Amtsblatt 1910/15 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

60 Was die aus diesen Maßregeln erwachsenden Kosten anbelangt, so wird auf die Bestimmungen des Punktes 8 verwiesen. 8. Sichcrstcllung der Kosten. Bei jeder Aufgreifung wandernder Zigeunerbanden sind behufs Sicherstellung der Verwahrungs- oder Schubkasten, der Verpflegskoste« der Unmündigen (Punkt 3), der Feld- und Forstsrevelschadenersatzbeträge (Punkt 5), sowie die Kosten der ärztlichen und tierärztlichen Beschau (Punkt 6 und 7) deren Wägen, gesund befundener Pferde und sonstige Effekten pfandweise zu beschreiben und in amtliche Verwahrung zu überuehmen, sowie endlich eventuell zur Bedeckung der sonst uneinbringlichen rechtskräftig auserlegten Kostenersätze exekutiv zu veräußern. 9. Ausübung von Wandergewerben. Mitführung von Kindern. Es ist darauf zu achten, daß die mit Bewilligungen zur Ausübung von Gewerben im Herumwander«, oder mit Mufiklizenzen versehenen Zigeuner, diese ihre Befugniffe nicht zu Ausschreitungen irgend welcher Art mißbrauchen. Sollte dieses konstatiert werden, so ist ihnen der betreffende Erlaubnisschein abzunehmen und samt der Tatbestandsbeschreibung ander vorzulegen, worauf derselbe jener Behörde, welche ihn ausgestellt hat, übersendet, der beanständete Zigeuner aber nach der gegen ihn etwa durchgeführten Strafamtshandlung, wenn nötig der weiteren Behandlung nach dem Schubgesetze unterzogen werden wird. Der letzteren Behandlung unterliegen auch die von demselben entgegen dem in der betreffenden Mustklizenz oder dem Erlaubnisscheine enthaltenen Verbote mitgeführten Angehörigen. Die Bewilligung zur Ausübung von Gewerben im Um- berziehen (Schleifer, Keffelflicker, Negenschirmausbesserer w) gilt stets nur für den Sprengel jener Behörde, von welcher sie erteilt wurde, sie ist daher für den Bezirk Steyr nur dann gültig, wenn sie von der k. k. Bezirkshauptmannschaft vidiert worden ist. Die Inhaber derartiger Bewilligungen sind, wofern in den Dokumenten das Gegenteil nicht ausdrücklich bestimmt worden ist, nicht berechtigt, bei ihrem Geschäfte Gehilfen zu verwenden und bespannte Wägen oder Lasttiere zu gebrauche«, es ist ihnen ferner unbedingt verboten, Kinder unter 14 Jahren mit sich zu führen. (Erlaß des Ministeriums des Innern vom 23. Dezember 1881, Z. 2049). Letzteres Verbot gilt auch für die Inhaber von Musiklizenzen. Gemäß § 31 der definitiven Schul- und Unterrichts- ordnung vom 29. September 1905, N.-G.-Bl. Nr. 159, dürfen Personen, die eine Wanderbeschäftigung ausüben, ihre im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder durch die Mitnahme auf die Wanderschaft dem für die öffentliche Volksschule vorgeschriebenen Unterrichte nach § 20 des Reichsvolksschulgesetzes nicht entziehen. Die schulpflichtigen Kinder solcher Personen haben ! ihrer Schulpflicht in der Regel an ihrem Wohnorte nach- zukommen. Es ist nicht erlaubt, derartige auf die Wanderung mitgenommene Kinder gelegentlich des Aufenthaltes in einem Schul orte zum Schulbesuche zuzulassen und einen solchen Schulbesuch in eigenen Schulwanderbüchern zu bestätigen. Uebertretungen dieser Verbote sind von der k k. Be- zirkshauplmannschast nach den Bestimmungen der Ministerial- Verorduung vom 30. September 1857, R -G.