125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

Der Mayrhofer polar entgegengesetzte Charakter des Kreises war Schuberts intimster Freund der Folgezeit, der lebensfrohe und weltmännische Sanguiniker Franz von Schober, geboren in Schweden. Auch dieser hatte eine Zeit in Kremsmünster verbracht. Schubert fand in den folgenden Jahren immer wieder bei ihm Zuflucht. Aber wir kehren zu den Männern aus Steyr zurück. Im Jahre 1817 fand die für Schuberts spätere Bekanntwerdung entscheidende Begegnung mit dem Sänger Johann Micha el Vogl statt. Das schlichte Geburtshaus steht auf dem rechten Ufer über der Enns, Haratzmüllerstraße (früher Lange Gasse) Nr. 32, in der Vorstadt Enns- dorf, außerhalb des alten Stadtkerns. Es wurde später ausgebaut. Man betritt das Häuschen vom Hof aus, in den man von der Straße durch ein großes Tor gelangt. Doch sind alle Erinnerungen an Vogl verwischt, abgesehen von der Gedenktafel des Männergesangvereins „Kränzchen " vom Sommer 1914, die verkündet, daß der berühmte Sänger hier am 10. August 1768 das Licht dieser Welt erblickte. Sein Vater besaß eine Greißlerei-Gerecht- same und war Schiffsschreiber, später „Schiffmeister". Früh verwaist ging auch Vogl durch das Kremsmünsterer Stiftsgymnasium. Er trieb zeit- lebens mit Vorliebe klassische und philosophische Studien. Schubert nannte ihn deshalb einmal „einen griechischen Vogel, der in Oberösterreich flatterte". Bald zeigte sich bei dem Jüngling ein besonderes Bühnentalent; dennoch wurde er zunächst Rechtsbeamter. Aber sein 1766 geborener, gleichfalls aus Steyr (nach anderen Angaben allerdings aus Schwanenstadt) stammender und von Kremsmünster kommender Studiengenosse Franz Xaver Süßmayer brachte ihn schließlich zur Bühnenlaufbahn und, Mai 1794, in die Hofoper, wo er mit seiner gründlichen Bildung, seinem prächtigen Tenorbariton und seiner Vortragskunst große Erfolge erzielen sollte. Süßmayer stand nur an der Peripherie des Schubert-Kreises. Aber wiederum eine Frage an das Schicksal: Was wäre geworden, wenn Vogl nicht diesen Freund gehabt hätte, der ihn zur rechten Zeit zum Sängerberuf drängte? So durfte auch Süßmayer einen Augenblick lang eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der Dinge spielen . Wieviel kunstbegeisterte und lebenstüchtige Männer hat doch unsere Stadt in dieser begnadeten Zeit hervorgebracht! Süßmayer war gleichfalls Musiker , lernte bei Mozart und Salieri, wurde 1792 Kapellmeister am Burgtheater und zwei Jahre darauf in der Hofoper am Kärntnertortheater. Er betätigte sich auch als Kompositeur; ein ansprechendes Thema, ,,Tändeln und Scherzen", aus seiner Oper „Soliman" verarbeitete übrigens kein Geringerer als Beethoven in acht wunderbaren Klaviervariationen (F-Dur). Und Süßmayer war es bekanntlich, der Mozarts „Requiem" im Sinn seines jäh verstorbenen Schöpfers vollenden konnte. Zurück zu Vogl. Es war 1817 . Schober, Spaun und Mayrhofer suchten eifrig nach Wegen und Mitteln, Schubert bekannt zu machen, und nach vergeblichen anderen Versuchen gingen 53

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