Zum 100. Geburtstag von Enrica Handel-Mazzetti

Landeshauptmann Dr. Dr. h. c. Heinrich Gleißner Enrica von Handel-Mazzetti hat im Rahmen eines imposanten künstlerischen Gesamt- werkes die Geschichte unseres Landes, vornehmlich die konfessionellen Kämpfe der Gegenreformation, dichterisch gestaltet. Niemals hat ein österreichischer Autor so mutig, aber auch so leidvoll für die Toleranz und für den christlichen Humanismus gestritten wie Enrica von Handel-Mazzetti auf der ihr von Natur aus zugewiesenen küns tlerischen Ebene. Schicksalsschläge blieben ihr nicht erspart. Sie zerbrach daran nicht, sondern trug sie mit bewundernswerter Haltung. Als sie nach großen literarischen Erfolgen, durch die Zeitumstände bedingt, verarmt war, hat ihr das Land Oberösterreich eine Ehrenpension zugesprochen . Jeder öffentlichen Ehrung abhold, war sie lange Zeit nur von wenigen Getreuen umgeben. Die Stadt Steyr gedenkt ihres 100. Geburtstages am 10. Jänner 1971 mit einer Feier und einer Ausstellung. Das Land Oberösterreich glaubt, mit einer Feierstunde im Linzer Landestheater ihr künstlerisches Vermächtnis wieder aufgreifen zu können und mit dieser Monographie aus der Feder des von Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Moriz Enzinger, eines gebürtigen Steyrers, eine Schrift darzubringen, die der heute zu Unrecht ver- gessenen Dichterin den gebührenden Platz in der Literaturgeschichte einräumt. Das von Hofrat Dr. Kurt Vancsa verdienstvoll gegründete und erweiterte Enrica- von-Handel-Mazzetti-Archiv wird in den neu gemieteten Räumen des von Dr. Alois Großschopf geleiteten Adalbert Stifter-Institutes eine Heimstätte finden und nach der Sichtung und Ordnung der Bestände der Forschung zugänglich sein. Unweit vom Grabe Adalbert Stifters, auf dem St .-Barbara-Friedhofe zu Linz, fand Enrica von Handel-Mazzetti ihre letzte Ruhestätte. Ein Vergleich von schicksalhafter Bedeutung drängt sich auf: Stifters großer historischer Roman „Witiko", lange Zeit als schwaches Alterswerk abgetan, wird heute als ein Meisterwerk deutscher Prosa anerkannt. Enrica von Handel-Mazzetti ist in unseren Tagen fast vergessen, obwohl sie als Erneuerin des historischen Romans im neuromantischen Sinne gilt. Es ergibt sich die Frage, ob wir, in einer Zeit ungeheurer Auf- und Umbrüche, auf ein Werk, das nicht so sehr der Kunst als vielmehr dem Sendungsbewußtsein im Geiste der Toleranz verschrieben ist, auf die Dauer verzichten können. So ist auch die Initiative des Landes Oberösterreich zu verstehen.

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