-Bl. Nr. 198, zu ahnden. 10. Förderung des ZigeunernnwesenS. Sache der Gemeinden ist es, die Bevölkerung wiederholt aufzuklären, daß das Zigeunerunwesen' durch das Beschenken bettelnder Zigeuner mit Geld oder Lebensmitteln außerordentlich gefördert wird und daß es Pflicht jedes einzelnen ist, bettelnde Zigeuner nicht zu beteilen, sondern sofort mittelst Eilboten bei der k. k. Gendarmerie anzuzeige«. Die nachhaltigste Förderung des Zigeunerunwesens laffen sich aber jene zuschulden kommen, welche den Zigeunern Pferde abkaufen; wer sich mit Zigeunern in einem Pferdehandel einläßt, veranlaßt die Zigeuer nicht allein zum längere» Verweilen in der Gemeinde, sondern oft auch zur Wiederkehr, er ist häufig Schuld daran, daß andere Zigeuner- banden die betreffende Gegend aufsnchen. 11. Einheitliches Zusammenwirken der Behörden, der Gendarmerie, der Gemeinde-Vorstehungen und der gesamten Bevölkerung. Die Hauptaufgabe der Behörden bei der Bekämpfung des Zigeunerunwesens muß ein einheitliches Zusammenwirken bilden, zu welchem außer der Gendarmerie, namentlich auch die Gemeinde - Vorstehungen als Lokalpolizeibehörden verpflichtet sind. Je mehr die nomadisierenden Zigeuner in ihrer Unze bundenheit beunruhigt und gestört werden, desto mehr werden sie Gegenden meiden, in welchen nach deren geordneten administrativen Verhältniffen für Nomaden kein Raum mehr ist. Daher muß jedes Auflauchen einer Zigeunerbande in einem Gemeindegebiele sofort dem nächsten Gendarmerie- Posten gemeldet werden, damit die obenbezeichneten Amtshandlungen sofort mit allem Nachdrucke eingeleitet werden können. Sollten die Gemeiudeorgaue nicht imstande sein, eine Zigeunerbande einzuliefern und die letztere etwa mittlerweile iveitergegangen sein, so werden sie die Gemeinde-Vorstehungen und Gendarmerieposten, in dessen Richtung die Zigeuner sich entfernt haben, durch Eilboten hievon 311 verständigen haben, damit jedes weitere Eindringen der Zigeuner in das Innere des Landes wirksam hintangehalten, dieselben vielmehr zustande gebracht und außer Landes geschafft werden. Es wird gewärtigt, daß sich die Gemeinde-Vorstehungen mit dem Inhalte dieses Erlaffes vertraut mache« und auch ihrerseits alles vorkehren werden, unr diesem Unwesen zu steuern, da ohne tatkräftiges Mitwirken der Geineinde« und der gesamten Bevölkerung an eine wirksame Abhilfe nicht zu denken ist. Zu Punkt 9 wird schließlich noch bemerkt, daß es sicb empfiehlt, den Zigeunern Reisepässe, Personalurkunden, Gewerbescheine, Lizenzen, Arbeits- und Dieustbotenbücher u. derql. abzunehmen und sofort der k. k. Bezirkshauptmannschaft zur Einsicht und Vormerkung der Daten zu übersenden, damit von h. a. bei den betreffenden Behörden tunlichst auf die Unterlassung der Ausfertigung solcher Dokumente hingewirkt werde« kann. Z. 7607,8107, 81O8U. 8109. Steyr, 12. April 1910. An alle Gemeinde - vorstehungen und t. k. Gendarmerie-Posten-Uommanden. Warnung vor Unterstiitznngsschtvindlcr und zwar: Alois Josef Pfeifer (auch Pfeiffer), Buchhalter, 1879 am Berg bei Karlsbad geb. und nach Koßlau zust ; Otto Emil Schmiedbauer, 1886 in Dresden geb., nach St. Lambrecht zust.;'

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