100 Jahre Evangelische Kirche Steyr Stadt 1898-1998

FLEISCHMANN jährlich nach Steyr, um die inzwischen älter gewor– denen Jugendlichen zu besuchen. Pfarrer Fleischmann veranstaltete Gemeinde– wochen und Vortragsabende, für die er bekannte Kanzelredner aus Österreich gewinnen konnte. Nach dem Hauptgottesdienst wurde um 10.30 Uhr Jugendgottesdienst in der Kirche gefeiert. Die drückende Schuldenlast vom Kirchen- und Pfarrhausbau konnte durch eine Gabe aus Holland getilgt werden. An Geld fehlte es aber weiter, ins– besondere der Personalkosten wegen. Pfarrer Fleischmann wirkte nicht nur innerhalb der evangelischen Pfarrgemeinde segensreich. Auf– grund seiner großen Begabung, seines intensiven Einsatzes und seiner umfangreichen Tätigkeit för- 32 derte er auch das Ansehen der evangelischen Kir– che in der Öffentlichkeit. Viele konfessionslose Sozialdemokraten waren von seinem Christentum der Tat und seinem sozialen Engagement so stark berührt, daß sie in die evangelische Kirche eintraten. Alle Mitarbeiter halfen zusammen, daß von nun an eine Weihnachtskinderfeier stattfinden konnte, bei der alle evangelischen Kinder ein Wei hnachtspackerl bekamen. 1924 folgte Martin Anacker als geistliche Hilfs– kraft auf Vikar Rüger. Der Frauenchor wurde ein ge– mischter Chor, der „Evangelische Singverein Steyr". Ab 1926 hielt man wöchentlich Bibelstunden im Pfarrhaus. In der Vorweihnachtsnummer des Gemeindeblattes rief Pfarrer Fleischmann dazu auf, vom Dezembergehalt den Zehnten zu spenden, um den vielen Notlei– denden wirksam zu helfen. Die ehemals wirtschaftlich blühende Stadt war seit dem unglücklichen Ausgang des 1. Weltkrieges viel– leicht die am schwersten heimge– suchte Stadt Österreichs. Tausen– de Erwerbslose fanden seit Jahr und Tag keine Arbeit. Viele Famili– en wohnten in verfallenden Kriegs– baracken. Unter diesen Verhältnis– sen litt auch die evangelische Ge– mei nd e. Pfarrer Fleischmann schrieb viele Bettelbriefe an ver– schiedene Hilfsvereine in Deutsch– land, Schweden und der Schweiz, um helfend in diese Not eingreifen zu können. In dieser Zeit vermehrte sich die

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2