~ UM JAHRESTAGE DES 125-JÄHRIGEN BESTANDES UNSERER FIRMA ERLAUBEN WIR UNS, IHNEN DIESE FESTSCHRIFT ZU ÜBERREICHEN. Wien, 1. September 1956 J. & C. RED ER )'""'--•--"''. \ fijEDt:XI ffi!@ !HOEX] IHDEXI @uq lREDU.I IRtDEXI lREDEXI lttio10(1 (!fOEX [ffol.!J [Al!DQ_j l"C..WII..AJ l" • v-.,,,.1 IJUU>~XI 1 IU: 0 E'.X 1 !REib:i'j (Rgoaxl (AEDE>g l!i@ IREnE)!j fi'{DEX! @:Elfl @ipfi} 125 JAHRE J.&C.REDER n 0 1831-1956
Mathias Rcdcr (1795- 1865) Vor 125 Jahren, am J.September 1831, eröffnete Mathias Red er (1795-L865) unter seinem Namen in Steyr eine Holzhandlung, die er im Juli dieses Jahres von Johann Kid,inger erworben hatte, und legte damit den Grundstein für die heutige Firma J. & C. Reder. Schon von altersher entwickelte sich in Steyr in Verbindung mit der Eisenwirtschaft der Holzhandel, da Holzflöße vielfach für den Transport von Eisenrohmaterial, Halbfabrikaten und Eisenwaren von Hieflau nach Steyr und weiter flußabwärts Verwendung fanden. Im ältesten erhaltenen Stadtrecht von Steyr vom 12. August 1287 ist den Steyrer Bürgern ein Stapelrecht für Eisen wie auch für Holz eingeräumt; alles Holz mußte durch drei Tage den Steyrern zu amtlichen Schätzpreisen zum Kauf angeboten werden. Obwohl sich in den Archivakten oft Hinweise auf den Handel mit Holz finden, sind erst seit dem 17. Jahrhundert Namen von Holzhändlern bekannt. Einer von ihnen, Gregor Plekenfirster, kaufte im Jahre 1675 ein Haus in der Vorstadt Ort (heute Fischergasse Nr. 4), das nach dem Beruf des Besitzers den Namen Holzhändlerhaus bekam und durch zwei Jahrhunderte beibehielt. Plekenfirster folgten acht weitere Besitzer. Im Jahre 1809 erwarb Johann Kickinger aus Stockerau das Haus sowie die Holzhandlung und gab beides mit Kaufvertrag vom 18. Juli 1831 an Mathias Reder weiter. Der Vater des Firmengründers hieß ebenfalls M a t h i a s (1745-1823) und entstammte einer in Ebelsberg bei Linz ansässig gewesenen Fischerfamilie, die dort bis 1580 urkundlich nach1
Das Pischerhaus (auf dem Bilde links) auf dem Ortskai in Steyr, erworben von Mathias Reder d. i\lteren im Jahre 1789 weisbar ist. Er zog von seinem Heimatort zuerst nach Enns und dann 1789 nach Steyr, wo er ein Haus in der Fischergasse kaufte. Sein Sohn Mathias, gleichfalls Fischer, fand aber auch an der Flößerei Gefallen, die er anfänglich nur nebenberuflich betrieb. Weitblickend und tatkräftig, erkannte er bald die wesentlich größeren Erfolgsmöglichkeiten, die der Holzhandel, damals mit der flößerei eng verbunden, gegenüber seinem ursprünglich erlernten Beruf bot, und entschloß sich umzusatteln. Der Kaufpreis für die Realitäten, Requisiten und das Lager der Holzhandlung in Steyr betrug 3000 Gulden. Leider ist nicht bekannt, mit welchem weiteren Kapital Mathias Reder seinen Holzhandel begann. Er kaufte hauptsächlich Rund- und Brennholz im Ennstal und Schnittholz von den Zeugstätten im Steyrtal. Die Bretter wurden auf dem Steyrfluß in einer Art von Flößen, rngenannten Ladenkaarln, nach Steyr und von hier ebenso wie das Rundholz nach dem FJoßhafen Schwarzholz unterhalb von Mauthausen gebracht. Dort wurde das Rundholz zu großen 2 1 11.111//t(~; 1/;;1,/; /1 / ,/, ) II, ) ~ 1/' 1 !, }'41 ;11, 11///// II I F, •//III ( /.ltl, 1 /1, y, 1 ,I 11'f1 nwj/11, ) / ) /4 1/1 I t l I • ( /1//•J. Der Ortskai in Steyr mit dem Holzhändlerhaus (das doppelgiebelige Haus am rechten Bildrand), erworben von Mathias Reder im Jahre 183 l Flößen zusammengebunden und das Schnittholz meist nach längerer Stapelung entweder auf Rundholzflößen oder in Holzschiffen, den „Traunern", weiterverfrachtet. Das Absatzgebiet der Firma lag im wesentlichen an der Donau, der Hauptverkehrsader des alten Osterreichs. Es reichte in der damaligen Zeit bis Theben, der ungarischen Grenzstadt, in welcher einige große ungarische Holzhandelsfirmen - heute würde man sie Importeure nennen - ihren Sitz hatten. Die Einkäufer dieser Firmen kamen öfters im Jahr in den Rederschen Floßhafen Schwarzholz, um dort ihren Bedarf zu decken. Sie verfrachteten das Schnittholz in großen Traunern, die sie in Lambach und anderen Schopperstätten (Bauplätze für hölzerne Donauschiffe) erwarben. Der wirtschaftliche Aufstieg, de..- sich in den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts nach Überwindung der Schäden, welche die Franzosenkriege und die finanzielle Staatskatastrophe verursacht hatten, vollzog, gab Mathias Reder die Möglichkeit, seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten zu entfalten. Bald fand er in seinem Sohn Josef Rede r (1825-1893), den er als Lehrling in eine Holzhandlung nach Wien gesandt hatte, einen willkommenen und tüchtigen Helfer. Josef war von J ugcnd auf mit dem Wasser verwachsen, weshalb er sich besonders um die Ver3
