125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

wahrten Steuergelder entwendet werden. 74 Der eigentliche Grund für diese Maßnahme war aber sicherlich die damals bestehende große soziale Kluft zwischen den wohlhabenden Kaufleutebürgern und den weniger bemittelten Handwerkerbürgern. Die Ratsherren ließen auch nicht zu, daß die Stadtmusik bei Hochzeiten der Handwerker aufspielte. Erst im Jahre 1590 wurde dem Turnermeister erlaubt, bei Eheschließungen „vermüglicher" Handwerks- leute zu geigen. 75 Gelegentlich durften die Steyrer Stadtmusikanten auswärts musizieren. Voraussetzung aber war, daß vorher „fleißige Anordnung der Wacht auf dem Turm" getroffen wurde. Es waren meist angesehene Persönlichkeiten, die zu ihren Vermählungen die Turner einluden. Sie spielten z. B. 1574 in Enns und Seitenstetten, 1578 in Lambach und 1586 in Steinach in der Steiermark. 76 Im Advent und in der Fastenzeit, aber auch zu Zeiten öffentlicher Trauer war zum Leid- wesen der Turner jede Unterhaltungsmusik verboten. Im Hinblick auf die Türkenkriege wurden 1593 „Tänz und Freudenspiel auf Hochzeiten" gänzlich eingestellt. Als zu Beginn des Jahres 1599 die protestantischen Prediger aufgefordert wurden, Steyr zu verlassen, untersagte der Rat alle Lustbarkeiten wie „Saitenspiel, Tantzen und Schlittenfahren, Item fressen und sauffen".7i Der Stadtkapellmeister wurde vom Magistrat besoldet. Die Entlohnung betrug 1577 wöchentlich 3 Taler, 78 im 17. Jahrhundert jährlich ungefähr 150 bis 170 Gulden . 79 Dazu kam noch das Holz- und Lichtgeld. Die Stadtgemeinde sorgte auch für Wohnung und Beklei- dung . Wie die Rats- und Gerichtsdiener erhielten auch die Turner in der Regel alle Jahre eine neue Uniform. Der Rat bewilligte gewöhnlich „gemeines Lindisch Tuch" von grüner Farbe oder eine entsprechende Geldsumme, die um 1580 und in den folgenden Jahren für fünf Personen 70 Gulden betrug. 80 Zuweilen sah sich die Obrigkeit veranlaßt, den Turnern, um „gemeiner Stadt Schimpf" zu ersparen, die Reinhaltung der Uniform einzuschärfen. Für die Mitwirkung am Kirchenchor bezahlte im 17. und 18. Jahrhundert das Pfarrkirchen- amt dem Turnermeister pro Jahr 20 Gulden und gab ihm 24 Metzen Korn. 81 Die Musik bei Hochzeiten und anderen Veranstaltungen brachte eine geringfügige Erhöhung des Ein- kommens. Wie die Kantoren am Dreikönigsfest, die deutschen Schulmeister am Gregoritag (12. März), die Lehrer der Lateinschule zu Martini (11. November), so musizierten auch die Turner um milde Gaben zur Weihnachtszeit vor den Häusern der Bürger. 82 Aus den Ein- künften hatte nun der Turnermeister den Gesellen wöchentlich zur Kost 30 bis 40 Kreuzer zu geben und mußte obendrein für die Instrumente aufkommen. Fast ein Jahrhundert lang waren Mitglieder der Familie Schmidtperger Inhaber der Stadt- turnerei . Im Jahre 1548 vermählte sich Veit Schmidtperger mit Wedrix, einer Tochter des früheren Turnermeisters Peter Hengst. Am 1. Juni 1588 übergab Veit das Turneramt seinem

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