69 Die näheren Bedingungen find im Amtsblatte der „Linzer Zeitung" Nr. 33 vom 10. April l. I. enthalten. Dieselben können auch in der Kanzlei der k. k. Bezirkshauptmannschaft während der Amtsstunden eingesehen werden. Z. 8009. Stehr, 13. April 1908. An alle Gemeinde-vorstehungen und k. k. Gendarmerie-Posten-Aommanden. Betreffend Straftenverkehr »nd Uebertretungen der Straffenpolizci - Ordnungen. Im Verlaufe der letzten Jahre hat der Fährverkehr auf den öffentlichen Straßen eine stetig zunehmende Steigerung erfahren und bietet heute der Straßenverkehr ein gegenüber der früheren Zeit völlig verändertes Bild. Denn nicht nur, daß der Fährverkehr fast allgemein ein dichterer geworden ist, er weist auch infolge Einführung neuer Verkehrsmittel mit größeren Geschwindigkeiten eine bedeutende Veränderung seinem Wesen nach auf. Der hiedurch gesteigerten Gefährdung der körperlichen Sicherbeil sowie der Vermögensgüter kann nur dadurch wirksam begegnet werden, daß die Lenker der Fahrzeuge jeglicher Art und Geschwindigkeit im Bewußtsein ihrer größeren Verantwortung ununterbrochen während der ganzen Dauer der Fahrt jene Vorsorgen nicht außeracht lassen, deren Beobachtung die Ordnung und Sicherheit im Straßen- verkehre erheischt. In erster Linie kommen hier die einschlägigen Bestimmungen des allgemeinen Strafgesetzes (§§ 335, 341, 342, 427, 428, 429 und 430) in Betracht, ferner jene in den Landesgesetzen und Verordnungen enthaltenen straßenpolizeilichen Anordnungen, welche speziell das Verhalten der Lenker der Fahrzeuge regeln. Es ist nun eine oft beklagte Tatsache, daß die Lenker von Fuhrwerken, und zwar hauptsächlich der schweren Art, sich in ihrem Verhalten durchaus nicht den geänderten Ver- hältniffen des Fahrverkehres angepaßt haben, sondern nach wie vor in jenem, die bestehenden Vorschriften negierenden Verhalten verharren, welches ihnen während der Zeit des geringen Straßenverkehres zur Gewohnheit geworden ist, das jedoch mit dem heutigen modernen Verkehre und den damit verbundenen Gefahren unvereinbar ist. Neben diesem Momente muß überdies noch besonders das aus einem gewissen Uebelwollen, also einem bewußten Widerstände abzuleitende Verhalten mancher Lenker von Fuhrwerken, und ztvar wiederum der schweren Art, hervorgehoben werden, welches darauf abzielt, die regelmäßige Abwicklung des Verkehres, und zwar zu ungunsten schnellerer Fahrzeuge zu stören. Es ist daher dringend geboten, aus die erfolgreiche Beseitigung der oben berührten Mißstände hinzuwirken. In erster Linie bieten selbstverständlich die den Verkehr auf den öffentlichen Straßen regelnden Gesetze und Verordnungen die Handhabe, um im Wege repreffiver Maßnahmen das gewünschte Ziel, d. i. einen die Sicherheit verbürgenden Fährverkehr anzustreben. Hiezu haben die Gemeinde-Vorstehungen die lokalen Sicherheitsorgane möglichst heranzu- ziehen und werden die k. k. Gendarmerie-Posten-Kommanden beauftragt, gelegentlich der Patrouillengänge das besondere Augenmerk auf die Einhaltung der straßenpolizeilichen Vorschriften zu richten. Eventuelle Uebertretungen sind unnachsichtlich hierher zur Anzeige zu bringen. Auf den Neichsstraßen, wie nicht minder auf den nichtärarischen Straßen und Wegen in Obeiösterreich stnd vornehmlich nachfolgende Uebelstände wahrzunehmen, welche den Verkehr beeinträchtigen, bezw. gefährden: I. Falsches Ausweichen der Fuhriverke beim Begegnen oder Vorfahren nachfolgender Fuhrwerke. 