100 Jahre Evangelische Kirche Steyr Stadt 1898-1998

REFORMATION lieh werden. Die Verkündigung und der Verkauf des Ablasses, um zur Erbauung der Peterskirche in Rom Geld aufzutreiben, waren vielleicht nur mehr der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Die Fastenprediger Patrizius (1520) und Calixtus (1525-26) waren die ersten, die lutherische Gedan– ken in ihre Predigten in der Stadtpfarrkirche ein– brachten. Besonders die Predigten des Calixtus hin– terließen tiefen Eindruck. Er warnte die Zuhörer vor der Meinung, sich mit guten Werken den Himmel kaufen zu können: ,,In den Himmel können wir nur durch die Gnade Christi gelangen", und er forderte auf, aus Liebe zum Nächsten zu handeln. Er veran– laßte wie Luther die Aufstellung eines (all)gemeinen Kastens, aus dessen Ertrag die Armen unterstützt werden sollten. So begann die Reformation in Steyr mit der Re– gelung der Armenpflege, wie sie Luther forderte: ,,Es soll eine jegliche Stadt ihre armen Leute ver- 14 sorgen ... und einen Verwalter oder Vormund be– stellen, der alle Armen kennt und das, was ihnen not wäre, dem Rate ansagt" . Den Priestern war Calixtus ein Dorn im Auge. Ihre Einkünfte nahmen unter dem Eindruck seiner Predigt ab. Er mußte auf Befehl Erzherzog Ferdinands das Land verlassen. Bald darauf predigte Stadtpfarrer Michael Forster, Benediktinermönch des Stiftes Garsten, ebenfalls verdächtige Lehren, da auch er lutherisch gesinnt war. Seit der Errichtung des Klosters in Garsten gehörte die Steyrer Stadtpfarre zu diesem und die Äbte von Garsten wachten über das religiöse Le– ben der Stadt. 1527 wollte der Abt den Stadtpfarrer zwingen, sein Amt niederzulegen. Die Steyrer Bür– ger und der Schloßpfleger erklärten aber, daß dann eine Volkserhebung zu befürchten wäre. Zu einem Ende des Streites kam es nicht, da Forster vorher starb. Dieser Protest war ein deutliches Zeichen dafür, wie eifrig die Steyrer Bürger die Schriften Lu-

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