Schreibtisch und Korrespondenzablagekasten von Mathias Rcdcr besserung und Erweiterung der Transportmöglichkeit auf dem Wasser im Rahmen der Firma bemühte. Er legte 1847 die Schiffmeisterprüfung ab und begann seine Tätigkeit vorerst mit einem Schiffzug, der, wie damals üblich, aus einer Reihe von Schiffen und zwölf Paaren schwerer Zugpferde für die Bergfahrt bestand. Fifr die Anschaffung dieses Schiffzuges waren 10.000 Gulden C. M. erforderlich. Bald konnte ein zweiter Schiffzug eingestellt werden. Die Schiffahrt spielte in der damaligen Zeit eine überragende Rolle im Wirtschaftsleben. Eisenbahnen gab es noch nicht, der Zustand und die Führung der Straßen ließen viel zu wünschen übrig, so daß der Warenverkehr zu Lande sehr umständlich, zeitraubend und mit hohen Kosten verbunden war. Wo immer es daher anging, wurde der Wasserweg, insbesondere fi.ir Massengüter wie Holz, vorgezogen. Nach dem ersten Bericht der Handelskammer in Linz führten die beiden Steyrer Schiffmeister Mayer und Rcdcr im Jahre 1851 unter anderem 2000 Tonnen Eisenwaren, Jose f R.cdcr ( 1825- 1893) 9200 Kälber und 2000 Klafter (das sind rund 14.000 Raummeter) Brennholz, ennsabwärts. Getreide, Kartoffeln und Wein wurden dagegen von Ungarn und Niederösterreich nach Steyr gebracht. Mit der Erbauung der Eisenbahnen ging diese Art der Schiffahrt immer mehr zurück und fand in den letzten Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts ihr Ende. Inzwischen hatte sich aber die Holzhandlung in Steyr so gut entwickelt, daß die Einschränkung beziehungsweise die Auflassung der Schiffmeisterei keine allzu schädigende Rückwirkung hatte. Begann doch damals die sogenannte Gründerzeit, in der die Bautätigkeit ganz außerordentlich rege war und dementsprechend auch ein großer Bedarf an Bau- und Brennholz vorlag. Mathias Reder konnte sich während der langen Jahre seiner Tätigkeit im Holzhandel ein bedeutendes Vermögen erwerben, was wohl am besten daraus hervorgeht, daß er seinen vier Söhnen noch bei Lebzeiten selbständige Wirkungskreise gründete und seine beiden Töchter reichlich mit Mitgift bedenken konnte. Er stand bei seinen Mitbürgern in hohem Ansehen, wurde von der Bruderschaft der bürgerlichen Floß~ und Schiffleute von Steyr im Jahre 1838 zum Zöchmeiscer gewählt und bekleidete dieses Ehrenamt bis zu seinem Tod am 5. Oktober 1865. Nach ihm übernahm sein Sohn Josef Reder, der sich bis dahin hauptsächlich mit der S::hiffmeisterei befaßt hatte, nunmehr auch die Holzhandlung. Seine erste Bilanz aus dem Jahre 1865, von der an alle Jahresabschlüsse der Firma erhalten geblieben sind, weist ein Vermögen von 51.000 Gulden ö. W. aus. Im Jahre 1869 errichtete Josef Reder eine ständige Vertretung in Wien. 5
Das Schiffmcisterhaus in Ennsdorf (heute Steyr, Haratzmüllcrstraßc 3), erworben von Josef Rcdcr im Jahre ·1848 Zwei Jahre später erwarb er an der Mündung des Ramingbaches in die Enns ein großes Grundstück und baute dort ein viergattriges Dampfsägewerk; daneben hatte er noch eine kleinere Säge in Neuzeug an der Steyr gekauft und zwei andere Werke gepachtet. Für diese vier Betriebe wurden auf dem Steyrfluß jährlich ungefähr 22.000 Festmeter Blochholz getriftet sowie bedeutende Rundholzschlägerungen zur Sicherung des Rundholzbedarfes durchgeführt. Infolge des sehr großen Holzverbrauches für die Bauten der Wiener Weltausstellung und für den Ausbau Wiens konnte die Firma im Jahre 1872 allein nach Wien 190 Donauflöße mit rund l 00.000 Kubikmeter Rund- und Schnittholz liefern. Der Wirtschaftskrach des Jahres 1873 brachte schwere Verluste und eine allgemeine Geschäftsabschwächung, welche bis zum Ende der Achtzigerjahre spürbar war. Um den Absatz6 Carl Rcder (1856-1943) schwierigkeiten im Inland zu begegnen, schuf Josef Reder einen Ausgleich durch Exporte von Schnittmaterial nach Bayern, Sachsen und in das Saargebiet. Im Jahre 1879 pachtete er in Wien neben der heutigen Friedensbrücke am Ufer des Donaukanals einen Lagerplatz und errichtete darauf eine Holzhandlung, eine Entscheidung, die für die \Veiterentwicklung der Firma von grundlegender Bedeutung war. Am 1. März 1881 übergab Josef Reder seinen beiden Söhnen Josef (1854-1885) uncl Ca r 1 (1856-1943) das Unternehmen und zog sich in das Privatleben zurück. Er starb im Jahre 1893. Auch er hatte sich, wie sein Vater, die rückhaltslose Anerkennung seiner Mitbürger durch seinen lauteren Charakter und seine stete Hilfsbereitschaft erworben. Acht Menschen verdanken ihm ihr Leben, die er unter Einsatz des eigenen Lebens aus den hochgehenden Fluten der Steyr, Enns und Donau rettete. Er war sechs Jahre Obmann der Bausektion des Steyrer Gemeinderates und stand dreißig Jahre hindurch als Obmann der Steyrer Schiffergenossenschaft vor. Seine Söhne, die eine gediege11e Ausbildung auch im Ausland erhalten hatten, unterstützten schon mehrere Jahre ihren Vater im Geschäft und ließen das Unternehmen als „Offene Handelsgesellschaft" unter der heute noch bestehenden Firmenbezeichnung J. & C. Rede r im Handelsregister eintragen. Das Sägewerk am Ramingbach fiel im Jahre 1884 samt allen Vorräten einem Brand zum Opfer. Es wurde nicht wieder aufgebaut, was sich später als richtig erwies, weil es sicher einer Ver7
