Amtsblatt 1908/17 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr

74 Nachdem die fliegenden Schwärme der Heuschrecken die Mais-, Bohnen-, Roggen- und Tabakpflanzungen vernichte! oder stark beschädigt hatten und weiter gezogen waren, j bauten die Kolonisten ihre Felder zwar von neuem mit J Mais und Bohnen an; es wurde jedoch, da die Heuschrecken ' dort, wo sie sich längere Zeit ausgehaltcn hatten, eine unge- , heure Menge von Eiern zurückgelassen, durch die junge Brüt auch die neue Saat vernichtet. Auch die Wiesen und Steppen blieben von der Verwüstung nicht verschont und es trat insolgedeflen Mangel von Viehsulter ein. Der angerichtete Schaden wird wahrscheinlich eine Verteuerung der landwirtschaftlichen Produkte herbeiführen. Die Staatsregierung hat keine Verfügung getroffen,, um die Landbevölkerung in dem Kampfe gegen die Plage zu unterstützen und eine planmäßige Bekämpfung derselben zu organisieren. Die Kolonisten geben sich zwar Mühe, die Heuschrecken zu vertilgen, die ihnen zur Verfügung flehenden Mittel sind aber meistens nicht hinreichend. Mit Rücksicht auf die so fchlechte wirtschaftliche Lage in Parana, mnß von der Auswanderung dahin noch immer oringendst abgeraten werden. Hievon sind die intereffierten Kreise in ortsüblicherweise in Kenntnis zu setzen. Z. 6108. Steyr, 14. April 1908. An alle Genossenschaften unter deren Mitgliedern sich Gewerbetreibende befinde», die den Handel mit gebrannten geistigen Getränken in handelsüblich verschloffenen Gcsäfien ausüben. Räch dem Gesetze vom 23. Juni 1881, R. -G. -Bl. i Nr. 62, bildet der Handel mit gebrannten geistigen Getränken in verschloffenen Gesäßen ein freies Gewerbe. Unter verschloffenen Gefäßen sind nach § 1, letzter Abfatz des zitierten Gesetzes handelsüblich verschloffene Gebinde und versiegelte Flaschen zu verstehen. Der Begriff der versiegelten Flaschen im Sinne des bezogenen Gesetzes hat mit den einvernehmlich mit dem k. k. Handels - Ministerium ergangenen Erlässen des FinanzMinisteriums vom 16. Oktober 1881, Z. 31.342 und 12. Juli 1899, Z. 29.146, mehrfache Erläuterungen in der Richtung gefunden, daß bei der Bestimmung des Begriffes der versiegelten Flaschen auch auf die jeweils bestehende Handelsübung Rücksicht genommen wurde. Mit dem ersteren Erlaffe wurde der Begriff der handelsüblichen Versiegelung von Flaschen dahin erklärt, daß auch Flaschen, welche mit Staniolkapseln oder mit Siegelmarken verschlossen sind, dann als handelsüblich versiegelte Flaschen angesehen werden, wenn auf dem Verschlüsse die Firma des Fabrikanten oder Händlers, welcher die Flaschen füllt oder verschleißt, ersichtlich gemacht ist. Mit dem letzteren Erlasse wurde ausgesprochen, daß die mit Korkstöpseln und Papiervignetten, auf welch letzteren die Firma des Erzeugers oder Händlers ersichtlich gemacht ist, versehenen Branntweinflaschen dann als handelsüblich versiegelt anzusehen sind, wenn die Papiervignelten auf den Flaschen nicht bloß zur Bezeichnung derselben, sondern auch 1 atsäcklich zur Verschließung über den Korkflöpseln angebracht werden. Es wurde nun die Wahrnehmung gemacht, daß sich die vorstehend wiedergegebenen Erläuterungen gegenüber den dermalen beim Branntweinbandel bestehenden Verhältnissen nicht mehr als zutreffend und ausreichend erweisen und daß sowohl bezüglich der