125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963
des Jahres vom Rathausbalkon" verpflichtet. 100 Aus den kleinen Musikverbänden der Hand- werker bildete sich eine „vortreffliche Musikbande", die 1792 türkische Musik spielte . Seit 1808 stand die 11 Harmoni e und Türkische Musik" in enger Beziehung zu dem damals neu gegründeten Bürgerkorps. Die Mitglieder der „Musikbande", die der Stadtkassier Christian Micha el anführte, trugen „weiße Hosen, lichtblaue Röcke mit Aufschlägen von schwarzem Sammt und Krägen mit goldenen Litzen, bordierte Stülphüte mit weißen Federbüschen. Das Riemenzeug war schwarz". 101 Die 11 Bürgerkorpskapelle", wie sie später genannt wurde, trat nun bei allen Festlichkeiten in Erscheinung. Die von der Stadtgemeinde 1786 erworbene ehemalige Kirche der Cölestinerinnen in der Berggasse wurde in ein Theater umgestaltet, in dem neben Sprechstücken auch Opern zur Aufführung gelangten. Ein Hauptförderer des Theaters war Fürst Lamberg, in dessen Schloß ebenfalls Vorstellungen stattfanden. 102 Besondere Aufmerksamkeit schenkte man in diesen Jahren der Hausmusik. Sie fand eifrige Pflege in den mit Franz Schubert befreundeten Familien Koller, Paumgartner, Weilpöck und Dornfeld. Größte Verdienste um das Steyrer Musikleben erwarb sich der Vizefaktor der Hauptgewerkschaft Sylvester Paumgartner, ein hervorragender Cellist. Franz Xaver Pritz, ein Zeitgenosse, schreibt über ihn: ,,Er ist Kenner und Liebhaber der Musik, besitzt eine sehr reiche Musikalensammlung und ausgezeichnete Instrumente, und trug seit langer Zeit mit seltener Liberalität so vieles zur Unterhaltung, zu wohltätigen Zwecken und zur Kirchen- musik bey." 103 Um 1777 finden wir am Chor der Stadtpfarrkirche als Sopransänger den neunjährigen Johann Michael Vo gl, Sohn eines Steyrer Schiffschreibers, der später als k . k. Hofopern- sänger und Schubert-Interpret berühmt wurde. 104 Seit 1779 stand dem Chorpersonal der Stadtpfarrkirche die vorzügliche Chrismann-Orgel zur Verfügung. Messen von Haydn und Mozart gelangten zur Aufführung. 105 Wie die Ratsprotokolle zeigen, standen zu Anfang des 19. Jahrhunderts die kirchenmusikalischen Darbietungen unter magistratlicher Kontrolle. In der Ratssitzung vom 4. Februar 1809 wurde der Beschluß gefaßt, dem an der Stadtpfarr- kirche angestellten Regenschori Klingl aufzutragen, ,,in Zukunft keine anderen Messen und Musikalien zur Produktion vorzulegen als solche, die im eingelegten Inventarium geneh- migt worden sind, jede neue noch nie produzierte Messe oder andere Kirchenmusikalien aber zur Prüffung vorläufig vorzulegen, alle dem Geiste der Zeiten aber nicht mehr angemes- sene Pastoral Messen und Lieder ganz zu beseitigen". 106 Unter dem Regenschori und Turnermeister Franz Gruber, der 1806 von Wien nach Steyr kam,1° 7 erlebte die Pfarrkirchenmusik einen glanzvollen Aufstieg, ,,daß selbe", nach dem Urteil der Stadtväter, ,,von allen Kunstkennern als vorzüglich anerkannt wurde und die Stadt Steyr sich dießfalls mit den Hauptstädten parallel stellen konnte" . 108
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