100 Jahre Evangelische Kirche Steyr Stadt 1898-1998

befreit mich aus dunklen Stimmungen und führt mich zum Licht. Singen schafft Gemeinschaft un– tereinander. Das sind nur einige Aspekte, die uns zum Sin– gen bewegen. Wir spüren einfach, daß Lieder un– sere Herzen bewegen und uns selbst verändern. Die Texte der Lieder begleiten uns in den Alltag. Sie trösten uns, sie stärken uns. Sie führen uns näher zu Gott und festigen unsere Beziehung zu ihm. Durch das Singen kann ich ausdrücken, was in mir vorgeht: Gefühle des Dankens und Labens, aber auch Gefühle der Angst und der Trauer kann ich äußern. Viele Lieder sind im Grunde genommen Gebete. So war es bereits in der Bibel, König David und andere Beter verfaßten die 150 Psalmen. Hier kommt alles zu Klang und Sprache, was der Mensch zu sagen hat: Freude und Schmerz, Liebe und Haß, Angst, Hoffnung und Dankbarkeit. Im laufe der Jahrhunderte hat sich ein riesiger Schatz an geistlicher Musik in der Kirche angesam– melt. Er reicht von den Melodien der Gregorianik über die Passionsmusik bis zu den neueren Liedern unserer Zeit. In unserem Singkreis wollen wir die Vielfalt der Lieder kennenlernen und uns nicht nur einer einzigen musikalischen Richtung verschrei– ben. So singen wir ebenso gern Choräle von Jo– hann Sebastian Bach wie auch Gospels. Letzlich kommt es uns darauf an, die Botschaft, die unsere eigenen Herzen erreicht hat, an andere weiterzugeben. Die Gelegenheit dazu bieten unse– re Gottesdienste, ökumenische Veranstaltungen, Singen im Altenheim und Krankenhaus. Die Lieder sind ein Kanal, durch den die Botschaft der Liebe Gottes die Herzen der Menschen erreicht. Durch das Singen werden die tieferen Schichten des Her– zens leichter in Schwingung gebracht als nur beim SINGKREIS gesprochenen Wort. Martin Luther schrieb: Noten machen den Text lebendig. So sind Jubel, Trauer, Innigkeit, Protest oder Wehmut im Gesang viel bes– ser auszudrücken und zu hören als nur durch Spre– chen. Daher freuen wir uns über jede Gelegenheit zu der wir zum Singen eingeladen werden. Wichtig ist uns auch, daß wir mit der Gemeinde singen. An– dere sollen Lust bekommen mitzusingen und in das Lob Gottes einzustimmen. Gemeinsam wollen wir dem Aufruf des Apostels Paulus folgen, der sagte: Singt und spielt Gott dankbar in euren Herzen. Unser Singkreis ist noch ausbaufähig. Wir möch– ten gerne noch neue Mitglieder gewinnen - beson– ders Männer, wir möchten noch häufiger Instrumen– te mit einbeziehen. Wir wünschen uns noch mehr Schulung, Verbesserung - auch ich als Leiterin und, daß wir nie stehenbleiben, sondern wachsen und lernfähig in jeder Hinsicht bleiben. Schließen möchte ich mit einer griechischen Sage: Am diesseitigen Ufer eines Flusses hütete ein Hirtenjunge seine Herde. Täglich sorgte er für Fut– ter und Wasserstellen. Wenn die Tiere in der Mit– tagssonne Schatten suchten unter Sträuchern und Bäumen, saß der Junge am Flußufer und spielte auf seiner Flöte. Mit dem Klang seiner Lieder wan– derte seine Sehnsucht über das Wasser an das andere Ufer. Von dort kam eines Tages auf einem Kahn der Tod, um den Jungen abzuholen. ,,Hast du keine Angst vor dem anderen Ufer", fragte der Fährmann. ,,Nein", sagte der Hirtenjunge. ,,Ich wer– de erwartet, denn meine Lieder sind schon lange drüben angekommen." - So wünsche ich mir und uns allen, daß viele unserer Lieder schon „drüben angekommen" sind, daß wir „erwartet werden" und einst für immer fortsetzen können, was wir hier be– gonnen haben. 63

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