125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

Geigen und Tanzen so überhand, daß der Stadtrichter einschreiten mußte. 90 In großem Ansehen standen, wie Lindner berichtet, die Steyrer Flötenspieler. In den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Kriege stieg die Zahl der bürgerlichen und unbürgerlichen Spielleute s tändig . Vorwiegend pflegten Handwerker volkstümliche Musik. Sie betätigten sich als Geiger bei Hochzeiten, Zunftversammlungen, Freitänzen 91 und Maskeraden, in der Weihnachtszeit gingen sie als Sternsinger. 92 Obwohl Magistrat und Stadtgericht die von den Turnermeistern wiederholt geforderte „Abschaffung der Spielleute " durchführten, vermochten sich dennoch bürgerliche Musikanten schon im 17. Jahrhundert durchzusetzen. Bereits im Jahre 1680 erlangten sie die stadtobrigkeitliche Bewilligung, bei den Jahrtagsversammlungen der Handwerker zu spielen. 93 Sämtliche Bläser der Stadt wurden aufgeboten, wenn es galt, dem Landesfürsten einen fest- lichen Empfang zu bereiten. Beim Einzug des musikliebenden Kaisers Leopold I. am 8 . August 1680 konzertierten in vier Chören Trompeter und Paukenschläger, wobei sich die Studenten des Jesuitengymnasiums „stattlich hören ließen" . Die Messerergesellen zeigten den Gästen am folgenden Tag in der Burg Schwerttänze und Bauernspiele. 94 Für den Empfang Kaiser Karl s VI. im September 1732 hatte der Turnermeister zwei „Chöre" zu stellen. Wie die Bürger der inneren Stadt, beanspruchten auch die Bewohner von Steyr- dorf für ihren Aufzug bei Ankunft des Herrschers Musikanten. 95 Solche waren damals nicht mehr schwer aufzutreiben. Schon in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts hatten sich kleinste Verbände musizierender Handwerker gebildet, von denen die aus vier Mann bestehende Kainratische M us ilcanten Banda größere Bedeutung erlangte. Im Jahre 1731 gehörten ihr die bürgerlichen Messerer Anton und Gregor Kainrath, der Kupferschmied Johann Adam Pitsch und der Pfannenschmied Hans Wolf Gröpl an . Als diese Musiker 1734 die Stadtbehörde ersuchten, ,, unbürgerliche Hochzeiten und andere Lustbarkeiten mit ihrer Musik bedienen zu dürfen", verfügten die Ratsherren, ,,daß dem Turnermeister die Bedie- nung der bürgerlichen als unbürgerlichen allhier in der Stadt wohnenden Personen gebühren solle" . Wäre er aber mit seinen Gesellen hiezu nicht in der Lage, dann sei den Supplikanten das Musizieren zu ges tatten, doch müsse der Turnermeister vorher befragt werden. Später wurden die musizierenden Handwerker, die gemeinsam mit den Turnern die unbürgerlichen und auswärtigen Spielleute heftig bekämpften, mit weiteren Lizenzen begabt. Die 1757 und 1765 erwähnten „Feldmusilce n" sowie die um 1769 gegründete „Bürgerliche Musi- /canten -Compagni e" sind zweifellos aus der musikalischen Betätigung der Handwerkerbürger hervorgegangen. 96 Durchweg aus Handwerkerkreisen 97 stammten auch die vom Magistrat seit dem 17. Jahr- hundert bestellten und von den Turnern völlig unabhängigen Trommler. Sie wurden in erster Linie zur Publizierung amtlicher Verfügungen und bei Musterungen benötigt, sie

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