100 Jahre Höhere Technische Bundeslehranstalt

DAS BIOSUBSTRAT-FILTERVERFAHREN Neue Möglichkeiten der Reinigung von Zuluft und Abgasen Für die Reinigung von Luft und anderen Gasen stehen verschiedenartige Filterverfahren in Anwendung. Art, Beschaffenheit, Konzentration der Verunreinigungen, Temperatur und Feuchtigkeit sowie Anforderungen an das Abscheidevermögen bestimmen das zum Einsatz gelangende Verfahren, wobei der erstrebte Effekt oft in kombinierter Anwendung erreicht wird. Trocken-, Naß-. Elektro- und Chemische Filter beruhen auf unterschiedlichen Abscheidevorgängen: Sieb-, Schwerkraft- und Trägheitswirkung sowie elektrostatische Kräfte wirken vor allem bei der Abscheidung von Stäuben und Schwebstoffen, während chemische Filtermedien mit ihrer absorbierenden Wirkung im allgemeinen auf gasförmige Verunreinigungen beschränkt sind. Als Filtermaterial gegen Gase ist auch Aktivkohle in Gebrauch, die je nach der zu absorbierenden Gasart chemisch präpariert ist. Eine Sonderstellung nehmen jene Filter ein, die auf katalytischer Verbrennung beruhen und beispielsweise das durch andere Filtermassen nicht absorbierbare Kohlenmonoxyd (oxydativ) abscheiden. Ein vhm. schwieriges Problem liegt in der Reinigung von mit Geruchstoffen beladener Abluft vor, wie sie vor allem in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, bei der Verbrennung von Abfällen in Krankenhäusern, in gewissen landwirtschaftlichen Betrieben Kadaververbrennungsstellen, sowie ~erschiedenen gewerblichen Betrieben anfällt. PRINZIP UND WIRKUNGSWEISE In Gegenüberstellung mit den eben aufgezeigten konventionellen Filterarten bzw. Möglichkeiten muß das gegenständliche Biosubstrat-Verfahren in der praktischen Bewältigung der vielfältigen Luft- und Abgas-Reinigungsaufgaben von besonderem Interesse erscheinen. Es beruht zum größten Teil auf der an sich seit langem bekannten Tatsache, daß Bakterien und andere Mikroben, wie sie insbesondere in der Kulturschicht des Erdbodens vorhanden 8ind, die verschiedenartigsten Stoffe als Nahrung aufnehmen und - chemisch entsprechend umgewandelt - teils für den Aufbau weiterer Zellen verwenden, teils als Stoffwechselprodukte später wieder ausscheiden. Außer dieser auf dem Vorgang bakteriellen Abbaues beruhenden Abscheidung kommt noch die mechanische Siebwirkung als Vorfilterung sowie der Vorgang der Absorption und des Ionenaustausches zur Wirkung. Der hohe Abscheidegrad, wie auch der breite Anwendungsbereich des Biosubstrat-Filters beruht vor allem auf der besonderen strukturellen Beschaffenheit seines Filtermediums mit einer außerordentlich großen spezifischen Oberfläche (Hohlraum-Oberfläche) 70 bis 100 m2/cm3 , sowie seinem hohen Gehalt an kolloidalen Teilchen. Diesen Kolloiden. die als nur wenige Tausendstel Millimeter dicke Filmschicht die nichtkolloidalen Teilchen des Substrates überziehen und deren kapillare Hohlräume auskleiden, kommt bei der Abscheidunq, abqesehen von ihrer Funktion als Sorptionskomplexe mit lonenaustauschvorgängen, besondere Bedeutung zu. In diesem Milieu vollzieht sich im kontinuierlichen Ablauf Entstehung, Stoffwechsel und schließlich Zerfall dieser in wohlgeordneter Biozönose lebenden Bakterien, Pilze, Aktinomyzeten und anderer Keime, von denen jeder Kubikzentimeter des Substrates mehrere Milliarden als Einzellebewesen beherbergt. Die Nahrungsaufnahme in ihre Zellen erfolgt auf sorptivem Wege über semipermeable Membramen als wässerige Lösung, und je nach Beschaffenheit und Menge des Nährstoffangebotes wird die darauf eingestellte Spezies virulent. Daneben gibt es aber auch die enzymatische Adaption, bei der die Mikroorganismen ihre Fähigkeit, eine Substanz enzymatisch zu spalten und als Nährlösung zu verwerten, realisieren. Neben dem Aufbau körpereigener Zellen erfolgt in diesen selbst laufend eine Stoff-Umsetzung und Ausscheidung, ein Vorgang mit meßbarer Wärmeentwicklung. Die meisten Mikroben sind heterotroph, d. t,. sie benützen organisches Material für ihren Bedarf (z. B. Vergärung von Zukker durch Hefepilze), und es gibt kaum ein organisches Molekül, das durch bestimmte Bakterien nicht zersetzt und ausgenützt werden könnte. Daneben gibt es eine Anzahl autotropher Formen, die von anorganischen Substanzen leben können und dabei ihren Energiebedarf durch Oxydation decken. Die bekanntesten von ihnen sind die Stickstoff-, Schwefel- und Eisenbakterien. Außer diesen finden sich auch solche, die Methan, Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxyd. Phenol, Mercaptane usw. oxydativ verarbeiten. Aber auch für den Abbau von Kohlenmonoxyd lassen sich bestimmte Bakterienformen finden. Besonders bemerkenswert ist bei diesem biologischen Abscheidungsverfahren die Tatsache der Selbstregenerierung des aktiven Stoffes, vorausgesetzt, die spezifische Belastung durch die ab93

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2