125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

aufgetragen, eine Orgel samt Rückpositiv, Pedall und zwei Nebenregistern ihm selbst zum Lob, dem Gotteshaus zum Ruhm und vor allem zu Gottes Ehren zu erbauen. Abriß, Maß- stab und Stimmwerke wurden ihm übergeben, nun hatte er die Orgel auf eigene Unkosten innerhalb eines Jahres herzustellen, nach Wilhering zu liefern (wiederum „ohne entgeldtt des closters" !) und mit Hilfe seiner eigenen Leute aufzustellen. ,,Im gesichte" sei sie mit Ölfarben zierlich zu bemalen, ,,das gesprenge und andere zierathen", welche genau angege- ben werden, seien zu vergolden und zu versilbern und außerdem wünschte man für das Werk eine Garantie für zwei Jahre, 11 Also daß nicht noth sey, dieselbe alle Jahr oder Monath, Wie biß weillen an den unbestandigen Werken zu geschehen Pflegtt, Zu Zurichten zu- stimben". Anschließend folgt im Vertrag eine Angabe der einzubauenden Stimmwerke: 11 Erstlich in dem obern Corpore: 1. Ein vollkommenes principall. 2. Groß Koppell. 3. Klain Coppell. 4. Große Quintatonen. 5. Spitz Pfaiffen. 6. Cimbellen. 7. Groß octav. 8. Dreyfache Mixturen. 9. Quinten. 10. Flötten. Fürs Rückpositiv: 1 . Groß octav. 2. Klain octav. 3. Super octav. 4. Regall. 5. Cimbellen. 6. Coppell. Im pedall: 1 . Portunen von holtz . 2. Posaunen, die Obern Corpora von holtz. Neben Register: 1. Tremulant. 2. Vogell ges ang." Für diese Orgel soll Peuerl 1000 Rheinische Gulden bekommen, und zwar in Raten, deren letzte erst nach Ablauf der zweijährigen Garantiezeit bezahlt würde. 33 Die unvollständigen Angaben des Vertrages über die Disposition der Orgel lassen doch erkennen, daß bei dem Orgelbau in Wilhering jenes frühbarocke Klangideal angestrebt wurde, wie es der große Zeitgenosse Peuerls, Michael Praetorius, gleichzeitig auch theo- retisch begründete. Auf diesen Orgeltyp weisen hin: 34 das damals viel verwendete Register der Zimbeln in dem „obern Corpore", die 11 Großen Quintatonen" (nach Praetorius a. a. 0., S. 37, ,,gantz lieblich zu gebrauchen und zu hören"), die 11 Spitz pfeiffen" (bei Praetorius ,,Spitzflött" mit ihrer „lieblichen Resonanz"), die Posaunen im Pedal u. a. Das Neben- register, Tremulant, soll den starren Orgelklang dem menschlichen Gesang ähnlich machen, damit es nach Praetorius (a. a. 0., S. 85) 11 einen recht natürlichen klang, laut und thon" gebe, „nicht anders als ein gantzer Chor voller Musikanten, do mancherley Melodeyen von junger Knaben und großer Männer Stimmen gehöret werden". Auf eine künftige Orgelbauübung (Andreas Silbermann, 1678-1734) weist bereits hin, 35 daß laut Vertrag die „Obern Corpora von holtz" sein sollen. So griff also Peuerl auch im Orgelbau auf, was an lebendigen und zukunftsvollen Tendenzen in der Zeit lag und zur Gestaltung drängte. Die Orgel unseres Meisters ist nicht erhalten geblieben. 1736 brannten Kloster und Kirche in Wilhering bis auf die Grundmauern nieder, mit ihnen auch Peuerls Werk. Nur eine kurze Spanne Zeit zu schöpferischer Arbeit gewährte der Glaubenskampf dem

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