Die Eingliederung in das deutsche Wirtschaftsgebiet verursachte keine Schwierigkeiten. Im Herbst 1939 tauchte die Gefahr auf, daß über Veranlassung der deutschen Bakelite-Industrie, die ihren Bedarf an Holzmehl viel zu hoch einschätzte, eine neue Holzmehlfabrik in Österreich ins Leben gerufen würde. Es war daher angezeigt, selbst eine entsprechende Vergrößerung durchzuführen, um die geforderte Menge erzeugen zu können. Das Mühlengebäude wurde in den Jahren 1940 bis 1942 erheblich erweitert und zum Teil mit neuer maschineller Einrichtung versehen, die aber in der Kriegszeit nicht mehr ausgenutzt werden konnte. Das Werk erlitt keinen Kriegsschaden, doch mußte der Betrieb zufolge Verkehrsschwierigkeiten im März 1945 eingestellt werden. Erst gegen Jahresende gelang es, die Erzeugung wieder aufzunehmen und einige Waggonladungen Holzmehl im Inland und sogar in der Tschechoslowakei abzusetzen. Im folgenden Jahr konnte der Versand trotz vieler Hindernisse allmählich vorwärtsgebracht werden. Man muß daran erinnern, daß damals zum Beispiel eine Ausfuhrbewilligung für Holzmehl aus dem amerikanisch besetzten Oberösterreich und eine Einfuhrbewilligung für die unter englischer Besatzungshoheit stehende Steiermark nötig war. Es wurde als große Erleichterung empfunden, als im Herbst 1946 eine Pamchalbewilligung zur Ausfuhr von monatlich 50 Tonnen aus Oberösterreich in die anderen Bundesländer erteilt wurde. Erst im Jahre 1948 normalisierten sich die Verhältnisse. Nach dem Einbau der Sprinkleranlage war lange Zeit kein gefährlicher Brand vorgekommen. Im April 1949 aber entstand ein Feuer, dessen Bekämpfung wahrscheinlich ohne diese Anlage zu spät eingesetzt hätte. Lediglich dem automatischen Eingreifen der Sprinkleranlage ist es zu verdanken, daß das Werk gerettet wurde. Das Jahr 1949 brachte einen der schwersten Schäden, die dem Werk bisher beschieden gewesen war. Ein Hochwasser riß am 23. Mai den rechten Wehrkopf weg. Die Steyr floß durch das entstandene Loch ab, und das \Xrerk lag trocken. Eine Woche darauf wurde mit den Wiederherstellungsarbeiten begonnen und versucht, die beschädigte Stelle mit einem Fangdamm zu schließen. Bevor dies gelungen war, vernichtete am 2. .Juli ein zweites Hochwasser die begonnenen Arbeiten. Es wurde neuerlich angefangen und in der ersten Augustwoche der anscheinend recht solid gebaute Fangdamm fertiggestellt. Da kam am 16. August ein drittes schweres Ho-:hwasser, dessen Fluten Teile der zerstörten Straßenbrücke bei der Haunoldmühle auf die empfindlichste Stelle des Fangdammes anschwemmten, so daß die Spundpfosten nachgaben und der Damm einbrach. In einer Viertelstunde war die Arbeit von Wochen weggespült. Es bedeutete eine große, nicht bloß reale, sondern auch moralische Hilfe, als auf dieses neuerliche Unglück hin die oberösterreichische Landesregierung spontan und ohne Ansuchen eine außerordentliche Beihilfe in Aussicht stellte. Es wurde nun ein drittes Mal von vorne angefangen und die Arbeiten am 2. Dezember 1949 beendet. Das erste Hochwasser hatte nur den Wehrkopf beschädigt, die beiden folgenden griffen aber die übrigen Teile der W ehre so an, daß fast die Hälfte dieser Anlage neu erbaut werden mußte. Während der Zeit des Wehrbaues, in der die Turbinen trocken lagen, wurde der Strom der für den Betrieb der Fabrik und des Sägewerkes nötig war, von einem Diesellokomobil erzeugt. Der Holzmehlabsatz basiert heute vor allem auf dem Bedarf des Inlandes, da sich die Na~hfolgestaaten, die früher einmal rund ein Drittel der Produktion aufgenommen hatten, gänzlich gegen eine Holzmehleinfuhr verschließen und die Weststaaten sie durch hohe Zölle erschweren. 38 Die Firmengeschichte führte bis jetzt über 125 Jahre, eine Zcitsp;innc, die reich an Kriegen, Krisen, politischen und sozialen Umwälzungen war, deren folgen es immer wieder zu überwinden galt. Dazu haben Hochwasser und Feuer dem Unternehmen oA: arg zugesetzt. Trotzdem ist es gelungen, die Firma über alle Fährlichkeiten hinweg durch fünf Generationen der Familie zu erhalten und sie nach unvermeidlichen Rückschlägen immer wieder zu beachtlicher Höhe zu führen. Mögen sich auch in den kommenden Generationen, von denen wir die eben heranwachsende, sechste, unseren Freunden im Bilde vorstellen, genügend fähige Kräfte finden, die im Sinne ihrer Vorfahren und in sozialer Verbundenheit mit der Gefolgschaft die Firma J. & C. R e d e r achtbar und glücklich in die Zukunft führen. 39
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