100 Jahre Evangelische Kirche Steyr Stadt 1898-1998
1. Gegenreformation 1599 - 1608 Am 21. Februar 1599 weihte der Weihbischof zu Passau die Stadtpfarrkirche der evangelischen Stadt Steyr neu und wieder katholisch. In den Messen aber war das evangelische Volk nicht zugegen. In den Adelsschlössern, wo die Herren ihre vom Kai– ser verbrieften Rechte der Ausübung des lutheri– schen Glaubens hatten, wie in Stadlkirchen und Losensteinleiten, versammelten sich die Steyrer Bür– ger zum Gottesdienst und Sakramentsempfang. Jeden Sonntag wanderten 400 - 500 Leute zum evangelischen Gottesdienst in Losensteinleiten. Im Bürgerspital hielt ein Schneider „wie ein Prädikant" (heute würde man ihn Lektor nennen) Predigt und Belehrung der Kinder. Am Markustag 1601 versuchte man zum ersten Mal eine katholische Prozession von Garsten nach Steyr zu führen. Am Gilgentor wurde sie am Weiter– ziehen von den aufgebrachten Steyrer Bürgern, denen man Kirchen und Pfarrer genommen hatte, gehindert. Als Strafe dafür sollte die Stadt deshalb an das Stift Garsten 10.000 Dukaten und 600 Gul – den bezahlen. 200 Gulden aber schienen dem Rat gerade genug. Von 1599 - 1608 konnten die Bürger in Steyr kei– nen evangelischen Gottesdienst besuchen. Die Gotteshäuser waren in diesen Jahren an die rö– misch-katholische Kirche zurückgegeben, die evan– gelischen Pfarrer und Lehrer des Landes verwie– sen worden. Das hatte Kaiser Rudolf II. durchge– setzt. Als aber sein Bruder Matthias mit Hilfe der evangelischen Adeligen den Kaiser entmachtete und die Herrschaft an sich riß, gab er als Gegenlei– stung den Evangelischen in Ober- und Niederöster– reich die Glaubensfreiheit zurück. In seiner GEGENREFORMATION Religionskapitulation vom 19. März 1609 verfügte er: ,,Die evangelischen Stände der Herren, Ritter, Städte und Märkte sollen ihre freie Reli– gionsausübung auf ihren Schlössern, Häusern und Besitzungen haben". Nun durften die vertriebenen Pfarrer und Lehrer nach Steyr zurückkehren und der lutherisch gesinnte Magistrat gewährte ihnen seine tatkräftige Unterstützung. Neue evangelische Blütezeit 1608 - 1624 Groß war die Freude, als nach der zehnjährigen Unterdrückung zuerst in der Schulkirche (heutige Marienkirche) und bald in den anderen Kirchen die zurückgekehrten Prediger wieder evangelische Gottesdienste halten durften. Auch das evangeli– sche Gymnasium wurde wieder eröffnet und Egydius Weixelberger, aus Regensburg kommend , zum Rektor bestellt. Er holte sich aus dem Wald– viertel den Musiklehrer und Orgelbauer Paul Peuerl, der sich in Steyr auch als Komponist einen Namen machte. So erlebte die evangelische Lateinschule und die evangelisch gebliebene Stadt Steyr noch einmal eine kurze Blütezeit bis zum Tode des Kai– sers Matthias. Diesem folgte der Erzherzog von lnnerösterreich als Kaiser Ferdinand II. 2. Gegenreformation ab 1624 Ferdinand II. hatte schon als Erzherzog gelobt: ,,Lieber will ich über eine Wüste herrschen, als Ket– zer in meinem lande dulden" und es wurde mit gro– ßer Härte die Gegenreformation in lnnerösterreich durchgeführt. Als Kaiser wollte er, seinem Schwur getreu, auch in Ober- und Niederösterreich syste– matisch dem alten Glauben als alleinige Reichs– religion zum Siege verhelfen. In seinem 19
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