100 Jahre Evangelische Kirche Steyr Stadt 1898-1998

1626 die Bauernmassen unter der Führung von Ste– fan Fadinger auf der Taborhöhe lagerten, feierten die Steyrer Bürger im Freien das letzte Mal einen evangelischen Gottesdienst mit einem evangeli– schen Prediger. Der evangelisch gesinnte Rat hatte sich entschlossen, gegen den Willen des Statthal– ters die Stadt für das Bauernheer offen zu halten. Die katholischen Priester und auch der Abt von Garsten hatten sich rechtzeitig vor den Bauern in Sicherheit gebracht. Der Bauernaufstand wurde schließlich blutig nie– dergeschlagen, dann griff Statthalter Herberstorf hart durch. Alle Untertanen mußten entweder ka– tholisch werden oder ihr Hab und Gut verkaufen und in ein evangelisches Land auswandern. Dieje– nigen, die sich nicht von der Heimat trennen konn– ten und noch immer auf eine Wende hofften, wur– den nun aufs schwerste drangsaliert. Herberstorf ließ Kriegsknechte in die noch nicht konvertierten Bürgerhäuser legen: 10, 20, ja in die Häuser der Reichen bis zu 100 Mann und gab den Befehl, die– se sofort wieder auszulogieren, wenn der Bürger den katholischen Glauben annehmen sollte. Alle Ratsherrnstellen durften schon seit 1623 nur mit Katholiken besetzt werden , aber es waren nur 16 katholische Bürger aufzutreiben, sodaß die übrigen Stellen mit Evangelischen besetzt werden mußten. Den Steyrern wurde der Besuch des katholischen Gottesdienstes befohlen. Wer nicht ging , zahlte das erst Mal einen Taler Strafe, hernach immer das Dop– pelte. Mit Hilfe der Soldaten führte der katholische Rat die Kontrolle durch. Alle Bibeln und lutherischen Gesang- und Andachtsbücher mußten abgeliefert werden. Über 20 Wagen voll mit Büchern wurden BAUERNKRIEG vor den Augen der Bürger verbrannt. Unter Tränen erklärten die evangelischen Steyrer, daß es ihnen lieber wäre, wenn man ihnen die Seele aus dem Leibe risse, als daß man ihnen diese Bücher weg– nähme. Am 26. März 1627 richtete man neun lutherische Bauernführer in Linz hin. Darunter waren auch die Steyrer Madlseder, Dr. Holzmüller, Angerholzer und der Losensteiner Haizenauer. Die Köpfe Madlseders und Holzmüllers brachte der Scharfrichter von Linz nach Steyr, um sie am 29. März auf den Pranger zu spießen. Erst nach eineinhalb Jahren, nach vielen Bitten und nachdem sie zum katholischen Glauben übergetreten waren, wurde es den beiden Witwen gestattet, die Köpfe bei der Bruderhauskirche zu bestatten. Wegen Beteiligung am Bauernaufstand wurden am 23. April der Stadtkämmerer Himmelberger und am 12. August 1927 der Bürger Hofmann hinge– richtet. Die Rekatholisierung in Steyr Nach der Niederwerfung der Bauern verfügte Kaiser Ferdinand II., daß jeder, der nicht zum rö– misch-katholischen Glauben übertrete, noch im Jahr 1627 Hab und Gut verkaufen und nach Deutsch– land auswandern müsse. Mehr als ein Drittel der Bürger von Steyr verkauften ihre Häuser und wan– derten aus. Ihren evangelischen Glauben zu er– halten, war ihnen jedes Opfer wert. So standen dann von etwa 700 Häusern über 300 leer. Da mag wohl der Kaiser, als er am 11. Juni 1630 an der Fron– leichnamsprozession in Steyr teilnahm, darüber nachgedacht haben, wohin seine fanatische Gegen– reformation geführt hatte. Das vorher so blühende 21

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