Anforderungen, welchen die im Branntweinhandel gebrauchten Flaschenverschlüsse genügen müssen, um die Flaschen als versiegelt im Sinne der angeführten Vorschriften anzusehen, als 'auch bezüglich des Vorgehens der Gewerbe- und Finanzbehörden in. Fällen der Verwendung von Flaschen, die nicht als versiegelt angesehen werden können, sowie über die gewerbe- und gefälls- rechtlichen Folgen in derartigen Fällen vielfach Unklarheit besteht. Behufs Beseitigung dieser Unklarheit und Erzielung eines einheitlichen Vorgehens der Behörden in Anwendung des in Rede stehenden Gesetzes hat das Handels-Ministerium im Vereine mit den Ministerien des Innern und der Finanzen den Begriff der handelsüblichen Versiegelung von Flaschen neuerlich zum Gegenstände eingehender Erwägungen gemacht und haben sich die beteiligten Ministerien hiebet auf folgende Direktiven geeinigt, welche hiemit zur Richtschnur und Darnachachtung bekanntgegeben werden: Als versiegelte Flaschen im Sinne des § 1 des Gesetzes vom 23. Juni 1881, R.-G.-Bl. Nr. 62, sind entsprechend den in diesem Gefetze und nach den dermalen Verkehrsverhältnissen begründeten Anforderungen bezüglich des Verschlusses und der Versiegelung solche Flaschen anzusehen, deren Verschluß 1. derart eingerichtet ist, daß er ohne Anwendung von Hilfsmitteln (Korkzieher, besser, Schere, Zange u. dgl.) nicht sofort mühelos geöffnet werden kann und 2. mit einer Vorrichtung ausgestattet ist, die erst nach ihrer Verletzung die Oeffnung des Verschlusses ermöglicht und die erfolgte Oeffnung durch diese Verletzung erkennbar macht. In Anwendung dieser Grundsätze auf die im Verkehre gebräuchlichsten Verschlußarten stellen sich als versiegelte Flaschen im obigen Sinne beispielsweise dar: 1. Flaschen, die mit einem annähernd bis zur Ebene des Flaschenrandes dicht eingelassenen Pfropfen verschlossen sind und an welchen außerdem a) sich ein mit dem Pfropfen und mit dem Flaschen- rande in Verbindung gebrachtes Siegel oder ein eben solcher Ueberzug aus Lack, Wachs, Parafin u. dgl. befindet, oder b) eine mit dem Psropsen und mit dem Flaschen- rande in Verbindung gebrachte Siegelmarke, -Vignette, Papierstreifen aufgeklebt ist, oder o) eine den Flaschenhals umschließende Staniolkapsel angebracht ist, oder 6) sich eine den Flaschenhals umschließenden Hülle aus Metall (z. B. ein Schraubenverschluß), Pergament, Papier, Leder, Bast u. dgl. befindet, die durch Versiegelung, Verschnürung, Plombierung, Aufkleben von Vignetten oder Papierstreifen mit der Flasche derart in Verbindung gebracht ist, daß die erfolgte Oeffnung des Verschlusses kenntlich wird, oder e) der Flaschenhals mit einer Verschnürung aus Draht, Bast, Band, Schnur eingeschlossen ist, an deren Verletzung die erfolgte Oeffnung des Verschlusses kenntlich ist. 2. Flaschen, die mit einem Schraubenverschluß (ohne separate Verkorkung), mit einem Bügelverschluß, mit einem Glas-, Kork- oder Holz-Pfropfen, der aus dem Flaschenhälse hervorragt oder mit einem Griffe versehen ist, verschlossen sind, und an welchen außerdem eine den Verschluß fixierende Verklebung, Verschnürung, Plombierung rc. derart angebracht ist, daß der Verschluß ohne Anwendung von Hilfsmitteln nicht sofort mühelos geöffnet werden kann und daß die erfolgte Oeffnung kenntlich ist.

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