Der Engelhof in Steyr, erworben von Carl Reder im Jahre 1886 nichtung durch das katastrophale Hochwasser von 1897 nicht entgangen wäre. Als Ersatz wurde das große Sägewerk der „Allgemeinen Baugesellschaft" in Wien an der Brigittenauer Lände in Pacht genommen, das durch achtzehn Jahre hindurch im Betrieb der Firma blieb. Im gleichen Jahr mußte Josef Reder wegen eines schweren Lungenleidens seine Mitarbeit in der Firma aufgeben. Er suchte vergebens in Agypten Heilung und starb 1885 in Kairo. Carl Reder wurde nun Alleininhaber der Firma, deren Geschicke zu lenken er für mehr als sechzig Jahre berufen war. 1896 kaufte er die an der Steyr im Gemeindebezirk von Waldneukir.chen gelegene Hör m ü h I e, ein zweigattriges Sägewerk, zu dem auch eine Getreidemühle gehörte. Die Rundholzversorgung des Sägewerkes erfolgte zum größten Teil aus dem Gebiet von Windischgarsten und dem Steyrtal, von wo das Holz auf der Steyr bis zur Hörmühle getriftet wurde. Als Ende Juni 1897 die erste der beiden bekannten Hochwasserkatastrophen der Jahr8 hundertwende eintrat, lagen noch etwa 8000 Festmeter Rundholz, ungefähr die Hälfte der für das \'{/erk bestimmten Jahresmenge, an der Sperrbrücke. Als dazu noch in kurzen Abständen große Mengen von Triftholz aus den gebrochenen Sperren in Klaus und St. Pankratz flußabwärts kamen, konnte die Sperrbrücke diesem ungeheuren Druck nicht widerstehen und brach, so daß das gesamte Holz fortgeschwemmt wurde. Wohl konnte ein Teil davon noch an der Steyr und am Ennsfluß geborgen werden, doch war der Schaden außerordentlich hoch, da das Hochwasser auch zwei Brücken, die bei der Hörmühle und eine bei Neuzeug, mitgerissen hatte und beide neu erbaut werden mußten. Mit den Hochwasserschäden, die der Firma noch bei den Lagerplätzen an der Enns und an der Donau entstanden, erreichte der Verlust einen Betrag von rund 100.000 Gulden. Diese Kapitaleinbuße war noch lange nicht überwunden, als zwei Jahre später ein neuerliches, noch größeres Hochwasser, diesmal an der Enns, einen ebenw hohen Verlust brachte. Durch diese beiden Katastrophen war ein bedeutender Teil des Betriebskapitals verlorengegangen. Für Carl Reder folgten sehr harte und entbehrungsreiche Jahre. Er gab sich aber nicht geschlagen und begann mit zähem Fleiß und unermüdlicher Arbeitskraft die durch die Verluste notwendig gewordene Reorganisation der Firma. Der Umfang des Geschäftsbetriebes mußte den verminderten Betriebsmitteln angepaßt und entscheidende Sparmaßnahmen eingeführt werden. Erschwerend kam hinzu, daß um die Jahrhundertwende die Baukonjunktur nachließ und sich Absatzschwierigkeiten bemerkbar machten. Dies erleichterte aber andererseits Carl Reder den zweifellos richtigen Entschluß, das Büro in Steyr aufzulassen und im Jahre 1902 den Pachtvertrag für das Sägewerk der „Allgemeinen Baugesellschaft" nicht mehr zu erneuern. Der Rundholzhandel wurde nunmehr auf einem bereits 1896 erworbenen großen Grundstück an der Brigittenauer Lände in Wien, in der Nähe der Jubiläumsbrücke (heute Heiligenstädter Brücke), abgewickelt, das Schnittholz dagegen gelangte auf dem im Jahre 1893 von der Firma Poschacher gepachteten Lagerplatz, Treustraße 35, zum Verkauf, wohin nunmehr auch das Firmenbüro verlegt wurde. Der Rundholzhandel, insbesondere nach Wien, ging seit den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts erheblich zurück. Ursache dafür war nicht nur die billigere Erzeugungsmöglichkeit des Schnittholzes auf den vielen forstnahen Sägen gegenüber den absatzorientierten in Wien gelegenen Werken, sondern auch die durch den Aufschwung des Betonbaues gegebene Anderung der Bauweise, bei welcher viel weniger Holz als bisher zur Verwendung kam. Der durch die Entwicklung zwangsweise geringer .gewordene Rundholzumsatz stellte schließlich eine Rentabilität des ausgedehnten Flößereibetriebes, der sich von Landl an der Enns bis Preßburg erstreckte und mit bedeutenden Regien und Risken verbunden war, in Frage. Da auch für die Zukunft dem Rundholzhandel eine günstige Prognose nicht gestellt werden konnte, entschloß sich Carl Reder, diesen, zumindest wie er bisher betrieben wurde, aufzugeben und sich mehr auf den Handel mit Schnittholz einzustellen. Die Schnittholzvorräte wurden bedeutend vermehrt, ein Laubschnittholzlager angelegt und 1911 ein Hobelwerk auf dem vergrößerten Platz, \XTien XX, Treustraße 35, errichtet. Im gleichen Jahr begann Josef Reder, der einzige Sohn Carl Reders, nach dem Besuch der Handelshochschule Leipzig in der Wiener Firma seine Tätigkeit, welche jedo:::h nur knapp 3 Jahre dauerte, da er im ersten Weltkrieg am 1. August 1914 einrücken mußte und bis 1917 9
