Zum 100. Geburtstag von Enrica Handel-Mazzetti
„Morals and Dogma of the ancient an accepted Scottish Rite", Mackey's „Ma,sonic Ritualist", ,,The Encyclopedia of Freemasonry and other American Maison Standard Works", edit. by Arthur Preus-s, wozu auch der Jesuitenpater Herm"1nn Gruber noch einiges beisteuerte 71 • ,,Ritas Vermächtniis" ist wieder ganz dramatilsch gebaut, so daß •sich fast eine Gliede- rung nach Akten und Szenen ergibt; auch die Spieldauer ist begrenzt, es spielt im Herbst 1899 von Freitag abends bis Sonntag abends, also in drei Tagen, ungefähr wie die „Arme Margaret", genauer zwei Nächte und zwei Tage. Der Krieg und Handel-Mazzettis Spitalsdienst legte zwei Büchlein nahe: ,,Der Blumen- teufel" und „Ilko Smutniak, der Ulan", beide Lebensskizzen aus ,der Zeit erwachsen und ohne künstlerische Ansprüche. Aber ,der Krieg und die Nachkriegszeit rollte manche Frage auf, und Handel-Mazzetti suchte mit diesen Problemen fertig zu werden, wieder in zwei Romanen, die irgendwie zusammengehören, nicht nur durch die Zeit, in der sie spielen, nach dem großen Krieg gegen Napoleon, -sondern ,auch dia,durch, daß .sie nach dem Zusammenbruch von 1918 mahnend auf sittliche Größe und Ab- irrungen hinweisen wollen. Im „Deutschen Helden" (1920, neue Ausgabe: ,,Karl von Aspern", Linz 1948) wird der tapfere Invalide Georg v. Tessenburg, ein harter Haudegen, der das Vermögen s·ei- ner Frau durchgebracht hat, zum Mörder am Vater eines Kindes, das den von ihm für seinen eigenen Sohn angestrebten Freiplatz im There.siall/Um erhalten hat. Und nun stellt sich der ganze Roman die Aufgabe, Tessenburg zur Einsicht zu bringen, daß seine Handlung ein Verbrechen war, das durch den Tod gesühnt werden muß. So steht im Mittelpunkt die Szene, in der auch der Kaiser daJs Gnadengesuch von Tessen- burg.s Frau verwirft (VI. Kap.). Es ist ein Problem wie in H. v. Kleists Drama „Der Prinz v. Homburg". Kleist wird übrigens selbst mehrmals erwähnt. Tes-senburg er- kennt schließlich die Gerechtigkeit des Urteils an und büßt nach Umkehr und Einkehr mit dem Tod durch Erschießen. Wieder ist das Buch d11amati-sch aufgebaut, wieder knapp und übersichtlich, ähnlich wie die „Arme Margaret", bei der es sich ja auch um die Sühne einer Untat durch den Tod handelte. Und Schillers „Maria Stuart" ,steht in ihrer dramatischen Problematik dem Ganzen nahe. Aber obwohl Zeit und Umwelt mit vielen Einzelheiten gezeichnet •sind, wird das nicht so lebendig wie in den frühe- ren Büchern. Der ,deutsche Held : das ist nicht Tessenburg, sondern ·sein Richter Erzherzog Karl, der Sieger von Aspern, der zum Schluß die Idee mit Anklängen an Schiller und Herder 72 zusammenfaßt in die Worte: ,,Ich sagte: Tessenburg ist das Zerrbild deutscher Heldenschaft. Aber heute nehme ich dieses Wort zurück. Tessen- burg war deutscher Held. Er fiel in Sünde, und er büßte herrlich. Nicht der Selbst- gerechte, nicht der Bewunderte ist der erste im Heldentum, sondern der Starke, der siegte, fehlte, in Christo büßte und in Christo aufersteht." Und wenn im letzten Abschnitt zur österreichischen Hymne improvisiert Strophen auf Erzherzog Karl er- tönen, so klingt das zugleich wie ein Gesang auf das alte Österreich-Ungarn und seinen letzten Kaiser, der auch Karl hieß. Die 12 Kapitel beginnen an einem Samstag, dem 21. Mai 1817, nach 5 Uhr abends und enden am 23. Mai morgens um 5 Uhr früh. Die Zeitdauer beträgt als o genau 36 Stunden, nicht einmal volle zwei Tage, ohne Pause. So erscheint der Aufbau noch kompakter und noch gedrängter als der der „Armen Margaret" 73 und erinnert dadurch, daß das Urteil bereits gefällt ist und es sich nur noch fr ag t, ob es auch vollzogen werden wird, an Schillers „Maria Stuart". Dabei muß eine Merkwürdigkeit hervor- gehoben werden, die dem Zeitablauf widerspricht. Im IX. Kapitel wird die Hinrichtung Tessenburgs eingehend vorgeführt, und im XI. Kapitel wird vom Spital der Elisabethi- nen aus alles, wenn auch nicht unmittelbar, mitgemacht (S. 483 ff.), eine nachgeholte P,arallelszene. So macht man das Geschehen nochmals mit, denn es kann keine Erinnerung sein, sondern wird als Gegenwart dargestellt. Während Tessenburg wie Herliberg zur Einsicht kommt und büßt, trägt Sophie, Tessenburg,s Frau, die Züge einer jungen Martyrin der Katakomben (,,Deutscher Held", S. 213), ja sie wird einmal das „Kätchen von Heilbronn", ferner Kohlhasens Lisbeth, Philippine Welser, Lenore und im Kloster Schneewittchen genannt, eine Anna Katharina Emerich, die Selige Merla oder einfach das „Seelchen" 74 • Erzherzog Kal'l aber erwidert auf die Fürbitte Frau Tessenburgs um Begnadigung (S. 215): ,,Das kann nur Gott", aruch hier dem Kur- fürsten im „Prinzen v. Homburg" verwandt sowie Grillparzers „Bankban", der zu König Andreas sagt: ,,Sei ganz wie Gott." Und so erhält er Züge des miles christianus. 32
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