Zum 100. Geburtstag von Enrica Handel-Mazzetti
die geläufigen Embleme charakterisiert werden - Luzifer als der Lügengeist wird schließlich in den Abgrund gestürzt. Das elfte Bild führte eine Seele im Pi1gergewande vor, die von ihrem Engel in die Glorie Sions emporgehoben wird. Jesus steht als Kind, doch im Königsgewand, wie später in „Frau Maria" im „Spiel von den zehn Jung- frauen", auf einem von den vier Zeichen der Evangelisten getragenen goldenen Thron, die Religion sitzt zu Füßen des Kindes, die HI. Schrift im Schoße, um sie stehen im Halbkreis die Tugenden 23 • Die Verse, die gesprochen werden, reichen von Stanzen bis zu jenen Dipodien der letzten Fausthymnen, die schon im Ostergesang (Faust I) anklangen und lateinischen Hymnen nachgebildet •sind 24 • ,,0 Aloysi, 0 Aloysi, Tende clientibus Te invocantibus Dextram in singuHs Periculis." D<!!s Ganz·e irst ~n Musik ein- gebettet, der Christ, der zum Schluß erwacht, hat diese Wunderschau im Traum gesehen. So vereinen sich alle Momente barocker Kunst bereits in diesem kleinen Spiel. Ähnlich wird in einem Stückchen, ebenfalls aus 1887, ,,Maria der Spiegel der Frauen" gedeutet (We11dejahre 2, 27 ff.), Biblia und Traditio stellen ,als Festtagsgeschenk für geistliche Frauen in verschiedenen Bildern die Jungfrau Mar1a und andere Heilige, darunter auch Agnes, als Verkörperung bestimmter Tugenden in Versen vor, die mit dem Wechsel des Rhythmus an Schillers „Eleusisches Fest" anschließen. Maria Ward, die Stifterin des Ordens der Englischen Fräulein, leitet zu den fünf klugen Jungfrauen über (wieder das Spiel in „Frau Maria"!) nach dem Gemälde Pilotys, und Biblia und Traditio beschließen das Ganze, das ja nur ein Aufzug nach Art der Moralität und kein Stück ist. Zu den vier Kardinaltugenden treten die göttlichen, Glaube, Hoffnung, Liebe, sowie die drei ,geistlichen Tugenden, Armut, Keuschheit, Gehorsam, immer durch eine geschichtliche Gestalt verkörpert. So wird neben der heiligen Katharina die Klugheit als Gottesbraut, die heilige Agnes als Starkmut, auch Johanna d'Are als Verkörperung der Gerechtigkeit beschworen. In ähnlicher Bildertechnik werden im „Frauenspiegel" 25 (1893) von Klio Frauengestalten von der Bibel an über christliche Heilige (Agnes, Elisabeth und Cäcilia sind wieder darunter) fromme Frauen der Neuzeit, Johanna Franziska Chantal, Maria Ward und Frauen aus dem Hause Habs- burg vorgeführt, wozu Klio erläuternde Strophen spricht. Die „Zukunft" schließt mit einem Ausblick .auf Habsburgs Töchter. Ähnlich ist auch „Die wiedereröffnete Him- melstür" (1894, Werdejahre 1, 313 ff.), bei einer Wohltätigkeitvorstellung in Lussin Grande aufgeführt, ein Spiel mit allegorischen Gestalten. Das durch die Sünde ver- sperrte Himmelstor öffnet sich auf die Sühne von Christi Kreuzestod der Menschheit wieder. Nochmals klingt Schiller, vor allem ·sein Gedicht „Hoffnung" an (,,Es reden und träumen die Menschen viel"), mit dem Osterlied schließt das Ganze. In „Talitha" (1894 zum ersten Mal im Wiener „Waisenboten" gedruckt) wird ein krankes Mädchen, das es sich nicht nehmen läßt, zur Krippe des Heilands zu gehen, durch seinen Glauben gesund; ein Engelchor singt: ,,Dies ist der Tag, von Gott gemacht" 26 , eine Paraphrase des bekannten katholischen Kirchenliedes . Der Brief an Nepotian" führt in frühchristliche Zeit (1895), St. Aloysius bringt wieder Bilder aus dem Leben des Heiligen 27 • Aber zu den religiösen Spielen gesellen sich früh solche aus geschichtlichem Bereich. Ein Weihnachtsspiel „In Terra pax" (1890) 28 dramatisiert eine literarische Anekdote um den verarmten Fabeldichter Lafontaine, den der Enkel Ludwigs des XIV., Prinz Ludwig, ein Geldgeschenk zur Linderung seiner Not verdi.enen läßt. Eine erbauliche moralische Geschichte, die in ein Weihnachtsbild endet und in Jamben geschrieben ist. ,,Die Leiden eines Kindes" (1892) 29 verwerten eine Episode aus dem Leben Cromwells. Seine Tochter leidet unter ,den „Untaten" ihre s Vaters und erwirkt Gnade für einen Verbannten, so daß er zu seinen Kindern zurückkehren darf. Durchflochten i,st die reale Handlung mit Engelserscheinungen. Ein krankes Kind hat sein Leben als Opfer für die Rückkehr des Vaters angeboten, man mag an den kleinen Edwin Mac Endoll in „Meinrad Helmperger" denken. Während hier die geschichtliche Anekdote mit Momenten des Klostertheaters ans überirdische geknüpft wiJ.1d, bleibt „Anna le . Gran" (1892) 30 ganz auf irdischem Boden. Die Franzosen nähern sich St. Pölten. Der Maler Le Gran will mit seiner Tochter fliehen, aber sie bleibt im bedrohten Kloster und weiß in einer anmutigen Szene durch eine Ansprache in französischen Versen den General d'Aubri zu Tränen zu rühren, so daß er das Kloster ,schont und den Weiter- marsch der Truppen befiehlt . Der Vater Le Grian kehrt zurück und es herrscht nun Jubel und Dank über die Befreiung. Wie später die „Waxenbergerin" spricht eine der Nonnen Mundart, ,und die Kernszene läßt an Mariechen von Bronnen vor König 16
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