Josef Reder als Offizier an der Front stand. In diesem Jahr wurde er für die Holzmehlfabrik, welche wichtige Kriegsaufträge durchzuführen hatte, freigestellt und trat als Gesellschafter in das Unternehmen ein. Seither widmet Josef Reder seine Arbeit hauptsächlich der Leitung der Fabrik. Für die Erweiterung des Schnittholzhandels erwies es sich damals als zweckmäßig, Einkaufsgebiete für die Firma zu erschließen, deren Transportwege zur Donau gravitierten, um die billigere Wasserfracht auszunützen. Das Schnittholz wurde auf eigene oder gepachtete Lagerplätze an der Donau geführt und von betriebseigenen Traunern bis zu dem am Donaukanal in Wien gelegenen Lagerplatz gebracht. Diese Transportmöglichkeit war besonders im ersten Weltkrieg von großer Bedeutung, weil durch sie den damals ofl: sehr bedeutenden Schwierigkeiten im Bahnverkehr ausgewichen werden konnte. Aus den Gefahren der Inflationszeit wußte Carl Reder auf Grund seiner reichen Geschäftserfahrung die Firm:i gut herauszuhalten und Substanzverluste zu vermeiden. 1922 konnte der 10 Lagerplatz Treustraße durch Kauf eines Grundstückes vergrößert werden, und schließlich wurde 1928 der bisher gepachtete Teil des Lagerplatzes käuflich erworben; damit war die größtmögliche Ausweitung des heutigen Hauptlagers erreicht. Eine 1931 erbaute Trockenanlage gestattet es, die Kunden mit sofort verarbeitungsfähigem Material zu bedienen. Die Konkurrenzverhältnisse in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg waren infolge der großen Übersetzung des \Viener Holzhandels sehr schwierig. Es bedurfte zäher Arbeit und großen Fleißes, um sich zu behaupten und das Unternehmen vorwärtszubringen. Eine Erweiterung des Geschäftsumfanges wurde durch die Aufnahme des Handels mit Sperrholz- und Paneelplatten sowie durch Intensivierung des Streckengeschäftes und des Exportes erreicht. Jahre schöner Erfolge wurden durch die Auswirkungen der im August 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise unterbrochen, die Österreich besonders hart traf, weil die katastrophalen Folgen der Zerreißung des großen Wirtschaftsgebietes der Monarchie noch nicht überwunden waren. Viele der zu stark auf Kreditbasis aufgebauten Industrie- und Handelsbetriebe brachen zusammen, wodurch die sie finanzierenden Banken nicht selten so geschwächt wurden, daß sie ebenfalls in Not gerieten. Damit waren sie ihrerseits nicht mehr in der Lage, auch guten Indu,trien weiterhin in ausreichendem Maß Finanzierungsinstitut zu sein, wodurch wieder mancher lebensfähige Betrieb zugrunde ging. Diese Wechselwirkung brachte es mit sich, daß es zeitweise kaum möglich war, auch nur mit einiger Sicherheit die Bonität der Kunden richtig einzuschätzen. Die Insolvenzverluste der Firma in dieser Zeit waren schwer. Es gelang jedoch unter Zuhilfenahme aller Reserven und mit einem außergewöhnlichen Arbeitseinsatz der Widerwärtigkeiten Herr zu werden und die Gefahr für die eigene Firma zu bannen. In wenigen Jahren konnten durch die sorgsame Pflege des Geschäftes und durch eine äußerst vorsichtige Kreditgewährung die in der Krisenzeit verursachten Verluste ausgeglichen werden. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse blieben aber weiterhin labil, bis die bekannten Ereignisse des Jahres 1938 eintraten. Die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich brachte eine grundlegende Anderung der Marktverhältnisse. Der bedeutende Holzüberschuß Österre;chs, der bisher ofl: nur unter großen Schwierigkeiten und zu schlechten Preisen exportiert werden konnte, fand zur Gänze Absatz im J nland. Darüber hinaus wurde die Einfuhr von Nadel- und Laubschnittholz aus allen europäis::hen Holzexportländern stark erweitert, wobei österreichische Firmen sich hauptsächlich beim Import aus den südosteuropäiscben Staaten, wie Ungarn, Slowakei, Jugoslawien, Rumänien und Bulgarien, betätigen konnten. Hatte unsere Firma auch schon vor 1938, dem damaligen bescheidenen österreichischen Bedarf entsprechend, hochwertige Nadel- und Laubschnitthölzer aus den südosteuropäischen Staaten und Polen eingeführt, so wurde nunmehr die Einfuhr stark ausgebaut und ein großes Lager von Importhölzern angelegt. Rasch wandelte sich der bisherige Käufermarkt zu einem Verkäufermarkt und wurde mit dem Fortschreiten der Verknappung der Rohstoffe von einer preis- und mengenmäßig gelenkten Marktordnung abgelöst. Stabile Preise, niedrige vorgeschriebene Handelsspannen, dafür aber große Umsätze, sehr geringes Risiko, flüssige Zahlungsweise, sind kennzeichnend für die:e \Virtschaftsepoche, die der Firma eine bedeutende Vergrößerung brachte, hauptsächlich deshalb, weil die fürs erste wenig rentabel erscheinende Erfüllung der in mancher Hinsicht neuen an den Handel 11
