125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

durften aber auch bei der Fronleichnamsprozession und anderen Feierlichkeiten nicht fehlen. Der Magistrat entlohnte sie nur für die jeweilige Leistung und gab ihnen für die Unter- weisung eines angehenden Tambours ein Lehrgeld von zwei Gulden. 98 Alle Personen, ,,so vor den Leuten Spiel und Kurzweil um Geld machten", und damit auch die in der Offentlichkeit tätigen Musiker, mußten der 1228 gegründeten „Zech und Bruder- schaft Sancti Nicolai" bei der St-Michaels-Pfarrkirche in Wien angehören. Diese Bruder- schaft unterstand dem Spielgrafenamt der Erzherzog tümer Osterreich unter und ob der Enns . Die Erbvogtei über dieses Amt stand dem „Obrist-Cammer Ambt" in Osterreich unter der Enns zu . Im Jahre 1671 ernannte der Obriste Erbkämmerer Ernst Friedrich Breuner, Graf von und zu Aspern, Karl Eder zum Spielgrafenamtsverwalter in Osterreich ob und unter der Enns, dem die Spielgrafenamts-Viertelmeister unterstellt waren. Im Traunviertel hatten das Viertelmeisteramt gewöhnlich Steyrer Bürger inne. In den Archivalien werden genannt: Georg Gollenberger (1646), der Stadtkoch Urban Lux (um 1650 bis 1679), der Messerer Hans Jakob Hoffer (1682), Johann Dorffner, Mitglied des Äußeren Rates (1702). Diese Funktionäre hatten die Inkorporationsgebühr und den Jahrschilling zur Nikolai- Bruderschaft einzutreiben und den „Spielzettel", der zum öffentlichen Auftreten berechtigte, auszufertigen. Um verschiedene übergriffe der Spielleute abzustellen, erließ Kaiser Leopold I. am 12. Juni 1665 das Spielgrafenamtspatent, das allen Turnern, Organisten, Kleinzimblern, Lauten- schlägern, Harfenisten, Geigern, Pfeifern, Hackbrettlern, Freifechtern, Glückshafnern, Komödianten, Gauklern, Seiltänzern, Trommelschlägern, Bären-, Affen- und Hunds- tanzmachern, Schwertfängern, Würfel- und Taschenspielern, Schalksnarren und anderen die Mitgliedschaft zur St.-Nikolai-Zeche einschärfte. Den Stadt- und Grundobrigkeiten wurde befohlen, keine Spielleute und Spieler, die einen Spielzettel vorweisen können, durch Gerichtsdiener belästigen zu lassen, keine uneinverleibten Musikanten zu beschäftigen und den Spielgrafenamts-Viertelmeister Schutz und Hilfe zu gewähren. Das Spielgrafenamt bestand bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts . Unter Kaiser Josef II. wurde es 1782 aufgehoben, da „es der natürlichen Freiheit, durch freie Kunst das Brot zu verdienen" nicht entsprach. 99 Um diese Zeit und in den folgenden, von Kriegslärm erfüllten Jahrzehnten bewirkten geistige Strömungen und staatliche Maßnahmen einschneidende Änderungen im Musik- geschehen unserer Stadt. So fand die klösterliche Musiktradition im Raume von Steyr durch die Aufhebung der Benediktinerabteien Garsten und Gleink und der Stadtklöster einen jähen Abschluß. Die Obliegenheiten des Turnermeisters blieben fast nur mehr auf die sakrale Musik beschränkt, der Stadt selbst war er in den dreißiger Jahren des 19. Jahr- hunderts nur noch zum „Abblasen am Pfarrturme durch die Sommermonate und viermal

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