125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963
PAUL PEUERL ORGANIST UND ORGELBAUER IN STEYR 1 Im Ratsjahr 1608/ 09 lenkten Bürgermeister Matthäus Jahn und Stadtrichter Paul Trauner die Geschicke der Stadt Steyr, die sich wirtschaftlich und politisch zu den bedeutendsten des Landes zählen konnte. Ihre Handelsverbindungen reichten weit über die Grenzen der Erb- lande hinaus, und ihre Bürger hatten Sitz und Stimme in den Landständen. Gerade in diesem Jahre half ihre Stimme mit, dem Erzherzog Matthias eine wichtige Entscheidung abzutrotzen, die Gewährung der Religionsfreiheit. 2 Die protestantischen Landstände hatten sich zu diesem Zweck aus Wien entfernt, sich in Horn im Waldviertel versammelt und, den Streit zwischen Matthias und seinem kaiserlichen Bruder Rudolf II. ausnützend, am 19. März 1609 tatsäch- lich Religionsfreiheit erhalten. Freilich legalisierte diese Zusicherung nur einen schon beste- henden Zustand, denn im Vorjahre, am 31. August 1608, hatte man versucht, Erzherzog Matthias zum Nachgeben zu zwingen und gleichzeitig auch schon den evangelischen Gottes- dienst wieder eingeführt. Wer konnte ihnen das im Augenblick verwehren? Der Kaiser war weit, saß auf dem Hradschin in Prag und studierte die Sterne, sein Bruder Matthias aber war von den Landständen abhängig. Wollte er Soldaten, so brauchte er Geld, wollte er Geld, so brauchte er die Landstände - wer aber von diesen würde so unvernünftig sein, ihm Geld zu geben, damit er ihnen dann mit seinen Soldaten auf den Hals käme? Wenn Geld, dann höchstens für Soldaten, die gegen Rudolf II. marschierten, und als Dank für das Geld - Religionsfreihei t ! Mit Jubel hatten die Steyrer die Rückkehr der evangelischen Prädikanten begrüßt, und als diese am 31 . August 1608 zum erstenmal seit ihrer Ausweisung im Jahre 1597 wieder in der Schulkirche predigten und das Abendmahl spendeten,3 war der wichtigste Schritt zur Wiedereinführung der Augsburger Konfession getan. Der 19. März 1609 bestätigte ihn nur. Dem neuen evangelischen Kirchenministerium stand Johann Isingius aus Wittenberg als Pfarrer vor, die Lateinschule bekam Egidius Weixlberger aus Regensburg als Rektor, und Taubenrack aus Eferding wurde Kantor. Konrektor sollte Magister Jakob Tydeus aus Horn werden. Das evangelische Gymnasium in Horn 4 hatte einen guten Ruf; selbst aus großen Entfer - nungen schickten die Adeligen ihre Kinder dorthin. Die Steyrer, denen Horn auch sonst ein Begriff war, versuchten nun bald, nicht nur den Konrektor dieser Schule, sondern auch den 37
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