Dr. Franz Redcr gestellten Anforderungen als unvermeidbar erkannt und die hiezu notwendig::!n organisatorischen Maßnahmen rasch und wirksam durchgefi.ihrt wurden. Am 1. Jänner 1939 trat Dr.Franz Rede r, der bereits seit 1922 in der Firma tätig war, seit 1929 als Prokurist, als Gesellschafter ein und leitete neben dem damaligen Seniorchef Carl Reder die Holzhandlung in \Vien. Er wurde zu mehreren führenden ehrenamtlichen Funktione!1 in der Holzwirtschaft berufen. Die wesentliche Vergrößerung des Aufgabenbereiches der Firma machte den ßau eines neue!1 Bi.irobauses erforderlich, der 1939 fertiggestellt wurde. Die Deckung des Bedarfs der Kunden erfolgte über 4 Wiener Lagerplätze, aber auch das Streckengeschäft (waggonweiser Verkauf) wurde sehr gepflegt, so daß in Kürze die Firma eine führende Stellung im Wiener Holzhandel einnahm. Das 1939 gänzlid1 umgebaute und mit modernen Gattern versehene Sägewerk der Hörmühle erwies sich als eine starke Hilfe bei der damals ofl: schwierigen Holzbeschaffung. 12 Das im Jahr 1939 erbaute Bürohaus Haupteinfahrrnor atts Urchcnhol7
Gcfolgschafl:sraum füirocingang Wasch- und Duschraum fLir die Arbcircrschafl: Drr alte l rnp langsraum
Am 19. März 1943 starb Carl Reder im 87. Lebensjahr. In den sechs Jahrzehnten, in welchen ihm die Verantwortung für die Firma auferlegt war, mußte er harte Schicksalsschläge hinnehmen und viele schwierige Entscheidungen treffen. Seinem bewunderswerten Optimismus, seinem Weitblick und seiner klaren Entschlußkraft hat das Unternehmen viel zu verdanken. Nach seinem Tod verblieben als Gesellschafter der Firma sein Sohn Josef Reder und Dr. franz Reder. Kriegsbedingte Einschränkungen und Schwierigkeiten aller Art machten sich immer mehr fühlbar und stellten enorme Anforderungen an die Betriebsführung und Gefolgschaft; ein fortge:etztes Improvisieren war erforderlich. Der 12. März 1945 brachte wwohl der Familie als auch dem Unternehmen schweres Unheil. ßei den Kämpfen an der Ostfront fand der einzige Sohn Josef Reders, noch nicht zwanzig Jahre ::ilt, den Soldatentod. Am gleichen Tag vernichtete bei einem der schwersten Pliegerangriffe, die Wien erlebt hat, eine Bombe den größten Teil des Zentralbürogebäudes und mehrere andere richteten auf den Lagerplätzen erhebliche Schäden an. \'(lährend der letzten Kriegshandlungen in Wien brannte das Hauptlager für Importhölzer, welches einige Tage direkt zwischen den Kampflinien lag, mit über 4000 Kubikmeter hochwcrtißen Laubschnitthölzern samt allen Baulichkeiten restlos ab. Die Vorräte der anderen Lager fielen fast zur Gänze der Plünderung zum Opfer. Außerdem wurden für den Heeresbedarf der Besatzungsmacht bedeutende Mengen requiriert. Übrig blieben im wesentlichen nur einige hundert Kubikmeter Laubhölzer, die zur größeren Sicherheit des Luftschutzgrabens über diesen gestapelt waren und sich wegen ihres großen Gewichtes und der Höhe des Stapels zum Plündern nicht gut eigneten. Der gesamte Fuhrpark ging verloren, von den anderen Mobilien blieb nur wenig Brauchbares erhalten. Trotzdem wurde sofort nach Beendigung der Kriegshandlungen unter in jeder Beziehung außerordentlich schwierigen Verhältnissen mit der „Wiederbelebung" der Firma begonnen. I da Rede r, welche in der Firma seit 1931 tätig ist, wurde 1947 als Gesellschafter aufgenommen. Sie hatte unmittelbar nach der Besetzung als einziges damals in Wien anwesendes Familienmitglied oft einen schwierigen Stand und erwarb sich auch in der Folgezeit, in der heute kaum mehr verständliche Ausnahmegesetze galten, um die Firnn erhebliche Verdienste. Das Haupthindernis für die Versorgung in den ersten „Friedensjahren" lag im Fehlen fast aller Verkehrsmittel. Es darf wohl als eine außerordentliche Leistung unserer Firma festgehalten werden, daß noch vor Aufn::ihme des normalen Bahnverkehrs dreizehn Eisenbahnzüg:! mit Schnittholz, als von der Besatzungsmacht bewilligte „Probefahrten" eines Bundesbahnausbesserungswerkes, oft unter abenteuerlichen Begleitumständen, nach Wien gebracht werden konnten. Die damaligen Schwierigkeiten, einigermaßen fahrbereite Lastkraftwagen anzuschaffen und sie angesichts des krassen Ersatzteilmangels in Betrieb zu halten, sind heute kaum mehr vorstellbar. Aber auch diese Klippe wurde überwunden und bereits Anfang 1946 verfügte die Firma über zwei schwere Lastwagen, denen bald weitere folgten. Heute besteht der firmeneigene Fuhrpark aus 23 Motorfahrzeugen. Unter bewußtem Verzicht auf die damals wie in jeder Zeit größeren Warenmangels vielfach üblichen Geschäfte zweifelhaften Charakters war es das Bestreben der Firma, den vordring16 Ida Reder liehen echten Bedarf nach besten Kräften zu decken und den alten Kundenstock wenigstens mit dem notwendigsten Holz zu versorgen. Gleichzeitig wurde begonnen, Exportverbindungen aufzunehmen, um den Arbeitsbereich auf eine breitere Basis zu stellen. So konnte beispielsweise bereits Ende 1946 eines der ersten Kompensationsgeschäfte mit Ungarn zustande gebracht werden, dem bald Lieferungen nach der Levante und anderen Ländern folgten. Heute exportiert die Firma nach allen Märkten, die für österreichisches Holz in Frage kommen. Kurz nach Kriegsende ergab sich für die Firma die Möglichkeit, der in den letzten Jahren immer mehr zu Tage tretenden Veränderung in der Holzverwendung Rechnung zu tragen und den schon bisher betriebenen Handel mit Sperrholz- und Paneelplatten stark zu erweitern. Die hiezu notwendigen Lagerhallen wurden gebaut und auch der Handel mit Faserplatten und Furnieren aufgenommen. Die Furniere werden hauptsächlich in Lohnmesserung von Rundholz 17
