camp., Waffenfabrik und Sägemühle". Interessant ist dabei, daß hier zum ersten Mal die handelsregisterliche Eintragung als ,,Waffenfabrik" verwendet wird. Aus dieser Waffenfabrik entwickelt sich später die „Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft", aus der in der Folge die „Steyr-Werke Aktiengesellschaft" hervorging. Somit kann]osefWerndls Firma zu

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