Amtsblatt 1909/25 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

116 I. Grundsätzliche Bestimmungen. 1. Zweck Durch die Institution der Ernteurlaube soll sowohl der Landwirtschaft int allgemeinen, als auch insbesondere jenen Landwirten, deren Söhne ihrer Dienstpflicht in der Wehrmacht obliegen, eine Förderung zuteil werden. In erster Linie soll sonach dem Bauernstand geholfen werden, doch können in manchen Bereichen auch die berufsmäßigen Feldarbeiter in Betracht kommen; letztere Mannschaft insbesondere dann, wenn sie, im letzten Präsenzdienstjahre stehend, dadurch die Möglichkeit erhält, für ihr Unterkommen nach der Beurlaubung im Herbste vorznsorgen. 2. Unter allen Verhältnissen ist als oberster Grundsatz festznlialtcn, daß Dienst, Ausbildung und die Zwecke; der Wehrmacht nicht beeinträchtigt werden dürfen. 3. Ernteurlaube können, insoweit es nach den später ; folgenden Einschränkungen zulägig ist, für die Getreide- j und Heuernte gewährt werden. ! 4. Mit Rücksicht anf die mannigfache Verschiedenheit der sozialen, geographischen und klimatischen Verhältnisse und die dementsprechenden landwirtschaftlichen Arbeiten und Arbeitstermine lassen sich einheitliche, allgemein gültige Normen nur im Großen festsetzen; bei deren Durchführung wird — auch bei bestem Willen — niemals allen Wünschen und Ansprüchen entsprochen werden können. Soweit es mit den militärischen Forderungen vereinbart werden kann, ist immerhin berücksichtiguugswürdigen Ansuchen Einzelner, wie i den Interessen der Landwirtschaft im allgemeinen in wohl- 1 wollender Weise entgegenznkommen. , , 5. Auf die Dauer einheitlich festgesetzter, allgemeiner j Erntcnrlanbc ist grundsätzlich Waffenruhe zu halten; Ausnahmen und Einschränkungen dieser Bestimmung sind später angeführt. II. Zuerkennung von Ernteurlaubcn (Urlauben während der Waffenruhe.) 1. Im allgemeinen sind minderkonduisierte, sowie in der Ausbildung zurückgebliebene Soldaten, dann Frühjahrsrekruten, endlich Einjährig-Freiwillige von der Beurlaubung auszuschließen. 2. Die Beurlaubung ist an keinen bestimmten Ort gebunden, doch sind Beurlaubungen in verseuchte Gegenden unzulässig. 3. Ansonsten ist nachstehende Reihenfolge der Berücksichtigung einzuhalten: a) Besitzer oder Pächter von landwirtschaftlichen i Gütern, sowie Söhne von Besitzern (Pächtern), welche auf f die Begünstigung als Familienerhalter nach § 34 des ; Wehrgesctzes nur aus dein Grunde keinen Anspruch besitzen, weil ihre Brüder den Präsenzdienst freiwillig fort- I setzen, oder sich im Auslande zu Erwerbszwecken dauernd aüfhalten oder einen eigenen Hausstand als Landwirte gegründet haben. b) Söhne von kleineren und mittleren Landwirt- schastsbcsitzern-(pächtern) überhaupt. «) Landwirtschaftliche Arbeiter bei besonderer Ve- rückstchtigung der im letzten Präsenzdienstjahre stehenden Mannschaft. 4. Während der allgemeinen Waffenruhe kann auch s v n sl i q e Mannschaft, die nicht direkt zu Erntezwecken nni Urlaub bittet, nach Zulässigkeit für kürzere Zeit beurlaubt werden. III. Umfang der zulässigen Beurlaubung bei den einzelnen Waffen- (Truppen) -gattungen, Branchen und Anstalten. A. Infanterie- und Jügertruppc, schwere Haubitzdivisionen, Gebirgs- und Festnngsartilleric, Traintruppe. 1. Bei den vorgenannten Truppen kann während der : Erntezeit im allgemeinen eine dreiwöchentliche Waffenruhe bei gleichzeitiger Erteilung von Erntcurlanben platzgreifen. Dies ist jedoch nur in dem Umfang zulässig, als nicht ! der Wachdienst und der spezielle Dienst in Gebirgsbefesti- i gungen, die Pferdewartnug, der Werkstättenbelrieb, die Durchführung von Schießübungen (bei der Artillerie), die Aufstellung von Spezialformationen, die Bereitbaltung eventuell notwendiger Assistenzabteilungen schließlich besondere politische Nerbültnisse eine Einschränkung bedingen; erforderlichenfalls kann demnach die Beurlaubung auch auf den im folgenden Abschnitt B für die übrigen Truppen vorgesehenen Umfang beschränkt bleiben. Die Entscheidung hierüber treffen die Militärterritorialkommanden. 2. Grundsätzlich ist in jedem Truppcnkörper nur ein dreiwöchentlicher Waffcuruhe-(Ernteurlanbs-)termin zulässig. Hienach ist seitens der Militärterritorialkommandos die Zeiteinteilung für die Ausbildungsperioden der Truppeukörper und für die Waffenübungsperioden der Richtaktiven zu regeln. Außerhalb des allgemeiuen (einheitlichen) Tcrmiues können bei den genannten Truppen im Interesse der Ausbildung nur in ganz besonders rücksichtswürdigen Fällen vereinzelte Erntcnrlaube von kürzerer Daner gewährt werden. Dies muß schon deshalb als Ausnahme gelten, damit außerhalb der Waffenruhezeit mit größtmöglichen Ständen ausgerückt werden könne. 3. Die Erteurlaubs-(Waffenruhe-)termine sind sonach truppenkörperweise, nach den für die Hauptmasse der Mannschaft in Betracht kommenden Zeiträumen, von den Territorialkommanden, im Einvernehmen mit den politischen Behörden und eventuellen landwirtschaftlichen Stellen zu erheben. Wenn es die lokalen Verhältnisse innerhalb des Ter- ritorialbereiches gestatten, ist für alle vorgenannten Truppen ein gleichzeitiger Waffenruhetermin anzustreben, oder es sind doch allzugroße Zeitunterschiede tunlichst zu vermeiden. 4. Die Möglichkeit und Zulässigkeit einer Verschiebung der ermittelten und bereits festgesetzten Ernteurlaubs - (Waffenruhe-)termine wegen abnormer Witterungsverhältnisse bleibt dem Ermessen der Territorialkommanden überlassen. 8 Kavallerie, Feldartillerie (ausgenommen schwere Hau- bitzdivisionen) technische Truppen, Sanitätstrnppc, Branchen und Anstalten. 1.- Bei den vorgenannten Truppen, den Branchen und Anstalten ist eine allgemeine Beurlaubung bei gleichzeitiger Waffenruhe unzulässig und können demnach nur, soweit es die Kontinuität der Ausbildung und die Aus- büduna und die Aufrechthaltnug des DieustbetttebeS zn- lapt, Ernteurlaube an Einzelne in der erforderlichen Da bis zn drei Wochen, ohne bestimmten Termin erteilt we • 2. Den Umfang der Benrlaubungen bestimmen l ^ruppenkommandanten (Gleichgestellten).

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