eigenen Aufkommens erzeugt. Der große Schwellenbedarf der Osterreichischen Bundesbahnen und des Auslands nach dem Krieg gab die Veranlassung, auch die Schwellenproduktion beziehungsweise den Schwellenhandel in größerem Ausmaß dem Tätigkeitsfeld der Firma einzubeziehen. Im Jahre 1949 wurde das wiederaufgebaute und um ein Stockwerk vergrößerte Bürohaus in Benützung genommen, 1951 konnte der wirtschaftliche Leistungsgrad der Jahre 1939-1944 wieder erreicht und seither jährlich gesteigert werden. Der fast gänzliche Ausfall der Importe von hochwertigen Laubhölzern aus den Südoststaaten ließ es geraten erscheinen, die österreichischen Laubhölzer mehr nach den Wünschen der Verarbeiter auszuformen und vor allem auch schälfähiges, hochwertiges Rundholz zu verschneiden. Hiezu wurde eine moderne Blochbandsäge mit den dazugehörigen Nebenmaschinen angeschafft und in einem Sägewerk in Korneuburg eingebaut, das seit Jahren ausschließlich und ganzjährig für uns Lohnschnitt durchführt. Das Sägewerk Grünburg erhielt zusätzlich eine Trockenanlage sowie eine Dämpfanlage zur besseren Verwertung des Buchenschnittholzes, ebenso, um die Rundholzversorgung des Sägewerkes zu erleichtern, eine moderne Seilbahn und einen entsprechenden Fuhrpark mit Ladekranen. Die Trift wurde, zumal sich die Holzaufbringung im Steyrtal immer ungünstiger gestaltete, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die damit verbundenen Hochwasserrisken - im Jahre 1949 zerstörte ein Hochwasser das letzte Mal die Triftbrücke - aufgegeben. 1954 konnte ein Sägewerk in Judendorf bei Graz langfristig gesichert und der dazu für die Bringung und Zufuhr des Rundholzes nötige Fuhrpark erworben werden. Da in dieser Gegend größere Mengen Buchenrundholz anfallen, wurde auch dort eine moderne Dämpfanlage errichtet. Die Pirma verfügt somit über drei Sägewerksproduktionen und erzeugt einen erheblichen Teil des von ihr zum Absatz gelangenden Nadelschnittholzes selbst. Wenn auch die Kapazität jedes der drei Werke, gemessen an modernen Großsägewerken, bescheiden ist, so erweist sich doch ihre standortliche Trennung gegenüber einer Konzentration für das Gesamtunternehmen vorteilhafter. Die starke Übersetzung der österreichischen Sägeindustrie macht die Rohholzaufbringung für den überwiegenden Teil der nicht forsteigenen Sägewerke schwierig. Je größer die Kapazität, desto größer und damit frachtteurer muß im allgemeinen das Rundholzeinzugsgebiet abgegrenzt werden. Zu groß gewählte Kapazität ist nur zu oft daher der Feind der Rentabilität. Abgesehen von diesem Gesichtspunkt kann jede der drei Produktionsstätten infolge der verschiedenen geographischen Lage besondere Aufgaben für das Unternehmen nach der Absatzseite hin erfüllen. Das Werk Korneuburg liefert kurzfristig auch schwierige Dimensionsaufträge hauptsächlich für die Abnehmer der Wiener Holzhandlung; außerdem werden dort die vor allem im südöstlichen Teil Niederösterreichs in bedeutenden Mengen aufbringbaren Laubhölzer fachgemäß eingeschnitten. Das Werk Grünburg liegt frachtgünstig für den Export nach den nordwestlichen Abnehmerländern, vornehmlich für Deutschland, Holland und Frankreich, während das Werk Judendorf mehr für die Lieferung nach den südlichen Exportrichtungen bestimmt ist. Zusammen mit einer gut eingespielten Ein- und Verkaufsorganisation sowie auf Grund einer stattlichen Zahl von vielfach über Jahrzehnte reichenden Geschäftsverbindungen, präsentiert sich heute die Firma J. & C. Reder als ein sowohl für die Inlandsversorgung als auch für den Export gut fundiertes, in jeder Beziehung leistungsfähiges Unternehmen seiner Art. 18 ßürohaus und Plattenhalle, Straßenfront Bürohaus, Hofansicht
Empfangsraum Teilansicht von ß... •• u1 oraumen Chcf„immcr
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Lagerschuppen fi.ir den Detailverkauf Kanzlcigcb~udc und Teilansicht des ßahnlagerplatzes am Nordwestbahnhof Wien Stapelkran
Teilansicht des Bahnlagerplanes am Franz-Josefs-Bahnhof in Wien Anfuhr von Faser- und Grubenholz und vom Sammellager Weins-Ysperdorf a. d. Donau Grubenholz für Deutschland - Verladung ,n \X1cins auf Donauschlepp
Schwellen fiir die Ostcrrcid1isd1en Bundesbahnen Sd,nicc- und 1-aserholzstapel im Sammellager Martinsberg Ahorn und NulHurnicrH:immc
