100 Jahre Höhere Technische Bundeslehranstalt

ZWECK UND LEHRZIEL DER HOHEREN ABTEILUNGEN, BERUFSEINSATZ IHRER ABSOLVENTEN Der Besuch der Höheren Abteilungen wird mit einer Reifeprüfung abgeschlossen und soll den Schülern grundlegende theoretische und praktische Fachkenntnisse, ein der Studiendauer entsprechendes technisches Allgemeinwissen und darüber hinaus aber auch einen angemessenen Grad an Allgemeinbildung vermitteln. Es hat sich gezeigt, daß die wohlabgewogene und durch eine mindestens acht Wochen dauernde obligate Ferialpraxis ergänzte Ausbildung die Absolventen befähigt, meist schon nach relativ kurzer Berufstätigkeit gehobene Stellungen in der staatlichen oder privaten Industrie einzunehmen und den dabei gestellten Anforderungen vollauf gerecht zu werden. Ebenso sind die Absolventen der Höheren Abteilungen befähigt, ein einschlägiges Gewerbe in fachlich einwandfreier Weise zu führen. Auf allen genannten Gebieten besteht ein ü_beraus großer personeller Bedarf und es bieten sich daher den Schülern nach Abschluß ihres Studiums ausgezeichnete Berufschancen. Die bestandene Reifeprüfung bildet die Grundlage dafür, die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung „ Ingenieur" zur erwerben. Sie wird nach einer mindestens dreijährigen, facheinschlägigen Praxis und Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vom Bundesministerium für Bauten und Technik verliehen. Die Absolvierung einer Höheren Abteilung bringt auch Begünstigungen beim Antritt eines selbständigen Gewerbes durch Erlaß der Gesellenprüfung und durch Erleichterungen bei der Meisterprüfung. 22 Es steht den Absolventen ferner die Möglichkeit offen, als ordentliche Hörer ihr Studium an einer gleichen oder artverwandten Fachrichtung einer Technischen Hochschule fortzusetzen. Auch ein Weiterstudium an der Hochschule für Welthandel oder der Hochschule für Bodenkultur ist möglich. Im Rahmen ihrer Ausbildung an den Höheren Abteilungen werden die Schüler mit den wichtigsten rechnerischen. konstruktiven und fertigungstechnischen Problemen der gewählten Fachrichtung vertraut gemacht, so daß sie nach erfolgreichem Abschluß ihres Studiums auf Grund der erworbenen theoretischen Ausbildung und der praktischen Kenntnisse in Konstruktionsbüros, Werkstättenbetrieben und im Prüfwesen der einschlägigen Industrie und bei öffentlichen Dienststellen eingesetzt werden können. HÖHERE ABTEILUNG rüR MASCHINENBAU, MOTORENUND KRAFTFAHRZEUGBAU Der Kraftfahrzeugbau ist naturgemäß aus dem allgemeinen Maschinenbau hervorgegangen. daher liegt die Betonung auf dem Maschinenbau. Die vielen Sonderprobleme. die jedoch der Kraftfahrzeugbau mit sich bringt. sowie der große Bedarf an Ingenieuren, die sich zu diesem interessanten und sich ständig ausweitenden Gebiet besonders hingezogen fühlen, machen es trotzdem durchaus sinnvoll. eine eigenständige Abteilung im Rahmen der Höheren Technischen Schulen zu führen und weiterhin bestehen zu lassen, so verständlich und begrüßenswert ansonsten die Bestrebungen zu einer möglichst großen Vereinheitlichung und Beschränkung der Zahl der verschiedenartigen Abteilungen sind. Wie aus den nachstehend ersichtlichen Stundentafeln hervorgeht, 1st die Ausbildung bis einschließlich des III. Jahrgangs derjenigen in der reinen Maschinenbauabteilung weitgehend angeglichen. Erst in den IV. und V. Jahrgangen treten die spezifisch kraftfahrtechnischen Fächer, wie Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau mit entsprechenden Konstruktionsübungen sowie der Leichtbau in den Vordergrund. Die Fertigungsmethoden bei der Massenproduktion werden bevorzugt behandelt und der Lehrstoff in Chemie. Elektrotechnik. Werkstättenlaboratorium und in der Werkstätte wird vorzugsweise auf die Erfordernisse des Kraftfahrzeugbaues abgestimmt. Absolventen der Fachrichtung Maschinenbau, Motoren- und Kraftfahrzeugbau können selbstverständlich auch in jedem rein maschinentechnischen Betrieb eingesetzt werden. Sie