2 Ueberhaupt „Nichtausweichen" der schweren Fuhrwerke beim Begegnen oder Vorfahren mit anderen Fuhrwerken. 3. Schlafen der Knlscher während der Fahrt (namentlich die Bier- und Botenwägen). 4. Unbeaufsichtigtes Stehenlaffen der bespannten Fuhrwerke, insbesondere von Groß-Wirtschaften. 5. Verwendung zu jugendlicher oder mit der Behandlung der Pferde und Lenkung der Wägen nicht gehörig vertrauter Kutscher (Wagenlenker). 6. Außerachtlassung der Führung von Lichtern (Laternen) auf den Wägen während der Fahrten bei Nackt. 7. Nachzieben der Pflüge auf sogenannten Scklapsen anstatt der Beförderung auf zweirädrigen Hintergestellen, wodurch bei schneller Gangart der Pflug nach beiden Seiten hin- und hergeschleudert wird und damit begegnende Fuhrwerke gefährdet werden. Nebstbei wird auch die Straßenfahr- bahn durch die Schlüpfen aufgeriffen und dadurck beschädigt. 8. Benützung der einfachen Leitseile (Noßzügel). 9. Mangelhafte, oft ganz ungenügende Begleitung des Viehtriebes. 10. Stehenlaffen unbespannter Wägen auf den Straßen. Alle diese Handlungen und Unterlaffungen mit Ausnahme der sul) Post 5 erwähnten Gepflogenheit und der Lud Post Nr. 8 ausgeführten Verwendung des einfachen Leitseiles sind schon nach den Bestimmungen der provisorischen Straßenpolizei-Ordnung für die ärarischen Straßen in Oberösterreich (Verordnung der k. k. Statthalterei vom 3. April 1901, Z. 6139 I), als auch durch die Vorschriften der Straßenpolizei- O r d n u n g für die öffentlichen n i ch t ä r a r i s ck e n Straßen und Wege in Oberösterreich (Lande-ge- fetz vom 24. Mai 1898, L.-G. u. V.-Bl. Nr. 21) verboten, aber es mangelt an der Handhabnng durch die berufenen Organe. Es wird aber auch die moralische Beeinfluffung der intelligenteren Kreise der Landbevölkerung ein nickt zu nnler- schätzendes Mittel für die allmählige Anbahnung befferer Verhältnisse bilden. Hiebei kommen insbesondere die Gemeinde - Vertretungen, die landwirtsckafllichen Korporationen und die größeren Grundbesitzer und Belriebsinhaber in Betrackt, die Gemeindevorstehungen haben auf diese Per- söitlickkeilen in geeigneter Weise bei jeder sich ergebenden Gelegenheit durch Belehrung einzuwirken. Dadurch wird einem größeren einflußreichen und beispielgebenden Kreise zum Bewußtsein gedrückt werden können, daß im öffentlichen Jntereffe mit aller Energie den bisherigen Mißständen ein Ende gemacht und dem Grundsätze Geltung verschafft werden muß, daß jedes zum öffentlichen Straßenverkehre zugelaffene Fahrzeug in gleicher Weise den Schutz der bestehenden Straßen- polizeivorschristen und die Berechtigung zur Benützung der öffentlichen Straßen nach Maßgabe dieser Vorschriften genießt. Ein Appell au diese Kreise der Aktion zur Sanierung der Verhältniße im öffentlichen^ und im eigenen Jntereffe die Mithilfe angedeihen zu laffen, dürfte in den meisten Fällen von Erfolg begleitet sein Im Wege einer solchen Einflußnahme dürste es vielleicht auch vielfach gelingen, einzelne im Fuhrwerksbetriebe bestehende, dem modclnen Verkehre nicht mehr entsprechende Ein-
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