ßlochbandsäge 111 l orneuburg ßringen und Verladen \-on schwerem Eichenrundholz Sägewerk und Dämpfanlagc 111 Judendorf 111 Steiermark
Teilansicht der Sägehalle und des Rundholzlagcrplaczcs de,· I-1··. ·· 1,1 ' U I lllll C Ein alter und ein moderner Kran ~ - L.iJ,.J. 11
Teilansid,c des Lagerplatzes Hörmühle Für den Export vorbereitet DIE HOLZMEHLFABRIK Die Hörmühle, die - wie erwähnt - einen Sägewerks- und Mühlenbetrieb umfaßte, war ursprünglich zur Sicherung des Schnittmaterialbedarfes erworben worden. Der Betrieb der Getreidemühle war zufolge der damaligen starken Konkurrenz der ungarischen Mühlenindustrie verlustbringend, weshalb Carl Reder nach irgendwelchen anderen geschäftlichen Möglichkeiten zur besseren Ausnützung der Anlage suchte. Er wurde in Sachsen auf Holzmehl aufmerksam gemacht. Die Erzeugung dieses Artikels versprach nicht nur die Verwertung der W asserkrafl:, sondern auch die Ausnützung des Sägespäneabfalles, dessen Beseitigung fast immer Kosten verursachte. Nach längeren Versuchen wurde im Jahre 1901 mit der Erzeugung begonnen. Man stellte sich allerdings den Obergang von einer Getreidemühle auf eine Holzmehlfabrik einfacher vor und hatte keine Ahnung von der Feuergefährlichkeit eines solchen Werkes. Nachdem Carl Reder die Zeit fehlte, sich dem Ausbau des neuen Unternehmens zu widmen, verband er sich 1902 mit Emil Kullmann, mit dem er eine „Offene Handelsgesellschaft" zum Betrieb der Hörmühle gründete. Man sammelte langsam Erfahrungen und verbesserte schrittweise die maschinelle Einrichtung für die neue Erzeugung. Bald zeigte sich, daß hin und wieder Entzündungen und kleinere Brände vorkamen, die man aber immer unterdrücken konnte. In der Nacht zum 5. April 1904 gelang dies jedoch nicht mehr, und das Mühlengebäude und das anschließende Sägewerk brannten bis auf die Grundmauern nieder. Die beiden Gesellschafter entschlossen sich, das Werk auf Grund der gewonnenen Erfahrungen wieder aufzubauen und vor allem die Wasserkraftanlage in zeitgemäßer Weise zu modernisieren. Ing. Vargason schuf die Betonbauten, I. M. Voith lieferte die Turbinen und die Mühlenbauanstalt Nemelka in Wien die Mühleneinrichtung. Um das Feuerrisiko zu vermindern, wurde das Sägewerk 200 Meter weit entfernt vom Mühlengebäude neu aufgestellt. Gegen Ende November konnte der Betrieb bereits wieder aufgenommen werden, der sich, von kleineren Rückschlägen 35
Die Hörmühle im Jahre 1902 abgesehen, stetig entwickelte. Die Hauptabnehmer vor dem ersten Weltkrieg waren Papierfabriken, die jene voluminösen Papiere herstellten, die zum Einwickeln der Zuckerhüte dienten. Das Holzmehl wurde größtenteils innerhalb der österreichisch-ungarischen Monarchie abgesetzt und nur wenig exportiert. Nach dem im Juni 1914 erfolgten Ableben Emil Kullmanns fiel die Leitung des Unternehmens wieder Carl Reder zu. Der Ausbruch des ersten Weltkriegs legte zufolge der Einrückung vieler Arbeiter das Werk vorerst still, später gelang es aber doch, die Produktion, wenn auch in sehr beschränktem Umfang, wieder aufzunehmen und sie auf Grund größerer Bestellungen der k. u. k. Pulverfabrik Blumau im Jahre 1917 auch erheblich zu erweitern. Diese Aufträge ermöglichten es, die benötigten Arbeitskräfte und Josef Reder vom Militärdienst frei zu bekommen, der, zurückgekehrt aus dem Felde, sofort die Leitung der Fabrik übernahm und den Anteil des verstorbenen Emil Kullmann erwarb, womit das Unternehmen wieder in den Alleinbesitz der Familie zurückkehrte. Josef Reder trat nunmehr - wie bereits erwähnt - als Gesellschafter in die Firma ein. In den letzten Kriegsjahren war zufolge der schlechten Qualität des Brotes vielfach die Ansicht verbreitet, daß Holzmehl zum Strecken verwendet würde. Wohl wurden vom Armeeoberkommando derartige Versuche gemacht, doch mußte die Absicht, das Brot auf diese Art zu 36 Die heutige Holzmehlfabrik „Hörmühle" ,,vermehren", aufgegeben werden, weil die benötigten enormen Mengen Holzmehl nicht herstellbar waren und die hiezu erforderlichen Maschinen nicht aufgetrieben werden konnten. Der Zusammenbruch der Monarchie brachte einen völligen Stillstand des Geschäftslebens mit sich. Diese unfreiwillige Ruhe wurde zu einer gründlichen Überholung des \'v'erkes benutzt. lm Spätsommer 1919 begann sich die Lage endlich zu bessern, und es gelang, zuerst in die Schweiz, dann nach Italien und f-rankreich Holzmehl auszuführen sowie auch größere Abnehmer in Deutschland zu finden. Im Jahre 1920 wurde das Fabriksgebäude vergrößert, in den folgenden Jahren die maschinellen Einrichtungen so verbessert, daß die Leistung gegenüber der Zeit vor dem Kriege verdoppelt werden konnte. Als Folge einer Staubexplosion kam es 1920 zu einem äußerst gefährlichen Brand, der die Veranlassung gab, das Werk durch eine automatische Peucrlöschanlage (Sprinkler) zu schützen. Zwischen 1920 und 1930 wurden ungefähr 85 0(, der Erzeugung nach den Osterreich unmittelbar benachbarten Ländern sowie nach Frankreich, Polen, Bulgarien und Griechenland ausgeführt. Dieses Verhältnis änderte sich nach dem Jahre 1931, da durch Zollerhöhungen der Importländer die Ausfuhr zurückging. Glücklicherweise entstanden dafür neue Großabnehmer in Osterreich. 37