sind jedoch besonders dazu prädestiniert, beispielsweise als Konstrukteure, Betriebsingenieure, Versuchs- und Verkaufsingenieure in der Kraftfahrzeugindustrie zu arbeiten. Durch ihre differenzierte Vorbildung sind sie in der Lage, sich in diesem Industriezweig wesentlich schneller einzuarbeiten, als Absolventen einer reinen Maschinenbauabteilung, ein Umstand, der natürlich auch der Industrie zugute kommt. HÖHERE ABTEILUNG FÜR MASCHINENBAU Die Ausbildung zum Maschinenbauingenieur an unserer Höheren Abteilung für Maschinenbau, die seit 1972 geführt wird. hat das Berechnen und Konstruieren von Maschinen zum Ziele. Die Gegenstände Mathematik, Darstellende Geometrie, Mechanik, Mechanische Technologie, Elemente des Maschinenbaues, Strömungsmaschinen, Kolbenmaschinen und vor allem die dazugehörigen Konstruktionsübungen sollen den Maturanten dieser Abteilung zum Ziele führen. Zu den klassischen Gebieten des allgemeinen Maschinenbaues haben sich aber neue Gebiete, z. B. die moderne Regeltechnik, Elektronische Datenverarbeitung und Betriebstechnik gesellt. Auch auf diesen Gebieten ist es somit notwendig, den angehenden Ingenieur damit vertraut zu machen. Daß daneben auch eine wirtschaftliche Grundschulung vorgesehen ist, ist bei den heutigen Anforderungen selbstverständlich. Die Entwicklung einer Konstruktion bis zur Marktreife verlangt eben auch auf wirtschaftlichen Gebieten ein gewisses Grundwissen. Aber auch für die Aufgaben eines Betriebsingenieures sind die Absolventen dieser Abteilung vorbereitet. Die Steuerung einer Produktion und der zweckmäßige Einsatz aller Betriebsmittel wird ebenfalls in die Ausbildung eingebaut. Die Vielfalt der verschiedenen Industriesparten bietet den Absolventen dieser Abteilung eine Vielfalt von Beschäftigungsmöglichkeiten. Bei ausreichender Weiterbildung ist sicher der Aufstieg zum Abteilungsleiter möglich. HÖHERE ABTEILUNG FÜR MASCHINENBAU, MOTORENUND LANDMASCHINENBAU Der Landmaschinenbau nimmt innerhalb des gesamten Maschinenbauwesens eine Sonderstellung ein. Das Ziel des modernen Landmaschinenbaues ist die totale Hochmechanisierung in der Landwirtschaft mit Landmaschinen, womöglich im Ein-Mann-Betrieb für die verschiedensten Betriebsgrößen. Der Landmaschinenbau umfaßt ein großes Maschinengebiet, wie Ackerschlepper, Bodenbearbeitungsgeräte, Sämaschinen für Fein-, Mittel- und Grobsämereien, Heuerntemaschinen, Getreideerntemaschinen, Häckselmaschinen, Separatoren, Melkmaschinen, Maschinen für die Verarbeitung der Milch usw. Der Landmaschineningenieur muß daher über weitgehende Kenntnisse im allgemeinen Maschinenbau, in der Elektrotechnik sowie in der Landtechnik verfügen. Um die Vielzahl der technischen Arbeitsvorgänge beherrschen zu können. muß der angehende Landmaschinenbauingenieur auch über die Eigenschaften der zu bearbeitenden Stoffe unterrichtet werden. Im Rahmen des Unterrichtes sind daher auch eigene Abschnitte über Bodenkunde, Bodenmechanik, Pflanzenkunde und Düngerlehre eingebaut. Als der Bauerndichter Alfeld im Jahre 1949 die Worte schrieb: ,,Wer an die Zukunft seines Hofes und der Landwirtschaft überhaupt glaubt, muß die Arbeit des Alltags durch technische Mittel vereinfachen und beschleunigen, denn sonst bleibt ihm kein Knecht und keine Magd, und selbst die eigenen Kinder weigern sich. das allzu mühsame Erbe der Väter zu übernehmen!", ahnte wohl niemand wie recht er hatte. Es war daher ein Gebot der Zeit, gerade im Raume Oberösterreich an unserer Schule sowohl eine Höhere Abteilung als auch eine Fachschule für Landmaschinenbau zu eröffnen. um genügend Techniker für diesen steil ansteigenden Berufszweig auszubilden und den etwa 65 größeren Firmen (insgesamt gibt es in Osterreich etwa 1400 größere, mittlere und kleinere Betriebe, die sich mit Landmaschinenbau beschäftigen) gut ausgebildete Fachkräfte anbieten zu können. Die Berufsverzweigungen sind vielfältig. 23

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