Die Eingliederung in das deutsche Wirtschaftsgebiet verursachte keine Schwierigkeiten. Im Herbst 1939 tauchte die Gefahr auf, daß über Veranlassung der deutschen Bakelite-Industrie, die ihren Bedarf an Holzmehl viel zu hoch einschätzte, eine neue Holzmehlfabrik in Österreich ins Leben gerufen würde. Es war daher angezeigt, selbst eine entsprechende Vergrößerung durchzuführen, um die geforderte Menge erzeugen zu können. Das Mühlengebäude wurde in den Jahren 1940 bis 1942 erheblich erweitert und zum Teil mit neuer maschineller Einrichtung versehen, die aber in der Kriegszeit nicht mehr ausgenutzt werden konnte. Das Werk erlitt keinen Kriegsschaden, doch mußte der Betrieb zufolge Verkehrsschwierigkeiten im März 1945 eingestellt werden. Erst gegen Jahresende gelang es, die Erzeugung wieder aufzunehmen und einige Waggonladungen Holzmehl im Inland und sogar in der Tschechoslowakei abzusetzen. Im folgenden Jahr konnte der Versand trotz vieler Hindernisse allmählich vorwärtsgebracht werden. Man muß daran erinnern, daß damals zum Beispiel eine Ausfuhrbewilligung für Holzmehl aus dem amerikanisch besetzten Oberösterreich und eine Einfuhrbewilligung für die unter englischer Besatzungshoheit stehende Steiermark nötig war. Es wurde als große Erleichterung empfunden, als im Herbst 1946 eine Pamchalbewilligung zur Ausfuhr von monatlich 50 Tonnen aus Oberösterreich in die anderen Bundesländer erteilt wurde. Erst im Jahre 1948 normalisierten sich die Verhältnisse. Nach dem Einbau der Sprinkleranlage war lange Zeit kein gefährlicher Brand vorgekommen. Im April 1949 aber entstand ein Feuer, dessen Bekämpfung wahrscheinlich ohne diese Anlage zu spät eingesetzt hätte. Lediglich dem automatischen Eingreifen der Sprinkleranlage ist es zu verdanken, daß das Werk gerettet wurde. Das Jahr 1949 brachte einen der schwersten Schäden, die dem Werk bisher beschieden gewesen war. Ein Hochwasser riß am 23. Mai den rechten Wehrkopf weg. Die Steyr floß durch das entstandene Loch ab, und das \Xrerk lag trocken. Eine Woche darauf wurde mit den Wiederherstellungsarbeiten begonnen und versucht, die beschädigte Stelle mit einem Fangdamm zu schließen. Bevor dies gelungen war, vernichtete am 2. .Juli ein zweites Hochwasser die begonnenen Arbeiten. Es wurde neuerlich angefangen und in der ersten Augustwoche der anscheinend recht solid gebaute Fangdamm fertiggestellt. Da kam am 16. August ein drittes schweres Ho-:hwasser, dessen Fluten Teile der zerstörten Straßenbrücke bei der Haunoldmühle auf die empfindlichste Stelle des Fangdammes anschwemmten, so daß die Spundpfosten nachgaben und der Damm einbrach. In einer Viertelstunde war die Arbeit von Wochen weggespült. Es bedeutete eine große, nicht bloß reale, sondern auch moralische Hilfe, als auf dieses neuerliche Unglück hin die oberösterreichische Landesregierung spontan und ohne Ansuchen eine außerordentliche Beihilfe in Aussicht stellte. Es wurde nun ein drittes Mal von vorne angefangen und die Arbeiten am 2. Dezember 1949 beendet. Das erste Hochwasser hatte nur den Wehrkopf beschädigt, die beiden folgenden griffen aber die übrigen Teile der W ehre so an, daß fast die Hälfte dieser Anlage neu erbaut werden mußte. Während der Zeit des Wehrbaues, in der die Turbinen trocken lagen, wurde der Strom der für den Betrieb der Fabrik und des Sägewerkes nötig war, von einem Diesellokomobil erzeugt. Der Holzmehlabsatz basiert heute vor allem auf dem Bedarf des Inlandes, da sich die Na~hfolgestaaten, die früher einmal rund ein Drittel der Produktion aufgenommen hatten, gänzlich gegen eine Holzmehleinfuhr verschließen und die Weststaaten sie durch hohe Zölle erschweren. 38 Die Firmengeschichte führte bis jetzt über 125 Jahre, eine Zcitsp;innc, die reich an Kriegen, Krisen, politischen und sozialen Umwälzungen war, deren folgen es immer wieder zu überwinden galt. Dazu haben Hochwasser und Feuer dem Unternehmen oA: arg zugesetzt. Trotzdem ist es gelungen, die Firma über alle Fährlichkeiten hinweg durch fünf Generationen der Familie zu erhalten und sie nach unvermeidlichen Rückschlägen immer wieder zu beachtlicher Höhe zu führen. Mögen sich auch in den kommenden Generationen, von denen wir die eben heranwachsende, sechste, unseren Freunden im Bilde vorstellen, genügend fähige Kräfte finden, die im Sinne ihrer Vorfahren und in sozialer Verbundenheit mit der Gefolgschaft die Firma J. & C. R e d e r achtbar und glücklich in die Zukunft führen. 39
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